Bürgergeld-Empfängerin schimpft über Abzüge ihres Minijobs – „Braucht sich Jobcenter nicht wundern“

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Zwei Bürgergeld-Empfängerinnen berichten, warum Arbeit sich für sie kaum auszahlt. Bei „Hartz und herzlich“ zeigen sie, was von den 520 Euro auf ihrem Konto landet.

Mannheim – Arbeit müsse sich lohnen – die Parole ist seit Erhöhung des Bürgergeldes ein ständiger Begleiter des Themas. Kritiker bemängeln, dass mit dem höheren Regelsatz der nötige Anreiz zum Arbeiten fehle. Den beiden Bürgergeld-Bezieherinnen, Ela und Beate, drängt sich das Gefühl allerdings nicht unbedingt auf, dass Arbeit sich für sie auszahle.

Die beiden Protagonistinnen der RTL-Zwei-Sendung „Hartz und Herzlich“ arbeiten auf Minijob-Basis, um ihre finanzielle Situation zu verbessern. Mit dem, was aber letztlich auf ihrem Konto landet, sind sie nicht zufrieden.

Für Empfänger von Bürgergeld gelten strengere Regeln für Minijobs

Auf der faulen Haut liegen und auf Kosten der anderen leben. Dieses Bild zeichnen Kritiker gerne von Bürgergeldempfängern. Sie argumentieren, dass insbesondere Geringverdiener aufgrund des neuen Regelsatzes von 563 Euro schlechter wegkämen als Bürgergeldempfänger, die noch einem Minijob nachgehen. Dass diese Rechnung nicht aufgeht, wird auch an den beiden Frauen aus der RTL-Zwei-Sendung deutlich.

Die beiden "Hartz und herzlich“-Protagonistinnen Beate und Ela in ihrer Küche. (Archivfoto)
Bei der RTL-Zwei-Sendung „Hartz und Herzlich“ berichten die beiden Bürgergeldbezieherinnen Beate und Ela von ihren Minijobs. (Archivfoto) © RTLZWEI / UFA SHOW & FACTUAL

Im Gegensatz zu Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigten, landen die 538 Euro aus dem Mini-Nebenjob nicht auf dem Konto der Bürgergeldempfänger. Obwohl es bei Minijobs eigentlich keinen Unterschied zwischen Brutto und Netto gibt, da der Betrag (seit 2024 maximal 538 statt 520 Euro) frei von Abgaben ist, wird ihnen ein Teil abgezogen. Und den Sozialleistungen angerechnet.

Das Bild von Totalverweigerern unter den Bürgergeldempfängern könne man bei der Diakonie Deutschland nicht teilen. Stattdessen habe man unter den Beziehern „eine starke Erwerbsorientierung“ ausgemacht, besonders bei denjenigen, die schon länger erwerbslos sind. „Das heißt, sie wollen arbeiten – um ihr eigenes Geld zu verdienen, aber auch, weil es mit sozialer Integration zusammenhängt“, sagt Expertin für Arbeitsmarktpolitik Elena Weber auf Anfrage von IPPEN.MEDIA.

Bürgergeld-Empfängerinnen über ihren Minijob: „184 Euro dürfen wir behalten“

So ist es auch bei den beiden „Hartz und Herzlich“-Frauen. Um eigenes Geld in den Händen zu halten, arbeiten beide für eine Reinigungsfirma auf geringfügiger Basis. Die Abzüge der insgesamt 538 Euro lösen aber Unmut aus. „Am Ende dürfen wir 184 Euro behalten. Der Rest wird an das Bürgergeld angerechnet“, so Beate in der Fernsehsendung.

Ihre Freundin Ela, ist ebenfalls frustriert: „Wir gehen ja dafür arbeiten. So wie jeder andere auch. Wenn du am Ende des Monats deine Lohnabrechnung bekommst und siehst, was du eigentlich verdient hast…“, lässt sie ihre Enttäuschung durchblicken. „Da braucht sich das Jobcenter nicht wundern, wenn wir sagen ‚Nein, wir gehen nicht arbeiten und bleiben daheim‘“, führt sie fort.

Eine Person schaut in das Münzfach ihres Geldbeutels. (Symbolfoto)
Viel zeigt sich den Bürgergeldempfängerinnen Ela und Beate von ihrem Minijob nicht im Portmonee, wie sie in der neuesten Folge von „Hartz und Herzlich“ beklagen. (Symbolfoto) © Daniel Lakomski/Imago

„Wofür soll ich denn arbeiten gehen, wenn ich es am Ende abgezogen kriege?“. Wie hoch der Stundenlohn der beiden Frauen ist und wie viele Stunden sie arbeiten, ist nicht bekannt. Bei den Abzügen handelt es sich aber wohl noch um die alten Berechnungen. Unverständnis für das Bürgergeld kommt aber auch aus den eigenen Reihen: Einem anderen „Hartz und herzlich“-Protagonisten erscheint sein Einkommen unfair.

Minijob und Bürgergeld – So setzt sich der Betrag zusammen

Seit 2024 erhalten alleinstehende Bürgergeldbezieher 563 Euro statt der bisherigen 502 Euro. Zeitgleich ist der Höchstfreibetrag bei Minijobs von 520 auf 538 Euro gestiegen. Nach Einschätzung von Expertin Weber seien die Sätze zu niedrig bemessen. Um zu vermeiden, dass die Leistungen gekürzt werden und noch geringer ausfallen, müssen die Bezieher Einkommensgrenzen beachten.

Demnach sind 100 Euro des Einkommens anrechnungsfrei; sie bleiben auf jeden Fall auf dem Konto des Minijobbers. Alles darüber wird anteilig verrechnet.

Grundfreibetrag bei Minijobs für Bürgergeldbezieher 100 Euro
Freibeitrag auf Einkommen zwischen 100 und 520 EUR 84 Euro (20% von 420 EUR)
Einkommen zwischen 520 und 538 EUR 5,40 Euro (30% von 18 EUR)
Minijob-Lohn nach Abzügen 189,40 Euro
Quelle: buergergeld.org

189,40 statt 538 Euro: Minijob-Regel sorgt für Unmut bei Bürgergeldempfängern – „Müssten sich gegenüber Jobcenter erklären“

Statt 538 Euro haben Bürgergeldempfänger also maximal 189,40 Euro zur Verfügung. Jeder Euro, der über den 100 Euro Freibetrag liegt, geht zu 80 bzw. 70 Prozent an die Behörde. Ein Online-Tool hilft dabei, den Überblick zu behalten und berechnet, wie viel Bürgergeld einem zusteht. Ausnahme: Schüler, Studenten und Azubis unter 25 Jahre wird von ihrem Nebenjob (bis 538 Euro) nichts abgezogen. Dies gilt auch während einer dreimonatigen Übergangszeit zwischen Schule und Ausbildung, informiert buergeld.org.

Für Beate und Ela, aber auch einem andern „Hartz und Herzlich“-Darsteller, scheint sich die Arbeit kaum zu lohnen. Grundsätzlich könnten die Bezieher nicht arbeiten gehen oder nur bis zu dem Freibetrag, erklärt Weber von der Diakonie. „Sie müssten dann ihrer Integrationsfachkraft im Jobcenter nachvollziehbar erklären, warum sie nicht in der Lage sind, mehr zu arbeiten“, so die Expertin. Finanziell mehr lohnen würde sich der Schritt über die 520-Euro-Grenze hinaus, sagt sie. (rku)

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