70 Prozent zahlen weniger, 30 Prozent mehr: Viele Unklarheiten bei Grundsteuer – Stadt muss Hebesatz festlegen

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Die Grundsteuer für das kommende Jahr gleicht einer großen Büchse der Pandora (Symbolbild). © IMAGO/Michael Bihlmayer

Die Stadt Bad Tölz muss ab 2025 die neu geregelte Grundsteuer umsetzen. Einige Bürger müssen zukünftig mehr oder weniger bezahlen.

Bad Tölz – Einer großen Büchse der Pandora gleicht die Grundsteuer, die nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Gesetzgeber neu geordnet werden musste und nun Schritt für Schritt umgesetzt wird. Ab 1. Januar 2025 muss dies auch die Stadt Bad Tölz tun, obgleich noch viele Unklarheiten bestehen und die Berechnungen und Festlegungen vielfach auf geschätzten oder fehlerhaften Angaben beruhen.

Kämmerei gibt Überblick: Grundsteuer macht über 9 Prozen der Tölzer Steuereinnahmen aus

In der jüngsten Sitzung des Tölzer Stadtrats gab Corinna Wiedenhofer von der Kämmerei einen Überblick über das Verfahren. Die Grundsteuer A (für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) und B (bebaute und bebaubare Grundstücke) ist eine der wenigen konjunkturunabhängigen, verlässlichen Gemeindesteuern, die der Stadt 2023 2,9 Millionen Euro einbrachte. Das sind 9,2 Prozent der gesamten Tölzer Steuereinnahmen. 

Der Freistaat Bayern hat für die neuen Grundsteuerberechnungen einen Flächenansatz gewählt, der nicht den Verkehrswert heranzieht. Aufgrund der Grundsteuer-Erklärungen der Grundstückseigner haben die Finanzämter in den vergangenen Jahren Berechnungsgrundlagen ermittelt, die den Kommunen für die Erstellung der Grundsteuer-Hebesätze nötig sind. Die Grundsteuer soll laut Gesetzgeber aufkommensneutral sein. Das bezieht sich aber, so erklärte Wiedenhofer, auf das Gesamtsteueraufkommen und nicht auf die individuelle Steuerlast. Will heißen, die Stadt Tölz soll auch künftig ihre rund 9,2 Prozent Einnahmen aus der Grundsteuer beziehen. Im Einzelfall kann es aber sehr wohl vorkommen, dass jemand mehr oder weniger Grundsteuer bezahlen muss.

Grundsteuer: Schwierigkeiten mit Messdaten – im Einzelfall muss korrigiert werden

Um die rund 2,9 Millionen Euro Grundsteuer B zu erzielen, errechnete die Tölzer Kämmerei mit den neuen Finanzamtsdaten einen Hebesatz von 480 Prozent. Von den 7667 veranlagten Objekten liegen derzeit 6794 Messdaten vor, die im Einzelfall aber auch noch korrigiert werden müssen. Wiedenhofer nannte als klassisches Fehlerbeispiel, wenn bei einem Wohnblock ein Wohnungsbesitzer statt des Miteigentumsanteils die gesamte Fläche angab. Dann werden aus 23 ganz schnell 970 Euro Grundsteuer. Richtig wären 30 Euro.

Über 600 Seiten zum Thema Grundsteuer vor sich: die stellvertretende Kämmerin Corinna Wiedenhofer.
Über 600 Seiten zum Thema Grundsteuer vor sich: die stellvertretende Kämmerin Corinna Wiedenhofer. © cs

Wie teuer wird die neue Grundsteuer für die Bürger? Die Kämmerei hat errechnet, dass es einen Anstieg bei rund 30 Prozent der Fälle geben wird. Es gebe meist eine geringe Steigerung der Messbeträge bei älteren Gebäuden ohne Wertfortschreibung und hohe Steigerungen bei Gewerbeeinheiten mit großen Nutzflächen. Wiedenhofer nannte als Beispiel das Parkhaus Bockschützstraße. Statt 1225 seien künftig rund 3000 Euro fällig.

Neuordnung der Grundsteuer: Bürger sollen Daten vom Finanzamt auf Richtigkeit prüfen

Bei 70 Prozent der Fälle rechnet die Kämmerei mit einem Rückgang der Steuermessbeträge. Dabei handle es sich laut Rathaus meist um neue Wohngebäude mit eher kleinen Grundstücksflächen oder Wohnanlagen.

Bei erkennbar offensichtlichen Unrichtigkeiten ihrer Grundsteuer-Angaben seien Tölzer Bürger bereits durch das Steueramt der Stadt angeschrieben worden. Das sei so Wiedenhofer, „ein Service“ gewesen. Andere Kommunen täten dies nicht. Alle Bürger würden aber dringend gebeten, die Grundsteuermessdaten vom Finanzamt auf Richtigkeit zu prüfen. Berichtigungen könnten nur beim Finanzamt, nicht bei der Stadt geltend gemacht werden.

Wohnhäuser von Landwirten fallen unter Grundsteuer B

Einen interessanten Punkt gibt es bei der Grundsteuer A, die 2023 mit gerade einmal 20 000 Euro für die Stadt zu Buche schlug. Die Wohnhäuser der Landwirte wurden bisher in der Grundsteuer A veranlagt. Nach dem neuen Recht richtet sich die Besteuerung dieser Wohnhäuser nach der Grundsteuer B.

Insgesamt rechnet das Tölzer Rathaus damit, dass die Hebesätze aufgrund der noch ausstehenden oder falschen Messbeträge in den Folgejahren angepasst werden müssen. (cs)

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