Zusatzbeiträge der Krankenkassen könnten entfallen: Vorschlag soll 600 Euro Ersparnis bringen

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Die Krankenkassen stehen unter finanziell unter Druck, deshalb steigen die Beiträge. Doch ein Vorschlag könnte die Entwicklung bremsen – und Versicherten 600 Euro im Jahr bringen.

Berlin – Die Gesundheitsversorgung in Deutschland wird teurer. Versicherte müssen seit dem 1. Januar 2025 höhere Beiträge für ihre Krankenversicherung zahlen. Die meisten Krankenkassen haben ihre Zusatzbeiträge angehoben. In den kommenden Jahren sind weitere Erhöhungen zu erwarten.

Einheitliche Krankenkasse: Beitragszahler könnten bis zu 3,8 Prozent und Zusatzbeiträge sparen

Doch die Entwicklung ist nicht alternativlos. Davon ist zumindest Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, überzeugt. Ihre Lösung: Eine Einheitskasse. „Studien zeigen, dass die Beitragssätze um bis zu 3,8 Prozent gesenkt werden und Zusatzbeiträge dadurch sogar ganz entfallen könnten“, sagte Bentele dem Focus.

Verena Bentele und Karl Lauterbach bei einer Veranstaltung des Sozialverbands VdK.
Die Krankenversicherung wird immer teurer. Verena Bentele vom Sozialverband VdK schlägt unter anderem eine einheitliche Krankenkasse vor. (Archivfoto) © Christophe Gateau/dpa

Denn: Der Sozialverband VdK fordert eine „einheitliche solidarische Krankenversicherung“. Dabei soll die private Krankenversicherung wegfallen. Stattdessen sollen alle in eine Krankenkasse einzahlen, die regionale Untergliederungen haben soll. Diese würde alle medizinisch notwendigen Leistungen übernehmen, Zuzahlungen, Eigenbeteiligungen und Ausgrenzungen dürfte es nach der VdK-Forderung nicht mehr geben.

Bis zu 1000 Euro im Jahr weniger für die Krankenkasse möglich – so eine Rechnung

Durch die Einheitskasse sei die Ersparnis bei den Beiträgen und die Abschaffung der Zusatzbeiträge möglich, erklärte also Bentele. Bei einem Bruttoeinkommen von 30.000 Euro im Jahr wäre laut Focus eine Ersparnis von 600 Euro möglich. Bei einem Jahresgehalt von 50.000 Euro seien 1000 Euro möglich. Doch nicht nur Beschäftigte würden profitieren, sondern auch Unternehmen. Denn sowohl Grund- als auch Zusatzbeitrag der Krankenkassen werden zu Hälfte vom Arbeitgeber gezahlt.

Der Aufbau einer solchen Einheitskasse würde jedoch Jahre dauern. Laut dem GKV-Spitzenverband gibt es noch über 90 gesetzliche Krankenkassen. Im Verband der privaten Krankenkassen sind 42 Unternehmen Mitglied, 36 davon bieten nach dessen Angaben eine Krankheitsvollversicherung an. Die Kassen müssten nach und nach zusammengelegt werden, erklärte Bentele.

Anpassung der Beitragsbemessungsgrenze soll Krankenversicherungen mehr Geld bringen

Bereits vorher sind nach der VdK-Präsidentin Entlastungen für die Beitragszahler möglich. Je weniger Kassen es gebe, umso weniger müssten diese in Werbung investieren, erklärte sie dem Focus. Das Geld könnten die Versicherungen in vorbeugende Maßnahmen anlegen. Krankheiten könnten dadurch vermieden und weitere Kosten eingespart werden.

Neben der Vereinheitlichung der Krankenkassen fordert Bentele eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze. Diese bestimmt, bis zu welchem Gehalt Beiträge für die Sozialversicherungen entfallen. Auf den Teil des Einkommens von Gutverdienern, der darüber liegt, sind keine Beiträge fällig.

Gesundheitsökonom zweifelt an Wirkung einer Einheitskasse

Doch es gibt auch Zweifel, ob die Ideen tatsächlich zu den Einsparungen bei den Krankenkassen führen – und damit auch zur Entlastung der Beitragszahler. Alle Kassen zahlten aktuell etwa 13 Milliarden Euro für die Verwaltung, erklärte Gesundheitsökonom Boris Augurzky vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung dem Focus. Dagegen entfielen 260 Milliarden Euro auf die tatsächlichen Gesundheitsleistungen.

„Ein effizienter Umgang mit diesen Mitteln spart viel mehr als die Verwaltungskosten insgesamt ausmachen“, sagte Augurzky. „Statt den Wettbewerb zwischen den Kassen abzustellen, sollten wir uns daher besser Gedanken machen, wie wir ihn forcieren können.“

DIW-Ökonom fordert mehr Freiheit der Krankenkassen bei Tarifen

Mehr Freiraum bei der Tarifgestaltung schlägt zudem Jochen Pimpertz vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) vor. Versicherte könnten bei seinem Modell etwa zwischen einem günstigen Tarif, bei dem sie für die meisten Behandlungen zunächst zum Hausarzt gehen müssen, und einer teureren Variante mit mehr Wahlfreiheit wählen.

Einen anderen Ansatz verfolgen die Grünen: Deren Kanzlerkandidat Robert Habeck will Krankenkassenbeiträge auf Kapitalerträge erheben.

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