Krankenkassen-Chef attackiert Ex-Minister Spahn – „Im nächsten Jahr steigen die Beiträge ungebremst“
Der Zusatzbeitrag für die Gesetzlichen Krankenkassen könnten sich 2025 verdoppeln: Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse, attackiert Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn – und wird deutlich.
München – Ab dem 1. Januar 2025 steht den Versicherten der Techniker Krankenkasse (TK) eine erhebliche Erhöhung des Zusatzbeitrags bevor. Dieser soll sich von derzeit 1,2 Prozent auf 2,45 Prozent verdoppeln, wie der Verwaltungsrat von Deutschlands größter gesetzlicher Krankenkasse bekannt gab. Betroffen sind rund 11,8 Millionen Versicherte.
Beitragserhöhung bei Gesetzlichen Krankenkassen: TK-Chef Jens Baas wirft Jens Spahn „Beschiss“ vor
Als Hauptgrund nannten die Verantwortlichen gestiegene Kosten für Kliniken und Medikamente, die die ohnehin angespannte Finanzlage der Krankenkassen weiter verschärfen. TK-Chef Jens Baas führt die angespannte Lage der Krankenkassen dagegen auf die politischen Versäumnisse der vergangenen Jahre zurück. Um die jährlich steigenden Kosten zu decken habe der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn die milliardenschweren Rücklagen der Krankenkassen angezapft – per Gesetz, sodass die Kassen selbst keine Handhabe hatten. Eine schrittweise Beitragserhöhung habe er dagegen verweigert. „Damit sah es natürlich aus, als würden die Beiträge relativ gering bleiben. Das war aber beschiss, weil ja die Rücklagen abgebaut wurden“, betonte Baas im OMR-Podcast von Philipp Westermeyer.
Die Folgen seien, dass man künftig nicht mehr ausreichend auf unvorhergesehene Ereignisse wie etwa eine neue Pandemie-Lage vorbereitet sei. „Das bedeutet, im nächsten Jahr steigen die Beiträge ungebremst, weil man nichts mehr puffern kann aus den Rücklagen. Hätten wir dann überhaupt kein Geld mehr, um Krankenhäuser vorzeitig zu bezahlen.“

Bundesgesundheitsministerium empfiehlt Erhöhung auf 2,5 Prozent – Lauterbach pocht auf Reformen
Das Bundesgesundheitsministerium hatte bereits im Vorfeld eine Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags um 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent empfohlen. Zum Vergleich: 2024 lag der durchschnittliche Zusatzbeitrag noch bei 1,7 Prozent. Der Wert dient als Orientierungsmarke und wird gemeinsam von Vertretern des Bunds und der Krankenkassen errechnet. Über die Finanzierung entscheidet jede Krankenkasse selbst, solang ihre eigene Wirtschaftlichkeit gewährleistet ist. Der Zusatzbeitrag wird auf den allgemeinen Satz von 14,6 Prozent des Bruttolohns draufgeschlagen. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ergibt sich dadurch ab Januar ein Gesamtbeitrag von bis zu 17,04 Prozent. Bei TK-Versicherten liegt der Gesamtbeitrag künftig bei knapp 17 Prozent, wobei der Eigenanteil um 0,6 Prozentpunkte steigt. Bei einem Bruttogehalt von 3.000 Euro zahlen Versicherte fortan pro Jahr 216 Euro mehr.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach begründete die geplante Erhöhung mit fehlenden Reserven und ineffizienten Strukturen im Gesundheitssystem. Mit den Reformen zur Digitalisierung und Krankenhäusern wolle man das ändern.
Viel Kritik an der Ampel: „Situation hat strukturelle Gründe, die die Ampel nicht angehen wollte.“
Dieter F. Märtens, alternierender Vorsitzender des TK-Verwaltungsrats und Versichertenvertreter, sieht den Fehler dagegen eindeutig bei der Bundesregierung: „Die finanzielle Lage der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist mehr als angespannt. Diese Situation kommt nicht überraschend und hat vor allem in der GKV strukturelle Gründe, die die Ampel-Regierung angehen wollte.“ Dennoch sei trotz zahlreicher Versprechen nichts passiert. Damit spielt Märtens auf im Koalitionsvertrag der ehemaligen Ampel-Regierung vereinbarte stabile Finanzierung der Kassen durch Steuerzuschüsse an. So sollten zum Beispiel Beträge von Bürgergeld-Beziehern aus Steuermitteln finanziert werden. Derartige versicherungsfremde Leistungen belasten die Krankenkassen jährlich mit einem zweistelligen Milliardenbetrag. Die Mehrkosten durch dieses Versäumnis müssten jetzt die Beitragszahler durch die Erhöhungen tragen, ergänzte Märtens in einer Pressemeldung der TK.
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Auch die Krankenkassen Barmer und DAK kündigten an, ihre Entscheidungen über Beitragserhöhungen in den kommenden Tagen bekanntzugeben. Bereits im Oktober hatte DAK-Vorstandschef Andreas Storm ebenfalls die Ampel kritisiert. Gegenüber der Bild erklärte er, dass die Koalition von Bundeskanzler Olaf Scholz vereinbarte Zusagen nicht eingehalten habe – zudem kündigte er an: „Das wird wohl zum höchsten Beitragssprung seit vielen Jahrzehnten führen.“