„War im Schockzustand“: Frau wird Opfer eines Online-Liebesschwindlers – jetzt schreibt sie ein Buch darüber

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Mit perfiden Psycho-Tricks erarbeiten sich Betrüger das Vertrauen ihrer Opfer (Symbolbild). © Sebastian Gollnow/dpa

Jasmine Buchner wurde Opfer eines Online-Romance-Scammers. In einem Thriller mit autobiografischen Zügen verarbeitet sie ihre Erlebnisse.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Jetzt, 15 Jahre später, hat Jasmine Buchner die Erlebnisse hinter sich gelassen. Die Erlebnisse, die sie dazu bewogen haben, einen Thriller zu schreiben. Das Buch „Der Romance Scamming King“ trägt viele autobiografische Züge.

Mit psychologischen Tricks: Liebesbetrüger nimmt Kontakt mit Jasmine Buchner auf

„2009 hat ein Romance-Scammer mit mir Kontakt aufgenommen“, berichtet Jasmine Buchner, die im bürgerlichen Leben anders heißt. Mit dem englischen Begriff sind Betrüger im Internet gemeint, die auf perfide Weise versuchen, an Geld zu gelangen: Sie täuschen die große Liebe vor, arbeiten mit psychologischen Tricks und erbeuten so jedes Jahr Millionen. „Oft suchen sich die Scammer Frauen aus, die einsam und auf Partnersuche sind.“ Sie selbst sei nicht auf der Suche gewesen.

Jasmine Buchner, Schriftstellerin aus dem Isarwinkel.
Jasmine Buchner, Schriftstellerin aus dem Isarwinkel. © Privat

Der Mann, der sich Alex Simpson nannte, nahm über ihre Homepage Kontakt zu ihr auf. Er gab vor, sich für die Arbeit der Übersetzerin, die in England Kreatives Schreiben studiert hatte und als Schriftstellerin arbeitet, zu interessieren.

„Irgendwann wird der Scammer zur Droge“: Betrüger bedrohte Buchautorin

Die ersten Kontakte seien dabei ausschließlich über E-Mail gelaufen. So habe sich der Betrüger nach und nach ein Bild von Jasmine Buchner gemacht und durch Manipulation erreicht, dass sie ihm seine Geschichten glaubte – und ihm immer wieder Geld zukommen ließ. So beispielsweise, als sie ein persönliches Treffen vereinbarten. In Wien wollten sie sich endlich kennenlernen. Doch als Buchner auf ihn wartete, kam der Anruf eines vermeintlichen Arztes: „Alex“ sei in einen Unfall verwickelt gewesen und liege im Koma. „Ich war in einem Schockzustand“, berichtet Buchner. Zwar habe ihre Mutter Zweifel an der Geschichte von „Alex“ gehabt, „aber ich war so überemotional“. Also schickte sie ihm Geld.

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„Irgendwann wird der Scammer zur Droge“, berichtet die 46-Jährige. „Man ist so zerrissen, merkt unterbewusst, dass einem der Kontakt nicht gut tut, denkt aber, dass man ihn auch nicht hängen lassen kann.“ Als sie begann, skeptisch zu werden, versuchte es der Betrüger mit Drohungen. Dies ging so weit, dass Buchner schließlich ihre Handynummer änderte. Als ihr schließlich klar wurde, dass alles nur vorgespielt war, habe sie vier Monate gebraucht, um alles zu verarbeiten.

„Seelische Vergewaltigung“: Jasmine Buchner will mit ihrem Buch wachrütteln

„Scamming ist seelische Vergewaltigung“, sagt Buchner. Ihr ist es wichtig, mit ihrem Buch andere zu erreichen, die ähnliches erlebt haben. Aber sie möchte damit auch jene wachrütteln, die sich allzu leicht ein Urteil über Menschen erlauben, die sich auf die Betrüger einlassen. Häufig hat sie erlebt, dass sich Leute eher auf die Seite des Täters stellen und die Betroffenen verhöhnen. Als sie selbst in München zur Polizei ging, um Anzeige gegen „Alex Simpson“ zu erstatten, habe sie sich nicht ernst genommen gefühlt. In Deutschland gebe es auch keinerlei Selbsthilfegruppen oder andere Anlaufstellen. Während ihrer Recherchen hat sie herausgefunden, dass Beispielsweise in den USA eine eigene Abteilung der CIA nach diesen Verbrecherbanden sucht.

Der erste Teil des Romans ist autobiografisch gehalten und spiegelt einiges wider, das Jasmine Buchner selbst erlebt hat. Hierbei spielt eine Psychologin eine wichtige Rolle, die ihr auch im echten Leben half, sich mit dem Erlebten auseinanderzusetzen. Es sei nicht leicht gewesen, sich während des Schreibens erneut mit allem auseinanderzusetzen, sagt Buchner. Im zweiten Teil dann sucht die Protagonistin Rache. „Man erfährt, wie die Machenschaften der kriminellen Banden aussehen, sieht auch die psychopatische Seite des Täters.“ Für die Hintergründe recherchierte sie lang in allen möglichen Quellen. Der Titel „Romance-Scamming-King“ soll deutlich machen, welches Imperium hinter den Machenschaften steckt.

Autorin findet nach „Love Scam“ die Liebe ihres Lebens

Sie hoffe, dass sie mit ihrem Buch auch Menschen helfen könne, sagt Jasmine Buchner. „Ich möchte gerne, dass die Leser sehen: Wie geht es dem Opfer während des Betrugs und vor allem auch danach?“ Denn es sei ein schwieriger Prozess, wieder ins normale Leben zurückzugelangen und erneut Vertrauen zu fassen. „Ich selbst habe nach dem Romance-Scamming-Drama die Liebe meines Lebens gefunden“, berichtet sie. Es sei möglich, auch nach einem solchen Betrug wieder zu lieben. (mel)

Das Buch

Der „Romance Scamming King“ ist am 14. Oktober bei Books on Demand erschienen und im Buchhandel erhältlich.

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