Um die Finanzierungslücke der gesetzlichen Krankenversicherung zu stopfen, will Habeck Kapitalerträge der Sparer sozialversicherungspflichtig machen. Das stößt auf Kritik.
Berlin – Das Finanzloch bei der gesetzlichen Krankenversicherung war der Grund für die Beitragserhöhung der Krankenkassen-Zusatzbeiträge im Jahr 2025. Bereits jetzt rechnet die größte Krankenkasse Deutschlands mit weiteren Erhöhungen, wenn keine grundlegenden Reformen kommen. Um die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen künftig zu gewährleisten, soll es laut Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nun ans Ersparte gehen.
Habeck will Lücke bei Krankenkassen schließen – und macht brisanten Vorschlag
So will Habeck auch Einkünfte aus Kapitalerträgen für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen heranziehen. „Wir würden gern die Beitragsgrundlage erhöhen“, sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. Habeck kritisierte, dass Kapitalerträge bislang von Sozialversicherungsbeiträgen freigestellt seien. Arbeitslöhne würden dadurch stärker belastet als Kapitalerträge.
„Deswegen schlagen wir vor, dass wir auch diese Einkommensquellen (...) sozialversicherungspflichtig machen“, sagte er. Das sei ein Schritt zu mehr Solidarität innerhalb des Systems. Der Staat kassiert derzeit aktuell pauschal 25 Prozent Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge, gegebenenfalls zuzüglich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag.
Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) warnte davor, dass ein solcher Schritt die Mittelschicht besonders belasten würde. Pflichtversicherte müssten dann gegebenenfalls bis zur Beitragsbemessungsgrenze Beiträge auf Kapitalerträge zahlen, sagte der SdK-Vorstandsvorsitzende Daniel Bauer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Millionäre und Milliardäre würde dies nicht treffen, da die Krankenversicherungsbeiträge eben durch die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt sind.“
Habecks Vorschlag stößt auf Gegenwind: „Zweite Atombombe“
Auch die FDP kritisierte den Vorschlag und lehnte Habecks Vorschlag ab. Habeck sprach von einem „Schritt zu mehr Solidarität“ innerhalb des Systems. Generalsekretär Marco Buschmann warf ihm hingegen vor, Kapitalanleger „ausplündern“ zu wollen. FDP-Finanzexperte Frank Schäffler sagte zur Bild: „Nach dem Heizungshammer wäre das die zweite Atombombe für unser Land. Habeck will die Sparer enteignen. Sein Anschlag auf die Sparkultur würde den Gering- und Durchschnittsverdienern einen Großteil ihrer Kapitalerträge wegnehmen.“
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Zudem wirbt die FDP weiter für zusätzliche Elemente der Kapitaldeckung in der Altersvorsorge. Generalsekretär Buschmann stellte am Montag in Berlin ein Zehn-Punkte-Papier vor, in dem erneut unter anderem eine gesetzliche Aktienrente nach schwedischem Vorbild sowie ein staatlich gefördertes Altersvorsorgedepot gefordert werden.
Auch bei der betrieblichen Altersvorsorge solle der Aktienanteil steigen, sagte Marco Buschmann weiter nach Beratungen der FDP-Parteigremien. „Wir brauchen mehr Anreize für private Altersvorsorge“, forderte er zudem. Wenn jemand dies tun wolle, müsse man das unterstützen. Durch Sozialbeiträge auch auf Kapitalbeiträge drohe hingegen eine „Demotivation“.
Finanzierungslücke der gesetzlichen Krankenversicherung treiben Zusatzbeiträge in die Höhe
Angesichts des Finanzierungslochs geraten die Krankenkassen weiter unter Druck. Höhere Ausgaben für medizinische Versorgung, Pflege und innovative Behandlungsmethoden belasten die Krankenkassen zunehmend. Der Zusatzbeitrag ermöglicht es, diese Kosten zu decken, ohne den allgemeinen Beitragssatz anzuheben.
Die konkrete Höhe des Zusatzbeitrags für 2025 für ihre Versicherten bestimmen die Kassen aber jeweils für sich. Der veröffentlichte Durchschnittswert dient dafür als Orientierung, die Kassen können je nach ihrer Finanzlage auch davon abweichen. Für 2024 liegt der durchschnittliche Zusatzbeitrag bei 1,7 Prozent. Der gesamte Beitrag, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen, umfasst daneben noch den allgemeinen Satz von 14,6 Prozent des Bruttolohns. Erhöht eine Kasse ihren Zusatzbeitragssatz, haben die Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht. (bohy mit Material der dpa)