Habeck plant „Deutschlandfonds“: Ampel-Partner und Union demontieren Idee – „der Hammer“
Für das Papier von Wirtschaftsminister Robert Habeck über einen geplanten „Deutschlandfonds“ hagelt es Kritik aus fast allen Richtungen.
Berlin – Deutschland steckt in der Krise. Die lahmende Wirtschaft will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit einem staatlichen Investitions- und Infrastrukturfonds wieder ankurbeln. „Das würde den großen Booster für die Volkswirtschaft auslösen, wenn die Unternehmen jetzt mehr investieren würden“, sagte der Grünen-Politiker am 23. Oktober in Berlin. Seinen Vorstellungen nach sollen Unternehmen davon auch profitieren, da sie zehn Prozent aller Investitionen vom Staat erstattet bekommen könnten. Die Finanzierung soll allerdings über Schulden vonstattengehen, um das Werkzeug zur Unterstützung von Unternehmen überhaupt umsetzen zu können.
„Deutschlandfonds“: Habeck will Milliarden-Paket für deutsche Wirtschaft – Lindern stellt sich quer
Ein Vorstoß, der Finanzminister Christian Lindner (FDP) gar nicht schmecken dürfte, da er unter anderem mit Einschnitten und Kürzungen für Bürgergeld-Empfänger die Kosten für den Bund um jeden Preis drücken will. Auch deshalb stellt der FDP-Chef die Machbarkeit infrage, was den nächsten Koalitionsstreit heraufbeschwören könnte. „Der Bundeswirtschaftsminister hat nicht einfach einen Vorschlag in die Debatte eingebracht, Robert Habeck fordert eine fundamental andere Wirtschaftspolitik für Deutschland“, sagte Lindner bei einem Besuch in New York. „Das ist schon ein Hammer.“
Habeck will „Investitionen mit einer unbürokratischen Investitionsprämie von zehn Prozent fördern – und zwar für alle Unternehmen, gerade auch Handwerksbetriebe sowie kleine und mittelständische Betriebe“, heißt es weiter in dem Habeck-Papier über den geplanten Deutschlandfonds. Als zweite Säule seiner „Modernisierungsagenda“ will er Energie- und Kommunikationsnetze, Verkehrswege und Bildungseinrichtungen modernisieren.
Hohe Stromkosten senken: Habeck-Papier für Investitionsfonds soll Standortnachteil in Deutschland ausgleichen
Das neue Papier von Habeck sieht außerdem vor, die hohen Stromkosten in Deutschland dauerhaft zu senken. Dieser Punkt wird von den deutschen Unternehmen immer wieder als entscheidender Standortnachteil angeführt. Die deutsche Wirtschaft allein soll davon allerdings nicht profitieren.
Auch private Verbraucherinnen und Verbraucher sollen etwas von der Senkung der Stromkosten haben, etwa dem die Stromsteuer für alle grundsätzlich auf das europarechtlich vorgeschriebene Minimum reduziert wird. Darüber hinaus sollen die Netzentgelte dem Konzept zufolge ebenfalls deutlich gesenkt werden.
Finanzierung von Habecks Investitionsfonds: Dreistelliger Milliardenbetrag auf Pump
Zu den finanziellen Kosten des Investitionsfonds machte Habeck keine Angaben. Es gebe aber Berechnungen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), die eine „mittlere dreistellige Milliardenzahl“ für die nächsten Jahre vorsähen, sagte er in Berlin. „Also, wir reden hier schon von einem großen Volumen, das dann allerdings über viele Jahre verausgabt wird.“ Es gehe um die Erneuerung der Standortbedingungen in Deutschland. „Die erste Frage, finde ich, ist nicht: Sind es jetzt 200, 300 oder 400 Milliarden? Sondern: Wollen wir uns auf den Weg machen?“
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Schulden sollen die Finanzierung decken. Das Wort ließ Habeck sich allerdings nicht entlocken. „Das muss vorfinanziert werden, ich sehe keine andere realpolitische Möglichkeit“, sagte er im Zusammenhang mit den Plänen für seinen Investitionsfonds. „Ich finde, diese Fondsidee ist auch für diejenigen, die auf einer strikten Einhaltung der Schuldenbremse bestehen, hoffe ich jedenfalls, ein gangbarer Weg, weil es eine begrenzte Verabredung ist.“ Es gehe nicht um eine prinzipielle Öffnung der Schuldenbremse. In seinem Papier nennt er die Schuldenbremse allerdings „in ihrer jetzigen Form eine Investitions- und Wachstumsbremse“.
