Die Union und Robert Habeck: Verliebter Merz, unkeusche Merkel, zorniger Söder

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Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, nimmt im Plenum des Bundestags an der Sitzung teil. Thema sind die wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen für Unternehmen. © Kay Nietfeld/dpa/Collage

Plötzlich umgarnt Kanzler in spe Friedrich Merz die Grünen – und umgekehrt. Wo das nur hinführt? Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

München – „Alle 90 Sekunden verliebt sich ein deutscher Journalist in Robert Habeck“, hat Friedrich Merz mal gespottet. Jetzt hat Amors Pfeil ihn selbst getroffen, und wieder ist es nicht recht. Unions-Kumpel Markus Söder kann es nicht fassen, dass sich sein Kollege allen Ernstes mit Habeck als künftigen möglichen Wirtschaftsminister einer schwarz-grünen Koalition anfreunden kann, und ebenso wenig mag er seinen Zorn darüber für sich behalten. Man kann das alles mit Humor nehmen. Oder auch nicht. Tatsache ist, dass die meisten Wähler von CDU und CSU allzu plumpe Anbiederungsversuche an die Grünen genauso wenig schätzen wie das darum aufgeführte Theater der beiden Unionsschwestern.

Es spricht für sich, dass CDU-General Linnemann sogleich losgeschickt wurde, um die Worte seines Chefs wieder einzufangen. Vermutlich wollte Merz mit seinen ungelenken Flirtversuchen mit dem grünen Sonnyboy der deutschen Politik seine moderne Seite zeigen und beweisen, dass er nicht der angestaubte Retro-Konservative ist, für den ihn gerade viele Frauen und Jungwähler halten. Umgekehrt nützt es auch dem durchgefallenen Wirtschaftsminister Habeck, der sich gerade als grüner Pragmatiker neu zu erfinden versucht, wenn der schwarze Riese Merz ihm Entwicklungspotenzial zubilligt. Und richtig ist ja, dass die Schnittmengen zwischen der Union und den Grünen in der Außenpolitik (anders als bei der Migration) wachsen, während die SPD einen knüppelharten, fast schon unanständigen Angstwahlkampf gegen Merz führt.

Wenige Monate vor der Bundestagswahl kommt es zwischen Union und Grünen zu einer merkwürdigen Annäherung. Das ruft Kritik hervor.
Wenige Monate vor der Bundestagswahl kommt es zwischen Union und Grünen zu einer merkwürdigen Annäherung. Das ruft Kritik hervor. (Symbolfoto) © Kay Nietfeld/dpa

Annäherung zwischen CDU und Grünen: Doch Söders CSU bleibt Machtfaktor in Berlin

Doch geht das alles auf Kosten der bayerischen CSU. Deren Geschäftsmodell beruht darauf, dass man im Freistaat ganz prima ohne die Grünen auskommt, die Bürgerinnen und Bürger ergo auch nicht Freie Wähler oder AfD wählen müssen, um Grün zu verhindern. Mit diesem Kurs fährt Söder im Wahlkampf bisher gut. 45 Prozent prognostizierte ihm kürzlich eine Umfrage zur Bundestagswahl. Mit einem solchen Ergebnis wäre der bayerische Löwe ein Machtfaktor in Berlin, an dem auch ein Kanzler Merz nicht so einfach vorbeikäme.

Söder kann keinen Merz brauchen, der neuerdings redet wie die plötzlich wieder omnipräsente Altkanzlerin. Die rührige Buchverkäuferin brachte den Unions-Wahlkampf mit ihren nicht enden wollenden Interviewauftritten zuletzt ebenfalls gehörig durcheinander, sei es mit ihrer Ukraine-Rechthaberei, der Atom-Absage und ihrer unkeuschen Empfehlung, es doch mal mit den Grünen zu versuchen. Dafür hat Markus Söder seiner lieben Angela im vergangenen Jahr gewiss nicht den bayerischen Verdienstorden umgehängt. (Georg Anastasiadis)

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