Verlängerung des Mietvertrags für Bürgergeld-Empfänger - Jobcenter verweigert plötzlich die Zahlung

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Normalerweise übernimmt das Jobcenter die Mietkosten für Bürgergeld-Empfänger. In einem speziellen Fall wurde jedoch die Kostenübernahme abgelehnt.

Kassel – Jeder, der schon einmal mit der Bürokratie zu kämpfen hatte, kann bestätigen, wie schwierig es bisweilen ist, sich geschickt und vorsichtig in Ämtern zu bewegen. Dies trifft sicherlich auch auf einige Empfänger von Bürgergeld zu. Nicht nur für die Beantragung von Sozialleistungen, sondern auch, wenn Betroffene umziehen möchten. Die Behörde muss nämlich dem Umzug zustimmen. Andernfalls werden die Kosten für die neue Wohnung nicht mehr übernommen.

In einem Fall lehnte ein Berliner Jobcenter die Übernahme der Mietkosten ab, die angeblich durch den Umzug eines Bürgergeldempfängers entstanden waren. Tatsächlich war der Empfänger jedoch nicht umgezogen. Er hatte lediglich einen neuen Mietvertrag für seine Wohnung unterzeichnet.

Auf einem Tablet ist eine Website für einen Antrag auf Bürgergeld zu sehen.
Bürgergeld-Bezieher unterschreibt Zeitmietvertrag. Jobcenter sieht darin einen Umzug und stellt sich quer bei der Übernahme der Wohnkosten. (Symbolbild) © Jens Kalaene/ dpa

Jobcenter verweigert Bürgergeldempfänger die Mietübernahme

Das Jobcenter interpretierte die Verlängerung des Zeitmietvertrags als Umzug und weigerte sich, die neue Miete zu übernehmen. Die Behörde berief sich dabei auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2015. Laut LSG war durch den neuen Vertrag eine Art selbstgewählter Umzug entstanden.

Der Bürgergeldempfänger zog vor das Sozialgericht (SG) Berlin und bekam Recht. Laut SG Berlin waren die Antragsteller weder aus der Wohnung ausgezogen, noch hatten sie eine neue Wohnung bezogen. Das bestehende Mietverhältnis für dieselbe Wohnung wurde lediglich verlängert.

Der Fall

Der Bürgergeldempfänger musste aufeinanderfolgende Zeitmietverträge abschließen, die mit einer Mieterhöhung verbunden waren, berichtet gegen-hartz.de. Derartige Verträge seien hierzulande zulässig, so der Bericht weiter. Jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Diese könnten sein: Eigenbedarf des Vermieters oder größere bauliche Veränderungen. Das Jobcenter lehnte daraufhin die Übernahme der neuen Mietkosten ab, da es sich de facto um einen selbst gewählten Umzug handele. Damit berief sich das Jobcenter auf § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II, der eine Beschränkung der Mietkostenübernahme bei einem Umzug vorsieht.

Mietvertrag von Bürgergeld-Empfänger verlängert: Nicht mit einem Umzug gleichzusetzen

Gemäß dem Gerichtsbeschluss liegt kein tatsächlicher Umzug, also ein Wechsel des Wohnorts, vor. Durch den neuen Vertrag wurde dem Mieter lediglich die Miete erhöht. Dieses Urteil hat laut dem Bericht des Sozialrechtsexperten Utz Anhalt weitreichende Auswirkungen auf Mieter, die Bürgergeld beziehen und deren Mietverträge verlängert wurden. Denn eine Verlängerung des Mietvertrags ist nicht mit einem Umzug gleichzusetzen.

Agentur für Arbeit übernimmt Wohnkosten, sofern diese angemessen sind

Solange die Kosten „angemessen“ sind, übernimmt der Staat, sprich der Bund und die Kommunen – die Mietkosten. Allerdings erhalten Bürgergeldempfänger nicht immer die volle Miete. Je länger die Arbeitslosigkeit andauert, desto genauer prüft das Jobcenter. Im Mittelpunkt steht hier die Wohnung. Größe und Miete müssen laut Arbeitsagentur angemessen sein. Eine Fünfzimmerwohnung für eine alleinstehende Person wird beispielsweise nicht vom Staat übernommen.

Die Übernahme der Wohnkosten von Sozialleistungsempfängern stößt bei vielen Kritikern schon lange auf Widerstand. Denn inzwischen muss für Bürgergeld-Wohnungen immer mehr Geld aufgewendet werden, obwohl die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften rückläufig ist. Das Problem: Der Staat kann nicht allen Menschen, die eine Sozialwohnung suchen, eine solche anbieten – mit der Folge, dass die Jobcenter die hohen Mieten auf dem freien Markt akzeptieren müssen. (sthe)

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