Ampel-Trick? Lindner plant neue Schulden und hält trotzdem Wort – dank Habeck-Neuberechnung
Der Bundesfinanzminister beabsichtigt, im kommenden Jahr mehr Schulden aufzunehmen. Als Grund nennt Lindner die schwache Konjunktur.
Berlin – Bundesfinanzminister Christian Lindner will die Neuverschuldung im nächsten Jahr noch einmal erhöhen. Die Nettokreditaufnahme soll nach den Plänen des Finanzministeriums bei 56,5 Milliarden Euro liegen, 5,2 Milliarden Euro höher als noch im Regierungsentwurf für den Bundesetat 2025 im Sommer veranschlagt.
Der Spiegel berichtete zuerst darüber und bezog sich auf Angaben des Bundesfinanzministeriums zu den Plänen Lindners. Grund dafür ist die Konjunktur. Sie entwickelt sich nämlich schwächer als bei Aufstellung des Entwurfs unterstellt. Lindner dürfe im Rahmen der Schuldenbremse höhere Kredite aufnehmen, da sich die Konjunktur schwächer entwickelt habe als bei der Aufstellung des Etats angenommen. Heißt: Lindner darf mehr Schulden machen, hält aber sein Wort in puncto Schuldenbremse. Diese war innerhalb der Ampel schon fast zur Gretchenfrage verkommen: Während SPD und Grüne die Schuldenbremse gerne ausgesetzt hätten, beharrte der FDP-Chef auf die Einhaltung der Regelung. Und das letztlich dank Robert Habeck, denn: Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte die neue Wirtschaftsprognose am Mittwoch (9. Oktober) bekannt gegeben.
Die neuen Schulden sollen demnach Mindereinnahmen bei Steuern und Mehrausgaben wegen höherer Arbeitslosigkeit abfedern. Die bereits bestehende Finanzierungslücke von zwölf Milliarden Euro in Lindners Etatentwurf lasse sich damit nicht lindern.
Bundesregierung rechnet wieder mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung
Am Mittwoch hatte die Bundesregierung die Konjunkturprognose gesenkt. Sie rechnet für das laufende Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent, anstatt wie zuvor angenommen um 0,3 Prozent zu wachsen. Bereits 2023 gab es einen Rückgang von 0,3 Prozent. Laut Lindner gefährden die schwachen wirtschaftlichen Aussichten Deutschland. Der FDP-Vorsitzende schrieb auf LinkedIn: „Die Wachstumsschwäche und fehlende Wettbewerbsfähigkeit bedrohen Arbeitsplätze und unsere wirtschaftliche Substanz. Das müssen wir sehr ernst nehmen.“
Habeck: Wachstumspaket der Ampel-Regierung soll Deutschland aus der Krise führen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte bei der Vorstellung der Herbstprojektion in Berlin, ein wichtiges Instrument, um Deutschland aus der aktuellen Krise zu führen, sei das Wachstumspaket der Ampel-Regierung mit Steuererleichterungen, Arbeitsanreizen und Strompreis-Vergünstigungen. „Wenn sie umgesetzt werden, und zwar vollständig, dann wird die Wirtschaft stärker wachsen, wieder mehr Menschen in Arbeit kommen“, so Habeck. Im Frühjahr war er noch von einem geringen Wachstum ausgegangen. Ende September hatten schon die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Erwartungen nach unten korrigiert. Für 2025 stellte Habeck 1,1 Prozent Wachstum in Aussicht, für 2026 1,6 Prozent.
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„Deshalb müssen die Maßnahmen der Wachstumsinitiative jetzt entschlossen von allen umgesetzt werden.“ Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien im Moment nicht zufriedenstellend, sagte Habeck. Fehlende Innovationsbereitschaft sei das größte Problem für die deutsche Wirtschaft.
Außerdem schlägt der Wirtschaftsminister zusätzliche Maßnahmen vor: Eine deutliche Senkung der Netzentgelte und Bürokratieabbau zum Beispiel beim Datenschutz. „Maßgabe sollte sein: Nur was in der Praxis als Erleichterung ankommt, zählt“, sagte Habeck.
Deutsche Wirtschaft in der Krise – Wachstumspaket der Bundesregierung
Die Bundesregierung plant, mit folgenden Maßnahmen die Wirtschaft aus der Krise zu führen: Man hofft, dass der private Konsum ansteigt und mehr Industrieprodukte ins Ausland verkauft werden. Dies könnte dazu führen, dass deutsche Unternehmen wieder mehr Investitionen zutrauen. Die Bundesregierung setzt auf ihr Wachstumspaket mit Steuererleichterungen, Arbeitsanreizen und Strompreis-Vergünstigungen. Führende Wirtschaftsinstitute zeigten sich zuletzt jedoch skeptisch, ob das Paket überhaupt den nötigen Impuls bringen kann.
Die neuen Schulden wird der Bundestag bei den Haushaltsberatungen beschließen. Die Nettokreditaufnahme setzt sich aus einem konjunkturunabhängigen Defizit von 0,35 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung, also 14,4 Milliarden Euro, zusammen. Zusätzlich gibt es eine Konjunkturkomponente von derzeit 15 Milliarden Euro.
Außerdem plant Lindner schuldenfinanzierte finanzielle Transaktionen in Höhe von insgesamt 27,1 Milliarden Euro, darunter mehr Eigenkapital für die Bahn. Diese Transaktionen fallen nicht unter die Schuldenbremse, da den Verbindlichkeiten Vermögenswerte in gleicher Höhe gegenüberstehen. (jal/dpa)