Investitionsfonds von Habeck: Lindner bremst bei Umsetzung auf begrenzte Gelder und das EU-Recht
Lindner will in seinem Ministerium jetzt prüfen lassen, was von Habecks Investitionsfonds überhaupt theoretisch umsetzbar sei – erst dann könne man in der Sache diskutieren. Unter anderem seien europäisches Beihilferecht und Fiskalregeln zu beachten. „Wir können schlicht nicht einfach so viel Geld ausgeben, wie manche wollen.“ Zugleich betonte Lindner: „In jedem Fall ist aber klar, dass genau diese Unsicherheit über die weiteren Rahmenbedingungen der deutschen Wirtschaft selbst Teil der Probleme unseres Landes geworden ist.“
Die stellvertretende FDP-Vorsitzende und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist kein überzeugendes Konzept, der deutschen Wirtschaft über beispiellos hohe Steuern und Abgaben Geld zu entziehen und es dann über einen Staatsfonds umzuverteilen.“
Investitionsfonds für Deutschland: Habecks Partner aus der Ampel schießen bereits quer
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bezeichnete den Vorschlag von Habeck als „kurzsichtig und nicht zielführend“. Denn „wahllos Subventionen auszuzahlen und dafür hunderte Milliarden Euro an neuen Schulden anzuhäufen, kann unseren Wirtschaftsstandort nicht nachhaltig stärken“, so der FDP-Politiker weiter über Habecks Investitionsfonds. Nötig seien umfassende Reformen zur Verbesserung der Standortbedingungen und Entfesselung des privaten Kapitals.
Habeck hatte bereits im Februar ein milliardenschweres Sondervermögen zur Entlastung von Firmen vorgeschlagen. Lindner wies den Vorstoß damals zurück.
Neues Habeck-Papier zum Investitionsfonds in Deutschland: Union geht bei Kritik noch einen Schritt weiter
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, warf dem Wirtschaftsminister in der Rheinischen Post vor, er wolle den Weg in die Staatswirtschaft weitergehen. „Mit einer geradezu unglaublichen Staatsgläubigkeit und der Bereitschaft zum Interventionismus, wird er aber eben gerade nicht wirtschaftliche Erholung und Wachstum erreichen, sondern vor allem mehr Bürokratie“, kritisierte der CDU-Politiker in Bezug auf den Investitionsfonds in Deutschland.
Ein Schritt weiter ging sogar noch der Vizefraktionschef Mathias Middelberg (CDU). Er verwies am Mittwoch zwar darauf, dass Habeck anders als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht nur die Industrie, sondern auch kleine und mittelständische Betriebe unterstützen wolle. „Es ist jedoch leider wieder der falsche Ansatz, Betriebe mit einer bürokratischen Investitionsprämie von zehn Prozent fördern zu wollen“, sagte Middelberg der Nachrichtenagentur Reuters. Die Ampel-Koalition habe bereits mit der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter Investitionsanreize gesetzt und wolle diese verlängern.
Habeck erntet massive Kritik aus der Union: Doch nicht alle zeigen bei dem Investitionsfonds ihre Abneigung
„Nötig und sinnvoll wären breit angelegte, langfristig planbare und unbürokratische Entlastungen bei Steuern, Energiepreisen und Sozialabgaben“, forderte Middelberg weiter. „Das würde den Standort nachhaltig wieder attraktiv machen. Dazu aber fehlt der Ampel die Kraft.“ Im Sommer hatte sich die Ampel-Koalition noch auf ein neues Wachstumspaket geeinigt. Laut Lindner ist im Jahr 2025 eine Rekordsumme von 100 Milliarden Euro für Investitionen eingeplant. Die geplanten Maßnahmen sollen, das teilte Wirtschaftsminister Habeck mit, einen zusätzlichen Wachstumseffekt von über 0,5 Prozentpunkte erwirken.
Doch nicht alle hatten nur Kritik für den Habecks Vorstoß eines Investitionsfonds für Deutschland übrig. Aus der Wirtschaft kamen eher vorsichtig optimistische Töne und Reaktionen. „Robert Habeck zeigt, dass er verstanden hat, wo die Probleme in Deutschland liegen“, erklärte der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther. Er habe die Themen richtig benannt. „Ungeklärt bleibt aber die Finanzierung.“
Habeck-Papier zu einem Investitionsfondsfonds in Deutschland regt positive Reaktionen aus der Wirtschaft
Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, bescheinigte Habeck, er bringe dringend benötigten Schwung in die Debatte um die notwendigen Veränderungen der deutschen Volkswirtschaft. „Das ambitionierte Papier setzt zu Recht auf eine angebotsseitige Stärkung der deutschen Wirtschaft, um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.“
Dagegen bezeichnete Marie-Christine Ostermann, die Präsidentin des Verbandes der Familienunternehmer, die Vorschläge als „weitere Nebelkerze“. Um der Wirtschaft zu helfen, sollte Habeck Strukturreformen auf den Weg bringen. „Kurzfristig wäre die Soli-Abschaffung ein Investitionsbooster.“ (mit Agentur-Material)