Neue Grundsteuer tritt in Kraft: Mehrere Millionen sollen „vorerst nicht zahlen“ – was sich jetzt ändert

  • VonTheresa Breitsching
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Neue Grundsteuer tritt in Kraft, aber Millionen Eigentümer sollen nicht zahlen – obwohl die alte Grundsteuer verfassungswidrig ist. Das ist der Grund.

Berlin – Ab Januar 2025 tritt die neue Grundsteuer in Kraft – für viele Eigentümer und auch Mieter kann es daher signifikant teurer werden. Vorausgegangen war der neuen Regelung eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Grundsteuer neu berechnet werden muss. Doch vieles bleibt offen: Millionen Hauseigentümer und Mieter wissen noch nicht, wie viel sie zahlen müssen. Was sollen die Betroffenen nun tun?

Mehrere Millionen sollen „nicht zahlen“: Neue Grundsteuer tritt in Kraft

Laut einer Auswertung des Verbands Haus&Grund haben in etwa zwei Drittel aller Eigentümer und Vermieter von den Behörden bislang noch keinen Bescheid erhalten – und das, obwohl es auf der Website des Bundesfinanzministeriums heißt, dass die Grundsteuer auf Grundlage des neuen Rechts ab dem 1. Januar 2025 erhoben wird. Denn: „Die bisherige Berechnung der Grundsteuer basiert auf Jahrzehnte alten Grundstückswerten“..

Doch wer noch keinen Bescheid erhalten hat, wird von Verbandschef Kai Warnecke aufgerufen, nicht zu zahlen: „Die alte Grundsteuer ist verfassungswidrig, muss ab dem 1. Januar 2025 nicht mehr überwiesen werden. Wer noch keinen neuen Grundsteuerbescheid hat, muss daher vorerst keine Grundsteuer zahlen“, meint er im Gespräch mit der Bild. Warnecke fordert die Betroffenen auf, die Grundsteuer vorerst nicht einzuzahlen und den neuen Bescheid abzuwarten.

Es wird teurer werden: Das ändert sich mit der neuen Grundsteuer

Die neue Grundsteuer betrifft nicht nur Eigentümer, sondern wird das Wohnen auch für viele Mieter teurer machen. Vermieter können nämlich die zusätzlichen Kosten auf ihre Mieter umlegen. Hintergrund der Grundsteuer-Anhebung ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die im Jahr 2018 das derzeitige System der grundsteuerlichen Bewertung für verfassungswidrig erklärte, „da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandele und so gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstoße“, erklärt das Bundesfinanzministerium. Die Grundsteuer konnte in ihrer jetzigen Form übergangsweise bis zum 31. Dezember weiter erhoben werden – „Ab dem 1. Januar 2025 wird dann die Grundsteuer auf Grundlage des neuen Rechts erhoben“.

Kurz zusammengefasst basiert die Grundsteuer auf veralteten Einheitswerten von 1935 (Ostdeutschland) und 1964 (Westdeutschland). Diese Werte, multipliziert mit der Steuermesszahl und dem Hebesatz der Gemeinden, bestimmen die Steuerhöhe. Da sich die Immobilienwerte seitdem stark verändert haben, kommt es zu ungleichen Steuerzahlungen für ähnliche Immobilien, was laut Bundesverfassungsgericht verfassungswidrig ist, da es gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstößt.

Die Grundsteuer könnte somit massiv ansteigen: „Wir haben berechnet, dass Berlin 75 Prozent mehr Grundsteuer einnehmen wird als bislang. Klar, einige Haushalte werden demnächst auch weniger zahlen. Aber insgesamt greifen Berlin und andere Kommunen den Bürgern tiefer in die Tasche“, erklärte Warnecke in einem Gespräch mit der Wirtschaftswoche:

„Komplex, intransparent und schwer nachvollziehbar“: Neue Grundsteuer könnte teuer werden

Dabei handelt es sich bei der neuen Regelung nicht um ein einheitliches System. Hinzu kommt, dass einige Städte und Gemeinden die Hebesätze anheben – die Grundsteuer wird immer teurer. „Diese Ansätze sind oft komplex, intransparent und schwer nachvollziehbar. Das alles ist so aufwendig, dass die meisten Finanzbehörden es noch nicht geschafft haben, die neuen Hebesätze zu berechnen. Viele zögern auch, weil die Wahrheit bitter ist und viele Menschen am Ende viel mehr zahlen müssen“, so Warnecke.

Einige Eigentümer, die ihre Bescheide bereits zugestellt bekommen haben, berichteten teils über exorbitante Forderungen, da sie durch die Neubewertungen der Grundstücke durchs Finanzamt nun plötzlich höher eingestuft werden – sie sind reich, wenngleich nur auf dem Papier.

Torsten Küllig, Eigentümer eines 2600 Quadratmeter großen Gartengrundstücks nahe Schloss Moritzburg, berichtet der Tagesschau von einer drastischen Neubewertung seines Grundstücks. Er kaufte die 2600 Quadratmeter für 33.000 Euro. Basierend auf dem Bescheid des Finanzamtes Meißen ist sein Grundstück un knapp 852.000 Euro wert, obwohl er auf dem Grund nicht bauen darf. Die Höhe der Grundsteuer ist noch unklar, da er den aktuellen Hebesatz noch nicht kennt. Berechnet man diese nach dem aktuellen Hebesatz, müsste er im kommenden Jahr statt den bisherigen 40 Euro bis zu 2.500 Euro zahlen. „Das wäre mehr als das 60-fache“, klagt der Familienvater. „Wenn Sie es hochrechnen, kostet mich der Garten dann ab nächstem Jahr jeden Monat 200 Euro, nur an Steuer.“

Welche Mieter sind von einer Erhöhung der Grundsteuer betroffen?

Neben Eigentümern können auch Mieter von einer höheren Grundsteuer betroffen sein, da diese gemäß deutschem Recht vom Vermieter auf die Betriebskosten umgelegt werden kann. Das muss jedoch im Einzelfall geprüft werden, je nachdem wie es im Mietvertrag geregelt wurde. Generell zählt die Grundsteuer zu den umlagefähigen Betriebskosten. Laut Finanztip gilt: Fehlt im Mietvertrag ein ausdrücklicher Hinweis auf die Grundsteuer oder ein Verweis auf die Betriebskostenverordnung, kann diese nicht auf den Mieter abgewälzt werden.

Ein Großteil aller Eigentümer und betroffener Mieter muss sich jedenfalls noch gedulden, bis der Grundsteuer-Bescheid bei ihnen eintrifft. Denn viele Städte und Gemeinden lassen sich mit den Bescheiden Zeit: Eine Nachfrage an die 25 größten deutschen Städte im Herbst ergab, dass bis Ende September nur Berlin den Versand gestartet hat. Es kann daher sein, dass Millionen Grundstücksbesitzer und Mieter die Höhe der neuen Grundsteuer erst nach den Weihnachtsfeiertagen erfahren werden.

Rubriklistenbild: © Bernd Weißbrod/dpa