Jobcenter verweigert Zahlung – Weil Bürgergeldempfängerin zu sparsam lebt

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Das Jobcenter stellt die Wohnnutzung einer Bürgergeld-Empfängerin infrage und lehnt die Kostenübernahme ab. Der Fall landet – erneut – vor Gericht.

Frankfurt/Oder – Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass über das Bürgergeld öffentlich gestritten wird. Mit der Anhebung der Sätze Anfang 2024 stellten Gegner der Sozialleistung die provokante Frage, ob sich arbeiten denn überhaupt noch lohne. Rund ein halbes Jahr später spricht die Ampel-Regierung davon, die Regeln für das ehemalige „Hartz IV“ anziehen zu wollen. Zuspruch kommt von den Jobcentern, unter Vorbehalt jedoch.

Sozialverbände hingegen sind der Ansicht, dass der Regelsatz – der aktuell bei 563 Euro pro Monat für Alleinstehende und Alleinerziehende liegt – immer noch zu niedrig ist. Zusätzlich dazu übernimmt das Jobcenter die Wohnkosten von Bürgergeldempfängern. In einem Fall aus Frankfurt (Oder) lehnt es die Behörde jedoch ab – denn die Kosten seien zu niedrig.

Ärger mit dem Jobcenter: Behörde verweigert monatliche Wohnkosten von knapp 398 Euro

Normalerweise übernimmt das Jobcenter die Kosten für Unterkunft und Heizung, wie es auch auf Homepage der Agentur für Arbeit heißt. Allerdings nur, sofern die Kosten in „angemessener Höhe“ sind. Was genau angemessen sei, erfahre man beim zuständigen Jobcenter des jeweiligen Wohnortes entsprechend der Kaltmieten in der Region.

Bürgergeld muss beantragt werden, das Jobcenter reagieren

Wer Bürgergeld beantragt, muss dem Jobcenter Angaben zu seiner Lebenslage machen und nachweisen, dass er oder sie hilfebedürftig ist. Mit diesen Informationen wird geprüft, ob die Voraussetzungen für Bürgergeld erfüllt sind. Das Jobcenter ermittelt dann, wie viel Bürgergeld eine Person erhält. Laut Stiftung Warentest muss das zuständige Jobcenter inner­halb von sechs Monaten über einen Antrag entscheiden. Komme es dieser Verpflichtung nicht nach, könne der Antrag­steller beim Sozialge­richt Klage erheben, so die Verbraucherschützer.

Im Fall der Bürgergeldempfängerin aus Frankfurt (Oder) begründet das Jobcenter seine Entscheidung damit, dass die Verbrauchswerte für Trinkwasser, Strom und Heizung außergewöhnlich niedrig seien, wie das Info-Portal buergergeld.org berichtet. Das bedeutet: Die Behörde zweifelt daran, dass die Empfängerin des Bürgergeldes die Wohnung tatsächlich nutzt und lehnt daher die Übernahme der Gesamtmiete in Höhe von 397,30 Euro für den Zeitraum Mai bis Oktober 2024 ab.

Streit vor Sozialgericht geht in die nächste Runde: Schon vorher bekam Bürgergeldempfängerin Recht

In einem früheren Fall erhielt die betroffene Empfängerin bereits Recht vom Sozialgericht. Sie hatte Anspruch auf vorläufige Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse für Unterkunft und Heizung bei der Berechnung der Leistungen (Sozialgericht Frankfurt Oder zum Eilverfahren §14 AS 82/84). Für den Zeitraum vom 14. Februar bis zum 30. April dieses Jahres musste die Behörde die Kosten übernehmen. Doch nun zieht die Frau erneut vor Gericht.

Hinweisschild Arbeitsgericht Sozialgericht Stoppschild Gericht Arbeitsrecht Frankfurt Oder
Bürgergeld-Empfängerin hat Ärger mit dem Jobcenter: Ihr Fall landet vor dem Sozialgericht Frankfurt Oder. (Symbolbild) © imago

Sie fordert eine Kostenübernahme bis Oktober. Aber die Behörde hat in einem parallelen Verfahren bereits angekündigt, die Bedürfnisse auch weiterhin nicht zu berücksichtigen und auf eine Entscheidung des Gerichts zu warten, so der Bericht weiter. In einem anderen Fall weigert sich hingegen eine Bürgergeldbezieherin, die Kündigungsfrist für ihre Wohnung einzuhalten.

Konflikte zwischen Empfängern und Jobcentern sind keine Seltenheit

Konflikte zwischen Empfängern und Jobcentern sind keine Seltenheit. So auch in diesem Fall aus Herzogenaurach. Wegen einer Forderung von 5 Cent drohte ein Jobcenter einer Familie mit einem Inkassobüro. Eine Empfängerin aus Friedrichsdorf im Taunus stritt mit der Behörde, weil ihre Stromkosten nicht übernommen wurden.

Übersicht über die geltenden Regelsätze:

  • 563 Euro im Monat für Alleinstehende und Alleinerziehende
  • 506 Euro für volljährige Partner innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft 
  • 471 Euro für Personen unter 25 Jahren, die ohne Erlaubnis des Jobcenters umziehen
  • 451 Euro für Volljährige unter 25 Jahren, die im Elternhaus leben
  • 471 Euro für Jugendliche von 14 bis 17 Jahre
  • 390 Euro für Kinder von 6 bis 13 Jahre
  • 357 Euro für Kinder von 0 bis 5 Jahre

Quelle: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

Warum das Jobcenter im Fall der Empfängerin aus Frankfurt (Oder) nun erneut auf eine Gerichtsentscheidung warten will, ist nicht geklärt. Der erneute Streit dürfte zu weiteren Kosten führen.

Denn anscheinend hat sich an den Lebensumständen der Frau nichts geändert. „Auch die Verbrauchswerte sprächen nicht dagegen, dass die Wohnung genutzt werde. Überdies komme es nicht auf die Häufigkeit der Nutzung oder eine Wertung der Wohnung an“, zitiert bueregegeld.org den sogenannten Bedarfsfeststellungsdienst. Dies ist eine Art Außendienst des Jobcenters, der zur Klärung von Sachverhalten eingesetzt wird und die Empfänger von Leistungen vor Ort besucht.

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