Mietschulden von Bürgergeldempfängern – in diesen Fällen müssen Betroffene selber zahlen
In vielen Fällen muss das Jobcenter die Mietschulden von Bürgergeldempfängern zahlen. Unter einigen Voraussetzungen gelten jedoch Ausnahmen.
Kassel — Das Jobcenter trägt in der Regel die Mietkosten von Bürgergeldempfängern. Doch wie verhält es sich mit aufgelaufenen Mietrückständen? Um diese Frage ging es bei einem Verfahren vor dem Landessozialgerichts in Nordrhein-Westfalen 2014.
Bürgergeld: Grundsätzliche Regeln zur Mietkostenübernahme
Für Empfänger von Bürgergeld gilt eine sogenannte Karenzzeit im ersten Bezugsjahr. Während dieser Phase übernimmt das Jobcenter die Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe. Danach werden nur noch als angemessen geltende Mietkosten übernommen. Nebenkosten sind in der Regel ebenfalls abgedeckt.
Auch bei Mietschulden übernimmt das Jobcenter unter bestimmten Bedingungen die Rückstände, beispielsweise um eine Wohnungskündigung oder eine drohende Obdachlosigkeit zu verhindern. Ein Gerichtsfall aus NRW verdeutlicht, wann das Jobcenter dazu verpflichtet ist.
Urteil zur Mietschuldenübernahme: Jobcenter muss 4.384,91 Euro zahlen
Eine alleinerziehende Mutter und ihre Tochter bezogen im April 2013 eine Wohnung mit einer Kaltmiete von 412,90 Euro. Ihre Mietkosten wurden zunächst durch das Jobcenter gedeckt. Dennoch entstanden Mietrückstände, sodass der Vermieter kündigte. Um den Wohnungsverlust abzuwenden, zahlte das Jobcenter 3.079,33 Euro als Darlehen zur Begleichung der Rückstände.
Nachdem die Frau versäumt hatte, rechtzeitig einen Weiterbewilligungsantrag zu stellen, kam es erneut zu Mietrückständen und einer zweiten Kündigung. Diesmal verweigerte das Jobcenter die Übernahme der Schulden mit der Begründung, die Antragstellerin hätte vorausschauender handeln müssen.

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Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen widersprach dieser Argumentation und entschied zugunsten der Klägerin. Das Jobcenter wurde verpflichtet, 4.384,91 Euro für aufgelaufene Mietschulden sowie Kosten des Räumungsverfahrens zu übernehmen.
Wann kann das Jobcenter die Mietschuldenübernahme verweigern?
Grundsätzlich gilt, dass die Mietschuldenübernahme durch das Jobcenter der gesetzliche Regelfall ist. Eine Ablehnung kommt nur in Ausnahmefällen infrage , etwa bei nachweislichem Missbrauch von Sozialleistungen oder wenn der Mietrückstand auf rechtswidrigem Verhalten beruht.
Laut dem Informationsportal gegen-hartz.de, kann eine Ablehnung auch dann erfolgen, wenn wiederholt Mietrückstände trotz entsprechender Unterstützung entstanden sind. Im vorliegenden Fall war dies jedoch nicht gegeben. Im Urteil hieß es dazu: „Die Übernahme der Mietschulden ist bei Vorliegen der Voraussetzungen der gesetzlich gewollte Regelfall, die Nichterbringung des Darlehens der Ausnahmefall. Die aufgelaufenen Verbindlichkeiten sind jeweils in Zeiträumen entstanden, in denen der Antragstellerin ausreichende Mittel zur Deckung ihres Lebensbedarfs nach Aktenlage nicht, zumindest nicht durchgehend zur Verfügung gestanden haben.“
Detlef Brock, Sozialrechtsexperte bei gegen-hartz.de, zog zu dem Fall folgendes Fazit: „Hier hat das Jobcenter eine Ohrfeige und vor allem eine richtig teurere Nachhilfestunde vom Landessozialgericht bekommen.“ (jus)