Jobcenter streicht schwerkranker Bürgergeld-Empfängerin Leistung – dann folgt Kehrtwende

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Einer schwerkranken 62-jährigen Bürgergeld-Empfängerin wurden die Leistungen gestrichen. Das Jobcenter Wuppertal äußert sich zu dem umstrittenen Vorfall.

Wuppertal – Knapp 5,5 Millionen Menschen erhalten in Deutschland Bürgergeld, berichtet das Statistische Bundesamt. Eine 62-jährige Frau aus Wuppertal gehört ebenfalls dazu – bis es zu einem Vorfall mit ihrem Jobcenter gekommen war.

Bürgergeld-Empfängerin erhält plötzliche kein Geld mehr – falsches Formular wird ihr zum Verhängnis

Der Verein tacheles-sozialhilfe.de berichtete über die 62-Jährige, die schwerkrank und gehbehindert sein soll. Demnach wurde die Bürgergeld-Empfängerin vom Jobcenter aufgefordert, eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Die Analphabetin habe dann versehentlich das falsche Formular ausgefüllt, das Jobcenter daraufhin erneut eine Aufforderung geschickt. Aufgrund fehlender Mitwirkung seien der Frau am 6. März 2025 schließlich sämtliche Leistungen aus dem SGB II gestrichen worden.

Zwischen dem 1. April und dem 31. Dezember 2025 habe die Frau dadurch keine Sozialleistungen erhalten sollen. Die schwerkranke Frau soll der Aufforderung des Jobcenters erst am 1. April 2025 nachgegangen sein, den Nachweis habe sie einen Tag später eingereicht. Laut Paragraf 67 SGB I hätten die Leistungen daraufhin ausgezahlt werden müssen – eine Reaktion des Jobcenters sei allerdings ausgeblieben. Wie tacheles-sozialhilfe.de berichtet, habe die zuständige Sachbearbeiterin lediglich mit einem kurzen „das ist jetzt halt so“ geantwortet.

Das Jobcenter strich einer schwerkranken Bürgergeld-Empfängerin die Leistungen. Ein Verein prangerte das Jobcenter in der Folge an. (Symbolbild) © Ardan Fuessmann/Imago

Der Verein habe am 8. Mai daher rechtliche Schritte eingeleitet, zudem sei eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim Jobcenter gegen die zuständige Sachbearbeiterin eingereicht worden. Die gesetzte Frist von acht Tagen, um den Bescheid aufzuheben und die Leistungen nachzuzahlen, soll vom Jobcenter nicht eingehalten worden sein. Die 62-Jährige solle daher sogar um ihre Wohnung gebangt haben, da sie zwei Monatsmieten im Rückstand gewesen sei. Ein anderer Bürgergeld-Empfänger musste nach 16 Jahren plötzlich Geld zurückzahlen.

Bürgergeld-Leistungen für schwerkranke Frau gestrichen – Jobcenter äußert sich zu schweren Vorwürfen

Im Zuge der schweren Vorwürfe des Vereins bat IPPEN.MEDIA das betroffene Jobcenter Wuppertal um eine Stellungnahme. Ein Sprecher sagte, man habe „den Fall intern geprüft und geklärt“. Der Mitarbeiter des Jobcenters Wuppertal gab an: „Im Rahmen der Sachbearbeitung wurde ein Schriftstück der Deutschen Rentenversicherung (DRV) übersehen. Dadurch entstanden unterschiedliche Informationsstände zur Mitwirkung der Kundin, die in der weiteren Kommunikation zur Folge hatten, dass ihre Leistungen vollständig – aufgrund fehlender Mitwirkung – zunächst entzogen wurden.“

Der Jobcenter-Sprecher ergänzte, dass man den eigenen Fehler aber eingesehen habe: „Die Versagung der Leistungen aus diesem Grund war nicht gerechtfertigt. Die falsche Entscheidung unserer Sachbearbeiterin ist auf menschliches Versagen zurückzuführen, es sei hier ausdrücklich gesagt, dass es aus keinem anderen Grund passierte. Es handelt sich um eine Fehlentscheidung im Einzelfall. In dem Massengeschäft mit großen Raten und hohem Bearbeitungsdruck passieren leider auch mit unterschiedlichen Prüfungsinstanzen Fehler.“ Gegen einen Vorwurf wehrt sich das Jobcenter Wuppertal aber kategorisch: „Den Vorwurf vorsätzlichen Handelns weisen wir deutlich zurück. Wir können ebenso ausschließen, dass die Mitarbeiterin vorsätzlich gehandelt hat.“

Inzwischen sei der Fehler auch korrigiert worden. „Nach Überprüfung sind die fehlenden Leistungen an die Kundin sofort ausgezahlt worden“, erklärte der Jobcenter-Sprecher: „Selbstverständlich haben wir uns bei der Kundin – über den Bevollmächtigten – entschuldigt.“ Dennoch sei man sich der „Auswirkungen und Tragweite für die Kundin bewusst“, schließlich war die Bürgergeld-Empfängerin durch den Leistungsentzug des Jobcenters einige Monate in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Millionen Haushalte erhielten zuletzt Bürgergeld-Post vom Jobcenter. (rd)

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