Unfassbare Grundsteuer-Erhöhung in NRW: Statt 100 Euro nun 4000 Euro – „einfach unglaublich“
Die Grundsteuer könnte sich 2025 zum Skandal des Jahres entwickeln. In NRW treffen nun die Bescheide nach der Reform ein.
Köln – In Nordrhein-Westfalen kommen die Grundsteuerbescheide für die reformierte Steuer nun nach und nach an. Für viele Menschen dürfte die neue Steuer ein Schock sein, was aber nicht unbedingt daran liegt, dass die Kommune einen höheren Steuersatz festgelegt hat. Mit der Grundsteuerreform mussten nämlich die Werte aller Grundstücke und Gebäude neu ermittelt werden – denn die bis zur Reform zugrundeliegenden Werte waren stark veraltet. Daher müssen viele Menschen mehr Steuern für ihre Grundstücke zahlen, obwohl die Kommune den Hebesatz gleich behält oder sogar absenkt.
Hebesätze in NRW: Diese Kommunen verlangen besonders viel Grundsteuer
Eigentlich sollen die Kommunen aber dafür sorgen, dass ihre Steuereinnahmen durch die Reform nicht deutlich steigen (Stichwort: „aufkommensneutral“). Daher haben viele Orte in NRW entschieden, ihre Hebesätze zu senken. Auch das führt aber nicht unbedingt dazu, dass die einzelnen Grundstückseigentümer weniger zahlen – genauso wie ein höherer Hebesatz nicht bedeutet, dass die Eigentümer auch alle mehr zahlen. Der Bund der Steuerzahler NRW geht aber davon aus, dass die meisten Eigentümer „tendenziell mehr bezahlen müssen als zuvor“.
Der Steuerzahlerbund hat die Hebesätze für alle Kommunen in NRW gesammelt und untersucht, ob sie die Aufkommensneutralität wahren. Und während die meisten es tun, gibt es auch Ausreißer. Demnach haben folgende Städte die Hebesätze am deutlichsten angehoben:
Stadt | Hebesatz Soll (für Aufkommensneutralität) | Hebesatz Ist |
---|---|---|
Monheim (Kreis Mettmann) | 354 | 1000 |
Niederzier (Kreis Düren) | 460 | 730 |
Lindlar (Oberbergischer Kreis) | 1048 | 1245 |
Windeck (Rhein-Sieg-Kreis) | 825 | 960 |
Inden (Kreis Düren) | 796 | 870 |
Erkelenz (Kreis Heinsberg) | 466 | 595 |
Neunkirchen-Seelscheid (Rhein-Sieg-Kreis) | 782 | 870 |
Much (Rhein-Sieg-Kreis) | 818 | 890 |
Reichshof (Oberbergischer Kreis) | 723 | 785 |
Odenthal (Rheinisch-Bergischer Kreis) | 890 | 950 |
Laut der Liste haben insgesamt 11 Kommunen in NRW in diesem Jahr einen Hebesatz von über 1000 beschlossen. Den niedrigsten Hebesatz gibt es in Verl im Kreis Gütersloh, dort liegt er bei 238.
Grundsteuer sorgt für Ärger: „Statt 100 plötzlich 4000 Euro für Unkraut“
In NRW haben die Kommunen aber auch die Möglichkeit, statt eines einheitlichen Hebesatzes den sogenannten „differenzierten“ Hebesatz zu erheben. In diesen Fällen wird unterschieden, ob das Grundstück für Wohnraum geeignet ist oder nicht. Diese Möglichkeit hat die schwarz-grüne Regierung den Kommunen mit einem neuen Gesetz an die Hand gegeben. „Dadurch wird es den Kommunen freigestellt, diese Hebesätze – in Abhängigkeit von den räumlich strukturellen Gegebenheiten vor Ort – so auszutarieren, dass es nicht zu einer übermäßigen Belastung etwa der Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohnimmobilien kommt“, so die Finanzverwaltung NRW.
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Die Möglichkeit haben sehr viele Kommunen offenbar auch genutzt. So ganz perfekt ist dieses System aber auch nicht, wie der Bund der Steuerzahler bemängelt. Insbesondere unbebaute Grundstücke würden mit den differenzierten Hebesätzen nun sehr hoch besteuert. „Da sollen Menschen statt 100 Euro plötzlich 4.000 Euro für Unkraut bezahlen“, sagt BdSt-Steuerexperte Hans-Ulrich Liebern. Dies sei „einfach unglaublich“. Der Eigentümerverband Haus und Grund nennt einen weiteren Fall eines unbebauten Grundstücks, dessen Besitzer nun statt 17 Euro eine Grundsteuer von 686 Euro blechen muss.
Auch die Rheinische Post berichtet von einem krassen Fall, allerdings geht es hier nicht um ein unbebautes Grundstück, sondern um ein Nichtwohngebäude. In Düsseldorf soll der Verein des DSC 99 in Gerresheim für ihre Turnhalle nun 4450 Euro an Grundsteuer zahlen, vor der Reform waren es 280 Euro.
Höhere Grundsteuer für unbebautes Land soll gegen Wohnraummangel helfen
Aus Sicht vieler Kommunen ist die Erhebung einer höheren Steuer für unbebaute Grundstücke teilweise nachvollziehbar. Wie das Bundesfinanzministerium erklärt, soll dies eine Möglichkeit sein, um insbesondere in Ballungsgebieten gegen Wohnraummangel vorzugehen. „Grundstücke werden teilweise nur aufgekauft, um eine Wertsteigerung abzuwarten und die Grundstücke anschließend gewinnbringend wieder zu veräußern. Diese Spekulation mit Bauland verhindert, dass dringend benötigter Wohnraum entsteht.“
„Künftig können Gemeinden für baureife, aber unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz festlegen, wenn auf diesen keine Bebauung erfolgt“, so das Finanzministerium weiter.