Neues Urteil stärkt Bürgergeld-Empfänger: Kürzungen sind nicht immer erlaubt
Das Bundessozialgericht entschied zugunsten einer Bürgergeld-Empfängerin: Jobcenter dürfen Geldgeschenke für notwendige Reparaturen nicht als Einkommen werten.
Kassel – Das Bundessozialgericht hat in einem richtungsweisenden Urteil am Mittwoch (17. Juli) die Rechte von Bürgergeld-Empfängern, die in einem Eigenheim leben, gestärkt. Die Richter entschieden, dass finanzielle Zuwendungen von Verwandten zur Deckung dringender Reparaturen am selbst bewohnten Eigenheim nicht als Einkommen angerechnet werden dürfen. Die Finanzierung einer Reise von Bürgergeldbeziehern nach Mekka indes ging Gerichten zu weit.

Urteil zu Bürgergeld-Kürzungen: Geldgeschenke für Reparaturen am Eigenheim nicht anrechenbar
Im konkreten Fall handelt es um eine alleinstehende Frau aus dem Wartburgkreis in Thüringen, die seit 2017 auf Bürgergeld (ehemals Hartz IV) angewiesen ist. Das Dach ihres Hauses war sanierungsbedürftig, da mehrfach Wasser eindrang. Die Mutter der Klägerin half mit einem Geldgeschenk von 7.130Euro aus, um die notwendige Reparatur zu finanzieren. Ohne das Jobcenter zu informieren, ließ die Frau das Dach reparieren.
Bei einer Außenprüfung wurde ein Mitarbeiter des Jobcenters auf das neue Dach aufmerksam – woraufhin die Behörde die Bewilligung der Sozialleistungen der Betroffenen aufhob und die Leistungen nur noch als existenzsicherndes Darlehen gewährte. Die Begründung des Jobcenters: Das Geldgeschenk sei als Einkommen zu werten und somit leistungsmindernd zu berücksichtigen. Die Frau klagte daraufhin gegen diese Entscheidung.
Urteil zum Bürgergeld: Keine Anrechnung von Geldgeschenken für notwendige Reparaturen
Die Richter des Bundessozialgerichts in Kassel gaben nun der Thüringerin recht. Sie begründeten ihr Urteil (Az. B 7 AS 10/23 R) damit, dass Geldgeschenke für notwendige Reparaturen am Eigenheim nicht als Einkommen anzurechnen sind, wenn sie die finanzielle Lage des Empfängers nicht verbessern.
Aufgrund des undichten Dachs bestand ein unabweisbarer Unterkunftsbedarf, argumentierte das BSG, sodass das Jobcenter die angemessenen Kosten ohnehin hätte übernehmen müssen – auch ohne einen entsprechenden Antrag.
Das Urteil dürfte nach der Ankündigung der Ampel-Koalition, mit schärferen Regeln mehr Bezieher von Bürgergeld zur Aufnahme einer Arbeit zu bewegen, ein kleiner Trost für Betroffene sein. Die geplanten Verschärfungen beim Bürgergeld sehen unter anderem eine Pendelzeit von bis zu drei Stunden als zumutbar vor; das Ablehnen einer zumutbaren Arbeit soll mit erhöhten Leistungskürzungen geahndet werden. Wer bei Schwarzarbeit erwischt wird, dem sollen für drei Monate die Bürgergeld-Bezüge um 30 Prozent gekürzt werden.