USA, Dänemark, Malaysia, Schweiz - Schuldenbremse reformieren? Was wir von anderen Ländern lernen können

Die Schuldenbremse existiert seit 2009 im Grundgesetz und limitiert seit 2011 die Menge an neuen Schulden, die Bund und Länder aufnehmen dürfen. Bundesländer dürfen seitdem gar keine Schulden mehr neu aufnehmen, der Bund maximal zu 0,35 Prozent des jeweiligen nominellen Bruttoinlandsproduktes. Für 2024 waren das zum Beispiel 16,6 Milliarden Euro. Die Schuldenbremse darf allerdings außer Kraft gesetzt werden. Dazu muss der Bundestag eine Notlage beschließen, die auf äußeren Umständen beruht, auf die Deutschland und die Bundesregierung keinen Einfluss hatten – höhere Gewalt sozusagen. 2020 und 2021 wurde die Schuldenbremse so wegen der Corona-Pandemie und der daraus folgenden Wirtschaftskrise außer Kraft gesetzt. 2022 geschah dies wegen des Ukraine-Krieges und der daraus resultierenden Energiekrise.

Das Instrument der Schuldenbremse funktionierte so rund zwölf Jahre lang sehr gut, doch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) mehren sich die Stimmen der Kritiker. Das Problem: Die Schuldenbremse darf nur für akute Notlagen im aktuellen Jahr außer Kraft gesetzt werden, nicht aber zur Abwehr künftiger Notlagen, die jetzt schon absehbar sind. Dazu zählt etwa die sich immer weiter verschlimmernde Klimakrise, die Deutschland nur mit hohen Investitionen bekämpfen kann. Die müssen aber jetzt erfolgen und nicht erst in 20 Jahren, wenn die Krise noch schlimmer ist.

So ist denn eine Diskussion um die Schuldenbremse entbrannt und die Frage, ob und wie sie reformiert werden muss. Um die Sache etwas distanzierter zu betrachten, hilft es, in andere Länder zu schauen, denn Deutschland ist nicht der einzige Staat, der sich Schuldenregeln auferlegt hat. So machen es andere Staaten.

Absolute Schuldenobergrenzen

Bekannt ist die Schuldenobergrenze aus den USA. Sie ist ein fester Betrag – aktuell 31,4 Billionen Dollar. Höher darf der Schuldenberg nicht steigen. Wird die Grenze erreicht, muss der Staat seine Ausgaben entsprechend zurückfahren. Kurzfristig bedeutet das, dass zum Beispiel Staatsbeamte nicht mehr bezahlt werden. Die USA führten das Limit 1917 ein.

Neben den USA kennt nur Dänemark eine solche absolute Obergrenzen. Sie wurde 1993 eingeführt und liegt aktuell bei umgerechnet 137,5 Milliarden Euro. In beiden Staaten wird das Limit vom jeweiligen Parlament festgelegt, dass die Grenze immer erhöhen muss, sobald sie erreicht wird. In den USA ist das oft mit harten Auseinandersetzungen zwischen beiden Parteien verbunden, in Dänemark ist sich die große Mehrheit einig, das Limit stets weit über die tatsächlichen Schulden zu setzen, so dass das Limit nie erreicht wird.

An den beiden Beispielen zeigen sich bereits die Probleme einer absoluten Obergrenze: Wächst die Wirtschaftskraft eines Landes über Jahrzehnte, wachsen auch die Schulden, ohne dass sie dadurch weniger bezahlbar werden. Eine absolute Grenze berücksichtigt das nicht, weswegen sie stets manuell erhöht werden muss. Das ist entweder ein steter politischer Zankapfel wie in den USA oder eine Formalität wie in Dänemark. Allerdings, wenn die Grenze wie bei unseren Nachbarn so hoch liegt, dass sie eh nie erreicht wird, dann hat sie auch keine Funktion.

Relative Schuldenobergrenzen

Eine dynamischere Möglichkeit einer Schuldenobergrenze ist die Begrenzung auf einen bestimmten Prozentsatz des Bruttoinlandproduktes (BIP). Die EU hat im Maastricht-Vertrag etwa für ihre Mitglieder solche Grenzen eingeführt. Die maximale Verschuldung darf demnach bei 60 Prozent des BIP liegen, die Neuverschuldung jedes Jahr bei maximal 3 Prozent. Für Verletzungen dieser Regeln gibt es aber so gut wie keine Konsequenzen. Bis auf 2019 lag Deutschlands Schuldenquote stets über 60 Prozent.

Anders sieht es etwa in Polen aus. Hier ist die 60-Prozent-Grenze in der Verfassung verankert, so dass kein Haushalt beschlossen werden darf, der dieses Limit überschreiten würde. Kenia wechselte erst dieses Jahr von einer absoluten zu einer relativen Schuldengrenze, die hier bei 55 Prozent des BIP liegt. Malaysia besaß bis 2020 eine Obergrenze von ebenfalls 55 Prozent, erhöhe diese in der Corona-Krise aber zweimal auf jetzt 65 Prozent. In Namibia liegt die Grenze bei 35 Prozent, in Pakistan sind es 58 Prozent.

Von Polen abgesehen haben all diese Länder aber das Problem, dass die Schuldenobergrenze zwar parlamentarisch festgelegt ist, aber nicht in der Verfassung steht und somit Überschreitungen keine Folgen haben. Namibia etwa hat eine Staatsverschuldung, die mit 70 Prozent des BIP doppelt so hoch liegt wie erlaubt. Auch Pakistan überschreitet seine Grenze um mehr als 10 Prozent, in Kenia sind es rund 5 Prozent, wobei diese Differenz bis 2026 abgebaut werden soll. Malaysia liegt nur nicht über seiner Grenze, weil es diese eben zweimal erhöht hat.

Generell sind relative Obergrenzen aber besser als absolute, weil sie dynamisch mit der Wirtschaftskraft mitwachsen. Sie müssen allerdings in der Verfassung verankert werden, um wirklich Wirkung entfalten zu können.