Ende der Beitragsspirale? So könnten Krankenkassen Milliarden einsparen

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Bis zu 13 Milliarden Euro der Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen ließen sich durch Reformen einsparen. Das könnte die Versicherten entlasten, wie eine neue Studie von Deloitte nun zeigt.

Berlin – Die gesetzlichen Krankenkassen sind in Finanznot – über 6,2 Milliarden Euro Minus haben sie 2024 eingefahren. Viele haben bereits ihre Zusatzbeiträge im vergangenen Jahr signifikant erhöht, weitere folgen noch im Laufe dieses Jahres. Trotz Beitragserhöhungen bleibt die finanzielle Lage der gesetzlichen Kassen jedoch sehr problematisch – doch es sind auch Einsparungen möglich, wie eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Deloitte jetzt aufzeigt.

Krankenkassen können bei Leistungs- und Verwaltungsausgaben sparen

Bis zu 13 Milliarden Euro an Ausgaben könnten vermieden werden – und damit den Beitragssatz um bis zu 0,7 Prozentpunkte senken. Das wäre durchaus eine spürbare Entlastung für die Versicherten, die unter den steigenden Kassenbeiträgen zu leiden haben.

Von den rund 327 Milliarden Euro Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenkassen entfällt der Löwenanteil mit 312 Milliarden Euro auf die Leistungsausgaben, auf die die gesetzlich Versicherten nach dem Sozialgesetzbuch Anspruch haben. Deloitte sieht allerdings auch hier Möglichkeiten, durch eine Verschlankung der Prozesse zwischen sieben und zwölf Milliarden Euro einzusparen, was immerhin zwei bis vier Prozent weniger Kosten bedeuten würde.

Ansatzpunkte sind nach der Studie, insbesondere eine verbesserte Prüfung der eingereichten Krankenhausrechnungen und Arzneimittelabrechnungen, sowie effizientere Prozesse bei der Bewilligung von Krankengeld und medizinischen Hilfsmitteln. Zusätzlich ließe sich auch im Verwaltungsbereich, der immerhin auch noch 13 Milliarden Euro verschlingt, bis zu einer Milliarde Euro einsparen, wenn Einkaufsprozesse effektiver gestaltet und Verwaltungsabläufe neu organisiert würden.

Versicherungskarten der AOK liegen auf einem Tisch
Kosten sparen durch mehr Effizienz bei den Krankenkassen © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Standardisierung und Automatisierung durch digitale Prozesse bei den Krankenkassen würden helfen

Wie Dr. Gregor-Konstantin Elbel, verantwortlicher Partner für den Bereich der Kostenträger und Kassen bei Deloitte, erklärte, lässt sich die angespannte Finanzlage der gesetzlichen Kassen nur durch konsequente Kosteneinsparungen verbessern. Hierfür sind nach seiner Einschätzung aber grundlegende Reformen notwendig. Eine konsequente Digitalisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz könnte dabei helfen, Mitarbeiter zu entlasten, Prozesse zu beschleunigen und somit auch den Versicherten einen besseren Service zu bieten.

Derzeit muss noch ein Großteil der genehmigungspflichtigen Anträge auf medizinische Hilfsmittel manuell von den Mitarbeitern geprüft und genehmigt werden. Das bindet bei einer Krankenkasse mittlerer Größe Mitarbeiter in Vollzeit im dreistelligen Bereich. Um hier wirklich effektive Einsparungen und Reformen realisieren zu können, muss nach Ebel allerdings auch der Gesetzgeber aktiv werden.

Wechsel der Krankenkasse aufgrund steigender Beiträge ist für 10 Millionen Versicherte ein Thema

Für immer mehr Versicherte führt die Belastung durch steigende Krankenkassenbeiträge zu Wechselgedanken. Wie aus einer Deloitte-Umfrage von Anfang des Jahres hervorgeht, waren rund 17 Prozent – und damit ungefähr 10 Millionen Versicherte – bereit, ihre Kasse zu wechseln, um Beiträge zu sparen. Für die betroffenen gesetzlichen Kassen ist dies ein weiteres Desaster – sie verlieren Beitragszahler und werden durch den Kassenwechsel auch verwaltungsmäßig zusätzlich belastet.

Wie Ebel ausführte, seien die gesetzlichen Krankenkassen gut beraten, schnell ihre Kosten zu reduzieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In der Deloitte-Studie wurde dafür ein weitreichendes Benchmarking durchgeführt, bei dem effiziente Kassen als Maßstab genommen wurden, um Defizite bei Verwaltung, Technik und Organisation problematischer Kassen aufzuzeigen und den Nachholbedarf zu identifizieren.

Baustelle gesetzliche Krankenkasse als Herausforderung für die neue Regierung

Obwohl viele Krankenkassen hohe Potenziale für interne Einsparungen haben, braucht es nach vorne hin auch eine gezielte Gesundheitspolitik, um die Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen langfristig zu stabilisieren und die Versicherungsbeiträge im Griff zu behalten.

Die hochproblematische Finanzsituation der gesetzlichen Kassen gehört zu den wichtigsten Herausforderungen des Gesundheitswesens für die neue Regierung. Die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will kurzfristig Steuermittel für die gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung stellen. Mittelfristig sollen dann Reformvorschläge durch eine Expertenkommission ausgearbeitet werden, die jedoch voraussichtlich erst im Jahr 2026 Ergebnisse liefern wird.

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