Stromschulden von Bürgergeld-Empfängern: Experte erklärt, wann das Jobcenter hilft

  1. Startseite
  2. Verbraucher

Kommentare

Die Übernahme von Stromschulden durch das Jobcenter ist an strenge Bedingungen geknüpft. Ein Überblick über die Voraussetzungen.

Frankfurt – Kann die Stromrechnung nicht mehr gezahlt werden, dann wird es stockfinster – wortwörtlich. Deshalb ist für Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger die Sicherung der Energieversorgung ein essenzielles Anliegen. Stromschulden können schnell zu einem massiven Problem werden, das im schlimmsten Fall sogar in einer Stromsperre mündet. Doch wann und unter welchen Voraussetzungen übernimmt das Jobcenter diese Schulden?

Wann erhalten Bürgergeld-Empfänger eine finanzielle Unterstützung vom Jobcenter?

Die gesetzlichen Grundlagen zur Übernahme von Stromschulden finden sich im Sozialgesetzbuch II (SGB II) und Sozialgesetzbuch XII (SGB XII). Nach § 22 SGB II können Stromschulden als Darlehen übernommen werden, wenn „dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage notwendig ist“, wie Detlef Brock bei gegen-hartz.de aufklärt. Eine vergleichbare Notlage liegt beispielsweise bei einer drohenden Stromsperre vor.

Damit das Jobcenter – das selbst in der Krise steckt – aktiv wird, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Die Regelungen sehen vor, dass ein Darlehen nur gewährt wird, wenn andere Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft sind. Das bedeutet, dass Betroffene zunächst versuchen müssen, mit ihrem Energieversorger eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen. Zudem muss vorhandenes Vermögen nach § 12 SGB II vorrangig eingesetzt werden. Eine weitere Voraussetzung ist, dass ohne die Übernahme eine Notlage wie Wohnungslosigkeit droht.

Bürgergeld-Empfangende erhalten ein Darlehen vom Jobcenter

Bei einem Darlehen wird für einen bestimmten Zeitraum Geld geliehen. Er dient dazu, neue Anschaffungen zu finanzieren oder eben anfallende Kosten zu decken. Die Schulden sind damit jedoch nicht verschwunden und werden durch den „Einbehalt eines Teils des Regelbedarfs verrechnet“, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. mitteilt. Seit Juli 2023 beträgt die Aufrechnung für solche Darlehen nur noch fünf Prozent des Regelbedarfs.

Betroffene sollten sich bei drohender Stromsperre frühzeitig an das Jobcenter wenden. Ein formloser Antrag kann gestellt werden, um die Übernahme der Schulden zu beantragen. Es ist ratsam, alle relevanten Unterlagen wie Mahnungen oder Ratenzahlungsangebote des Energieversorgers beizufügen. Eine Alternative zur Darlehensaufnahme beim Jobcenter kann eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Energieversorger sein, die oft vorteilhafter ist. Der Bürgergeld-Anspruch kann auch einfach selbst ausgerechnet werden – sollte das Jobcenter zu wenig zahlen.

Diese Unterlagen müssen bei einem Antrag eingereicht werden:

  • Schriftlicher Antrag mit Begründung (Vordruck)
  • Eine schriftliche Entscheidung Ihres Versorgers über die Ratenzahlung
  • Die Höhe der Schulden anhand eines Kundenkonto-Auszugs
  • Diverse Rechnungen, bzw. Jahresendabrechnungen laut Kundenkontoauszug
  • Nachweis, wann die Schulden entstanden sind (vor oder während des Leistungsbezuges nach dem SGB II)
  • Ein Nachweis über die aktuelle Höhe der Abschläge sowie den monatlichen Einzahlungen (Kontoauszüge)
  • Die Anlage VM (Selbstauskunft zum Vermögen) mit aktuellen Nachweisen
  • Kontoauszüge der letzten drei Monate lückenlos
  • Der konkrete Sperrtermin des Versorgers
  • Die Bankverbindung des Versorgers

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

In seltenen Fällen gewährt das Jobcenter auch einen Zuschuss

In besonderen Fällen kann „anstelle eines Darlehens ein Zuschuss“ gewährt werden, berichtet Brock. Dies ist möglich, wenn das Jobcenter, beispielsweise durch Sanktionen gegen Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger, selbst zur Entstehung der Schulden beigetragen hat oder wenn aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen unvermeidbar erhöhte Stromkosten anfallen. In solchen Fällen kann ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II geprüft werden. Häufig erhalten Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger auch Aufforderungen, die Wohnkosten zu senken.

Werden bestimmte Bedingungen erfüllt, hilft das Jobcenter Bürgergeld-Empfängerinnen und Empfänger bei Stromschulden.
Werden bestimmte Bedingungen erfüllt, hilft das Jobcenter Bürgergeld-Empfängerinnen und Empfänger bei Stromschulden. © Harald Dostal/Imago

Ein Zuschuss ist nur in Fällen möglich, die signifikant vom Regelfall abweichen. Dies kann etwa laut des Experten der Fall sein, „wenn das Jobcenter rechtswidrig eine erhöhte Sanktion verhängt“ hat, die zur Entstehung der Schulden geführt hat.

Die rechtzeitige Antragstellung und die Nutzung aller verfügbaren Hilfsangebote sind entscheidend, um eine Stromsperre zu vermeiden. Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger sollten sich bei Problemen mit Stromschulden frühzeitig an das Jobcenter oder andere Beratungsstellen wenden, um eine Lösung zu finden. Zumal die Strompreise in eine Rekordhöhe steigen. (mg)

Auch interessant

Kommentare