Neue Grundsteuerreform: Es gibt Gewinner und Verlierer
Die Grundsteuerreform wirkt sich unterschiedlich auf die Bürger in Mittenwald aus. Der Hebesatz der Grundsteuer B wurde auf 550 Prozent angehoben. Doch ob dies zu höheren oder niedrigeren Kosten führt, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Mit der Grundsteuer ist das so eine Sache: Bisher erfolgte die Ermittlung der Grundsteuermessbeträge auf Basis des Bewertungsgesetzes und war für den Laien oft undurchsichtig und kompliziert. Es war schwer nachvollziehbar, wie viel Grundbesitzer in Mittenwald jährlich für ihr Haus, ihre Wohnung oder landwirtschaftliche Fläche zu zahlen hatten, erklärt Mittenwalds Kämmerer Heinz Stieglmeier in der Gemeinderatssitzung. Das Bundesverfassungsgericht entschied deshalb 2018, dass die veralteten Einheitswerte nicht länger tragbar seien. Im November 2019 verabschiedeten Bundestag und Bundesrat eine Reform, die die Grundsteuer auf eine neue Basis stellen soll.
Für die Bürger in Mittenwald bedeutet das: Es gibt Gewinner und Verlierer, wie jüngst in einer Gemeinderatssitzung deutlich wurde. Der Gemeinderat hat einstimmig beschlossen, den Hebesatz der Grundsteuer B auf 550 Prozent (bisher 490 Prozent) anzuheben. Der Markt agiert damit für ihn „aufkommensneutral“, betont Stieglmeier. Das heißt, die Gemeinde verlangt nur so viel, wie nötig ist, um eine schwarze Null zu erreichen – also ohne „merkliche Mehreinnahmen“ zu erwirtschaften. Dies entsprach auch einer Empfehlung von Bund und Ländern. Allerdings folgten nicht alle Kommunen im Landkreis diesem Aufruf, wie etwa Garmisch-Partenkirchen.
Entscheidend ist, wann zuletzt die Grundsteuer für das jeweilige Eigentum bemessen wurde
Ob die neuen Berechnungen für die Mittenwalder Bürger zu höheren oder niedrigeren Kosten führen, lässt sich pauschal nicht sagen, erläutert der Kämmerer. Entscheidend ist, wann zuletzt die Grundsteuer für das jeweilige Eigentum bemessen wurde. Eine Faustregel lautet: je älter die Grundlage der Bewertung, desto geringer waren die bisherigen Zahlungen. Umgekehrt bedeutet dies, dass Eigentümer älterer Häuser mit einer Erhöhung rechnen müssen.
Deshalb kann pauschal nicht gesagt werden, ob der einzelne Bürger insgesamt mehr oder weniger zahlen muss.
Stieglmeier veranschaulicht dies mit einem Beispiel: Zwei gleich große Häuser, eines aus dem Jahr 2017 und eines aus dem Jahr 1980. Der Besitzer des neueren Hauses zahlte bisher 531 Euro jährlich. Der Eigentümer des älteren Hauses hingegen kam bisher mit 177 Euro davon. Nach der Reform zahlen beide 393 und 376 Euro – eine Entlastung für den einen, eine Belastung für den anderen. „Deshalb kann pauschal nicht gesagt werden, ob der einzelne Bürger insgesamt mehr oder weniger zahlen muss“, sagt Stieglmeier.
Neue Berechnungsgrundlage ist einfacher
Die neue Berechnungsgrundlage ist einfacher: Im Kern zählen nur noch die Grundstücks- und die Wohn- sowie Nutzflächen. Die Höhe des Hebesatzes legt jede Gemeinde jedoch selbst fest. In Mittenwald errechnet sich die vom Bürger zu zahlende Grundsteuer anhand der vom Finanzamt an die Marktgemeinde übermittelten Grundsteuermessbescheide. Diese erstellt die Finanzbehörde auf Basis der Grundsteuererklärungen der Eigentümer. „Auf dieser Grundlage bestimmte der Markt jetzt den neuen Hebesatz“, erklärt Stieglmeier.
Derzeit liegen der Marktgemeinde 74 Prozent der Grundsteuer A (für landwirtschaftliche Flächen et cetera) und 89 Prozent der Grundsteuer-B-Erklärungen vor. Bislang belief sich das Grundsteueraufkommen der Kommune auf 1,57 Millionen Euro jährlich. Mit dem neuen Hebesatz von 550 Prozent rechnet die Gemeinde mit künftigen Einnahmen von etwa 1,58 Millionen Euro – was ein moderates Plus von rund 20 000 Euro bedeutet.