„Richtig teure Tasse Tee“: Mit drei Fragen widerlegt Habeck die Atomkraft-Forderung von Unternehmerin

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Zurück in die Atomkraft? Wenn es nach Unternehmerin Ostermann geht, ja. Robert Habeck hält im TV dagegen – drei Fragen reichen, um ihre Forderung zu entkräften.

Hamburg – Was wusste Robert Habeck von den Vertuschungen rund um den Atomkraft-Ausstieg in seinem Ministerium? Wieder einmal steht der Wirtschaftsminister – wie bereits etwa bei seinen Plänen zum Heizungsgesetz – massiv in der Kritik. Im Raum steht jedenfalls unlängst der Vorwurf, Habecks Ministerium habe etwa mit gezielten Täuschungen die Laufzeitverlängerung der Atommeiler in Deutschland verhindert.

Das Echo war groß. Die Opposition etwa rief zügig nach Habecks Rücktritt. Auch Experten bewerteten die ganze Situation als „sehr bedenklich“. Parallel dazu gab es jedoch auch gegenteilige Äußerungen. Volker Quasching, Professor für regenerative Energien an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, nannte die Diskussion gegenüber IPPEN.MEDIA „völlig überflüssig“. Wo Habeck auch hinkommt, muss er sich dennoch aktuell Fragen und Diskussionen rund um das Thema Atomkraft gefallen lassen.

Unternehmerin fordert, in die Atomkraft „wieder einzusteigen“ – Habeck kontert sofort

So etwa auch bei Markus Lanz am Dienstagabend. Dort war der Wirtschaftsminister zu Gast – und musste sich auch hier Atomkraft-Ausführungen anhören. Gegenspielerin in der Talkshow war Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbandes der Familienunternehmer. „Sogar die Wirtschaftsweisen haben sich ja dafür ausgesprochen, die Atomkraftwerke weiter laufen zu lassen“, beginnt die Unternehmerin ihr Plädoyer, wieso uns eine Laufzeitverlängerung in der Energiepolitik geholfen hätte.

Es wäre auch ausgerechnet worden, dass das Abschalten zu „deutlich höheren Preisen geführt hat“. Die hohen Energiepreise hätten sich bis heute nicht geändert. Ihr Statement: „Es wäre auf jeden Fall besser gewesen, mit einem größeren Angebot für sinkende Preise zu sorgen.“ In vielen Ländern würden außerdem neue Atomkraftwerke gebaut, die moderner und auch sicherer sind als die alten Meiler. „Wir müssen darüber nachdenken, da wieder einzusteigen“, fordert sie. Dann folgt Habeck mit einer nur wenige Minuten andauernden Demontage dieses Plädoyers.

Atomkraft-Rückker in Deutschland? Unternehmerin Ostermann (r.) will das, Habeck erklärt, warum das nicht drin ist.
Atomkraft-Rückker in Deutschland? Unternehmerin Ostermann (r.) will das, Habeck erklärt, warum das nicht drin ist. © dpa | Helmut Fricke + dpa | Armin Weigel + dpa | Thomas Frey

Habeck stellt drei provokante Atomkraft-Gegenfragen – und braucht nur wenige Minuten, um Argumente zu widerlegen

„Das ist interessant“, beginnt der Wirtschaftsminister – und stellt drei Gegenfragen: „Wo bauen wir die? Wie viele bauen wir? Und wer zahlt dafür?“ Laut Habeck stehen Atomkraftwerke ja „nicht irgendwo“ und bittet, dass wenn man neue Atomkraftwerke fordert, wie es unlängst auch Markus Söder getan hat, man doch bitte auch Standorte für diese benennt. Diese wären laut Habeck, da der Norden ja seine Windenergie mache, wohl eher „im Süden stehen“. Offen bleibt die Frage: Wo geht der Atommüll hin? „Und ich glaube, ich orakele nicht, wenn er dann nicht in den Norden geht“, legt er dar.

Es wäre laut Habeck jedenfalls schwer zu verargumentieren, „wenn Markus Söder sagt, ich baue neue Atomkraftwerke und der Atommüll geht nach Niedersachsen“. Es wäre laut dem Wirtschaftsminister also „nur fair“, wenn man als Standort sich dann auch dem Atommüll annehmen würde und den Ort auch gleich benennt, „dass die Menschen wissen, woran sie sind“.

„Problematisch“ sei laut Habeck zudem noch die Finanzierung. Aus Großbritannien wisse man, dass ein dortiges neues, großes Atomkraftwerk „sehr, sehr teuer“ werde. „Es kostet wahrscheinlich 54 Milliarden Euro“. Das sei sogar so teuer, dass China beim Bau ausgestiegen sei. