„Versprechen gebrochen“: Mehrheit der Hausbesitzer ächzt unter höherer Grundsteuer
Insgesamt sollte der Staat nicht mehr durch die Grundsteuer einnehmen. Das Versprechen hat die Regierung gebrochen, kritisiert ein Verband. Der zeigt: Die Mehrheit der Hausbesitzer zahlt drauf.
Berlin – Die aktualisierte Grundsteuer 2025 hat schon für Diskussion und harte Kritik gesorgt, da war sie noch gar nicht in Kraft. Dabei sollte sie, so das Versprechen des damaligen Finanzministers Olaf Scholz, aufkommensneutral sein. Durch die Reform sollte „das Steueraufkommen insgesamt nicht steigen“. Inzwischen ist die Grundsteuer-Reform Realität. Damit muss die Mehrheit der Eigentümer mehr bezahlen, wie eine Auswertung des Verbands Haus & Grund zeigt. „Die Politik hat ihr Versprechen gebrochen“, urteilt dessen Präsident Kai Warnecke in der Bild.
Grundsteuer-Reform nicht „aufkommensneutral“: Mehrheit der Immobilien-Besitzer muss mehr zahlen
Haus & Grund hat laut dem Bericht insgesamt 1999 Grundsteuerbescheide ausgewertet. In 79 Prozent der Fälle sei die Steuerlast mit Inkrafttreten der Grundsteuerreform zum 1. Januar 2025 angestiegen oder nahezu konstant geblieben, berichtete die Bild, der die Auswertung vorliegt.
Die versprochene Aufkommensneutralität sei durch die Reform damit „vielerorts nie erreicht worden“, erklärte die Bild. Das bedeutet zwar nicht, dass für individuelle Besitzer die Steuer nicht steigen darf, aber insgesamt sollte das Grundsteueraufkommen nicht zunehmen. Doch laut dem Bericht ist das passiert: Im Mittel liege die Belastung durch die Grundsteuer bei 830 Euro, zitierten die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP aus der Meldung. 2024 seien es noch 522 Euro gewesen.
Grundsteuer für Häuser und Eigentumswohnungen deutlich teurer
Die Steuerlast für Eigentumswohnungen sei im Durchschnitt um 96 Prozent gestiegen. Bei Ein- und Zweifamilienhäuser liege der durchschnittliche Anstieg bei 119 Prozent, bei Mehrfamilienhäusern bei 111 Prozent. Die Eigentümer müssten damit hunderte Euro pro Jahr mehr zahlen, berichtete die Bild. Zudem gibt es Meldungen zu Einzelfällen, wo der Anstieg der Grundsteuer deutlich darüber liegt.
21 Prozent der Eigentümer müssten dagegen nun weniger Grundsteuer zahlen. Bei Wohnungen seien es 24 Prozent weniger, bei Ein- und Zweifamilienhäusern 19 Prozent. Besitzer von Mehrfamilienhäusern würden eine Entlastung von durchschnittlich 22 Prozent erhalten.
Wert von Immobilien spielt durch die Grundsteuer-Reform eine größere Rolle – aber auch Kommunen
Grund für den Anstieg ist die Neubewertung der Immobilien. Die neue Erhebung der Grundsteuerhöhe orientiert sich stärker am Wert einer Immobilie. Das war durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts nötig geworden. Der Wert hat bei vielen Häusern und Eigentumswohnungen deutlich zugelegt.
Doch auch die Kommunen spielen laut Haus & Grund eine Rolle. Diese hätten die Steuer-Hebesätze angehoben. Zwar gibt es auch Ausnahmen, wo gar keine Grundsteuer erhoben wird. Dennoch kritisierte Wernecke in der Bild: „Die Städte sind der Preistreiber Nummer eins und machen Wohnen teuer.“
Städte- und Gemeindebund weist Vorwürfe zurück: Vorgehen „hat mit Abzocke nichts zu tun“
„Das Vorgehen der Kommunen hat mit ‚Abzocke‘ nichts zu tun“, erklärte Alexander Handschuh, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), auf IPPEN.MEDIA-Nachfrage. „Zudem steht aus unserer Sicht infrage, dass die Grundsteuer ‚Kostentreiber Nummer eins‘ sein soll.“ Auch wenn es „vereinzelt zu höheren Belastungen durch die Grundsteuer“ komme, „dürfte der Kostenanstieg in anderen Bereichen deutlich stärker ausfallen.“
„Städte und Gemeinden haben die Hebesätze für das neue Grundsteuermodell so ausgerichtet, dass das Aufkommen aus dieser kommunalen Steuer für die jeweiligen Kommunen nicht höher war als es mit dem bisherigen Modell gewesen wäre“, erklärte Handschuh weiter. „Dass es zu Belastungsverschiebungen für einzelne Immobilienbesitzer kommt, war von Beginn an klar und auch Grund für die Reform.“
Prekäre Finanzen zwingen Kommunen zu höherer Grundsteuer – wäre auch unter dem alten System so
Handschuh verwies zudem auf die prekäre Finanzlage von Städten und Gemeinden, die das Jahr 2024 mit einem Defizit von annähernd 25 Milliarden Euro abgeschlossen hätten. „Vielerorts sind die Kommunen daher gezwungen, die kommunalen Steuern zu erhöhen, um finanzielle Handlungsfähigkeit zu bewahren“, erklärte der DStGB-Sprecher.
Das habe jedoch keinen Bezug zur Grundsteuer-Reform. „Dort, wo Städte und Gemeinden gezwungen sind, die Grundsteuer aufgrund der verheerenden Finanzlage zu erhöhen, hätten sie es auch mit dem alten Grundsteuermodell tun müssen.“
Bundesregierung hält auf „aufkommensneutralem Vollzug“ der Grundsteuer-Reform fest
Haus & Grund-Präsident Wernecke forderte die Politik zum Handeln auf: „Es muss eine Kurskorrektur geben und die Politik muss zu ihrem Wort stehen.“
„Es gilt weiterhin, dass ein insgesamt aufkommensneutraler Vollzug der Reform der Grundsteuer angestrebt wird“, erklärte ein Regierungssprecher der Bild. Die Regierung habe an die Kommunen appelliert, auf die „verfassungsrechtlich erforderliche Neubewertung“ gegebenenfalls mit Senkung der Hebesätze zu reagieren.