„Zweifel an Rechtmäßigkeit“: Grundsteuer-Reform womöglich verfassungswidrig
Ab 2025 soll die neue Grundsteuer gelten – doch die Reform gilt als umstritten. Viele Eigentümer sind verunsichert. Nun hat auch ein Finanzgericht Zweifel geäußert.
Berlin – Die Grundsteuerreform ist stark umstritten. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) und der Eigentümerverband Haus & Grund (H&G) wollen gegen das Vorgehen vieler Finanzämter bei der Grundsteuerreform klagen, erste Fälle wurden schon eingereicht. Nun äußert auch ein Finanzgericht Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Reform.
Finanzgericht: „Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit“
So hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz nach Eilanträgen zu den Bewertungsregeln der Grundsteuer entschieden, dass die Grundsteuerwertbescheide wegen „ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit“ auszusetzen sind (4 V 1295/23 und 1429/23), wie die Wirtschaftswoche berichtet.
Die Richter äußerten in diesem Zusammenhang auch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsregeln, so das Magazin. Demnach sei es auch das erste Mal, dass Betroffene mit ihren Einwänden gegen die Bewertung nach dem sogenannten Bundesmodell vor Gericht durchdringen.

Allerdings sagten die Richter auch, dass ihre Entscheidung nur zwei Einzelfälle betreffe und im einstweiligen Rechtsschutz ergangen sei. Mit der Aussetzung der Vollziehung sei also weder eine Aufhebung der angegriffenen Bescheide und erst recht keine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsregeln für die Grundsteuer verbunden, berichtet die Wirtschaftswoche. Jedoch wurde die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Neue Grundsteuer: Experten raten zum Einspruch gegen die Bescheide
Zum Hintergrund: Ab 2025 soll die Grundsteuer auf neuer Basis berechnet werden. Das hat das Verfassungsgericht vorgeschrieben, weil bislang mit veralteten Grundstückswerten gerechnet wird. Die Bundesländer können selbst entscheiden, wie sie die Steuer künftig erheben. Die meisten von ihnen übernehmen aber das vom Bund vorgeschlagene Berechnungsmodell – also das Bundesmodell.
Um die Grundsteuer mit aktuellen Daten neu berechnen zu können, müssen aber bundesweit alle 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Das geschieht auf Grundlage von Angaben, die Eigentümer via Grundsteuererklärung bei den jeweiligen Finanzämtern einreichen mussten. Nun ermitteln die Finanzämter den Grundsteuerwert und versenden dann in der Regel drei Bescheide: den Grundsteuerwertbescheid, den Grundsteuermessbescheid und – erst deutlich später – den Grundsteuerbescheid.
Das Problem: Erst mit dem wahrscheinlich erst 2024 versendeten Grundsteuerbescheid steht fest, wie hoch die Grundsteuer für die Eigentümer ab 2025 sein wird. Um aber eventuell ungerechtfertigte höhere Zahlungen zu vermeiden, müssen die Eigentümer schon jetzt Einspruch gegen den Grundsteuerwert- und den Grundsteuermessbescheid einlegen. Die Frist für einen Einspruch beträgt nämlich nur vier Wochen ab Zustellung. Danach wird es sehr schwierig bis unmöglich für Betroffene, gegen die festgesetzten Werte vorzugehen.
Ein Einspruch gegen die Neuberechnung ist Medienberichten zufolge zudem offenbar oft berechtigt. In Sachsen-Anhalt etwa wurden von über 2000 Einsprüchen nur 220 zurückgewiesen – rund 1900 dagegen endeten mit Verbesserungen für die Betroffenen, wie die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung vor einigen Monaten unter Berufung auf das Landesfinanzministerium berichtet hatte.
Verbände wollen gegen Grundsteuerreform klagen
Das verunsichert viele Eigentümer natürlich sehr, Millionen von ihnen haben schon Einspruch eingelegt. Zudem raten einige Experten wie etwa der Verfassungsrechtler Gregor Kirchhof zu einem generellen Einspruch. Einzig bei den Bundesländern Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen sieht er die Probleme nicht, weil dort eigene Modelle entwickelt wurden.
Der Verfassungsrechtler hatte auch im Auftrag des Bundes der Steuerzahler (BdSt) und des Eigentümerverbandes Haus & Grund (H&G) ein Rechtsgutachten erstellt, wonach die Bewertungsmethode nach dem Bundesmodell aus mehreren Gründen verfassungswidrig ist. „Da dies letztlich nur das Bundesverfassungsgericht feststellen kann, ist der Klageweg unumgänglich“, erläuterten die Verbände. Dieser stehe allerdings erst dann offen, wenn ein grundsteuerpflichtiger Eigentümer gegen seinen Grundsteuerwertbescheid Einspruch eingelegt hat und dieser vom Finanzamt zurückgewiesen wurde.
Mit Material der AFP