Vorteile beim Bürgergeld: Jobcenter übernimmt ab jetzt diese Kosten
Das Bundessozialgericht fällt zwei wegweisende Urteile zu Ansprüchen von Eigenheimbesitzenden im Bürgergeld. Das Jobcenter muss die Kosten einer neuen Heizung tragen.
Kassel – Wer ein Haus besitzt, aber etwa seine Arbeit verliert, dadurch erwerbslos und auf Bürgergeld angewiesen ist, muss das Haus nicht zwangsläufig verkaufen. Betroffene können weiterhin auf Unterstützung des Jobcenters hoffen. Was genau darunter fällt, ist jedoch immer wieder umstritten. Das Bundessozialgericht in Kassel hat nun zwei Urteile gefällt, die richtungsweisend für weitere Konflikte sind. Konkret geht es dabei um den Einbau einer neuen Heizung sowie Einnahmen aus Photovoltaikanlagen.
Jobcenter müssen Bürgergeld-Beziehenden Kosten für neue Heizung zahlen – urteilt Gericht
Bürgergeld-Beziehende können sich demnach eine neue Heizung einbauen lassen und diese mieten, wenn die frühere nicht mehr funktioniert. Das Jobcenter muss demnach die Kosten eines sogenannten „Wärme-Plus-Vertrags“ bezahlen, urteilte das höchste deutsche Sozialgericht im ersten Fall.
Das Gericht gab damit einer Frau aus dem Landkreis Leer in Niedersachsen recht. Sie hatte für ihr selbst bewohntes Eigenheim einen Vertrag über den Einbau und den Betrieb einer „Wärmeerzeugungsanlage mit Vollservice“ abgeschlossen. Das Unternehmen installierte damit die Heizung im Wert von etwa 5500 Euro und war damit zu deren Wartung verpflichtet.
Vertrag über neue Heizung vollständig „Gegenleistung für die Bereitstellung der Wärmeleistung“
Die Frau zahlte dabei monatlich 165 Euro – und könnte die Heizung nach 15 Jahren übernehmen. Das Jobcenter wollte nur einen Teil als Kosten der Unterkunft und Heizung übernehmen. Ein Anteil von 69 Euro seien Tilgungszahlungen für die Kosten der Anlage.
Das Bundessozialgericht entschied jedoch, dass das Jobcenter die Kosten vollständig übernehmen muss. Die Zahlungen seien eine „Gegenleistung für die Bereitstellung der Wärmeleistung“. Es stehe dem auch nicht entgegen, dass das Bürgergeld nicht zur Vermögensbildung dienen solle, da die Heizung über die gesamte Vertragslaufzeit Eigentum des Unternehmens bleibe. Danach sehe der Vertrag für die Klägerin nur die Möglichkeit einer Übernahme der Anlage vor. Zu den Kosten sei nichts geregelt.
Einnahmen für Solarstrom werden auf das Bürgergeld angerechnet – laut Urteil des Bundessozialgerichts
Ein weiteres Urteil des Sozialgerichts ging dagegen zuungunsten der betroffenen Bürgergeld-Beziehenden aus. Das Ergebnis: Sie müssen sich die Einspeisevergütung für Solarstrom aus ihrer Photovoltaikanlage mindernd als Einkommen auf den Regelsatz anrechnen lassen.
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Dabei hatte ein Paar aus dem Raum Bautzen geklagt, das im Dezember 2011 Grundsicherungsleistungen vom Jobcenter bezogen hatte. Auf dem Grundstück hatte der Mann eine 85.000 Euro teure Solaranlage installiert, die er aus Ersparnissen finanziert hatte. Durch die Einspeisung des Stroms hatte er monatliche Einnahmen von 235 Euro. Das Jobcenter entschied, dass diese die damaligen Hartz IV-Leistungen reduzierten.
Einspeisevergütung für Solarstrom ist zu berücksichtigendes Einkommen beim Bürgergeld
Laut dem Urteil des Bundessozialgerichts handelte es sich bei der Einspeisevergütung um zu berücksichtigendes Einkommen. Der Leistungsempfänger habe zudem keinen Anspruch auf einen Erwerbstätigenfreibetrag, weil die Vergütung nicht auf eine Erwerbstätigkeit unter Einsatz seiner Arbeitskraft zurückgehe. Stattdessen handele es sich um das Ergebnis einer privaten Vermögensverwaltung. Dabei sei unerheblich, dass die Finanzverwaltung die Photovoltaikanlage als unternehmerische Tätigkeit eingestuft habe. Die Abschreibungen müssten auch nicht als Betriebskosten berücksichtigt werden.
Grundsätzlich haben Bürgergeld-Beziehende mit Eigenheim oder Eigentumswohnung trotzdem Anspruch auf Unterstützung durch das Jobcenter. Entscheidend ist, dass sie diese selbst bewohnen. Im ersten Jahr des Bezugs wird die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft seit Einführung der Bürgergeld-Regeln nicht geprüft.
Grundsätzlich: Welche Kosten übernehmen Jobcenter für Bürgergeld-Beziehende mit Eigenheim?
Die Jobcenter unterstützen dabei etwa bei den Nebenkosten. Laut Bundesagentur für Arbeit besteht zudem die Möglichkeit, dass die Jobcenter weitere Kosten zahlen. Dazu zählen etwa die Grundsteuer, die Wohngebäudeversicherung, Kosten für Instandhaltung und notwendige Reparaturen. Auch Zinsen können übernommen werden, jedoch nicht Tilgungsraten für einen Kredit, weil damit Vermögen aufgebaut wird. Nicht übernommen werden dagegen Stromkosten, die aus dem Bürgergeld-Regelsatz gezahlt werden müssen.
Nach der Karenzzeit von zwölf Monaten gilt auch bei Eigentumswohnungen und Eigenheimen, dass die Kosten der Unterkunft angemessen sein müssen. Dann sind die Größe des Hauses und laufende Kosten entscheidend. Ein von Bürgergeld-Beziehenden selbst genutztes Haus darf dabei etwa 140 Quadratmeter, eine Eigentumswohnung 130 Quadratmeter groß sein. Bei mehr als vier Personen kommen für jede weitere Person 20 Quadratmeter dazu. (mit AFP)