Ausländer sollen weniger Steuern zahlen müssen: Neuer Ampel-Beschluss mutmaßlich verfassungswidrig

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Ein Ingenieur arbeitet an einer Brücke: Der Fachkräftemangel bleibt eine starke Belastung für die deutsche Wirtschaft. © James Manning / dpa

Die Bundesregierung will mehr ausländische Arbeits- und Fachkräfte ins Land locken, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Ein neuer Plan sieht steuerliche Anreize vor.

Berlin – Es waren harte Verhandlungen, aber die Ampel-Koalition hat es geschafft: Am Freitag, dem 5. Juli haben sich Kanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf einen Haushaltsentwurf für 2025 geeinigt. Ebenfalls Teil des Beschlusses der drei Parteispitzen ist eine „Wachstumsinitiative“, die die Konjunktur ankurbeln und den Standort stärken soll. Eine Maßnahme wird schon kontrovers diskutiert: Steuererleichterungen für ausländische Fach- und Arbeitskräfte.

Ausländer sollen ins Land gelockt werden: Steuer-Entlastungen der Ampel im Überblick

Die Ampel-Koalition will Anreize für Fachkräfte stärken, nach Deutschland zu kommen, indem sie in den ersten drei Jahren nach der Ankunft steuerlich entlastet und so langfristig an Deutschland gebunden werden sollen. In den ersten drei Jahren werden 30 Prozent, 20 Prozent und 10 Prozent des Bruttolohns steuerfrei gestellt. Gleichzeitig soll es Geflüchteten erleichtert werden, hier zu arbeiten und so frühzeitig auf eigenen Füßen zu stehen. Wenn die Ausländerbehörde innerhalb von zwei Wochen nicht anders entscheidet, gilt die Arbeitserlaubnis als erteilt.

Die steuerliche Freistellung soll eine Unter- und eine Obergrenze im Bruttolohn haben. Damit soll vermieden werden, dass Ausländer vermehrt in den Niedriglohnsektor gelockt würden, aber auch, dass auch hoch bezahlte Fachkräfte aus dem Ausland entlastet werden. Details werden aber dem Vernehmen nach noch festgezurrt.

Außerdem sollen die bürokratischen Hürden für Unternehmen gesenkt werden, die ausländische Fachkräfte einstellen wollen. So soll die genannte Westbalkanregel ausgeweitet werden, die für Arbeitskräfte aus bestimmten Staaten Visabestimmungen erleichtert. Unter klaren Kriterien zum Schutz vor Lohndumping soll auch die Zuwanderung in die Leiharbeit ermöglicht werden. So sollen ausländische Leiharbeiter für mindestens zwölf Monate eingestellt werden.

Es hagelt Kritik am Ampel-Plan für Steuer-Erleichterungen für Ausländer

Die von der Koalition geplanten Steuererleichterungen für ausländische Fachkräfte stoßen bei der Opposition auf heftige Kritik. Der Vorschlag sei „rücksichtslos gegenüber den einheimischen Beschäftigten“, sagte beispielsweise die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht am Montag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Die AfD bemängelt „eine inländerfeindliche Politik“, die CSU sieht sogar eine „Gefahr für den sozialen Frieden“.

„Während deutsche Arbeitnehmer mit mittleren Einkommen unter weit überdurchschnittlichen Steuern und Abgaben leiden, will die Bundesregierung ausländische Fachkräfte mit massiven Steuererleichterungen privilegieren“, sagte dazu Wagenknecht. Die BSW-Vorsitzende äußerte zudem Zweifel daran, dass der Plan mit dem in Grundgesetz-Artikel 3 verankerten Gleichheitsgrundsatz vereinbar sei. Sie forderte die Bundesregierung auf, lieber diejenigen in Arbeit zu bringen, „die sich bereits im Land befinden“.

Der Unionshaushälter Mathias Middelberg (CDU) kritisierte die Pläne der Ampel-Koalition ebenfalls: „Zugewanderte Arbeitnehmer anders zu besteuern als die eigenen Leute, ist keine gute Idee“, sagte er der „Welt“. Statt auf Steueranreize für eine Gruppe von Zugewanderten zu setzen, müsse das Arbeiten in Deutschland generell wieder attraktiver werden. Notwendig sei es, „den Lohnabstand zum Bürgergeld massiv zu vergrößern und wirksame Sanktionen zu verhängen“

Eine „Gefahr für den sozialen Frieden“ sieht die CSU in den Plänen. Der CSU-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, bezeichnete diese in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern als „eklatante Diskriminierung von Inländern“. Die Pläne spalteten die Gesellschaft und seien „vermutlich auch verfassungswidrig“.

Ampel verteidigt Steuer-Pläne für Ausländer

Regierungssprecher Steffen Hebestreit verteidigte die geplante Maßnahme hingegen. Es gehe um Fachkräfte, wo Deutschland in einem engen Wettbewerb mit anderen Ländern stehe, sagte er in Berlin vor Journalisten. In vielen anderen europäischen Ländern gebe es steuerliche Anreize und Vergünstigungen, um Fachkräfte in die jeweiligen Orte zu locken.

Die Steuererleichterungen werden Hebestreit zufolge aber nur innerhalb einer Mindest- und einer Höchstgrenze des Jahres-Bruttoeinkommen der Fachkräfte gewährt. Details würden jetzt genau ausformuliert und bis zum Kabinettsbeschluss in der kommenden Woche dargelegt, kündigte der Regierungssprecher an. (mit dpa und AFP)

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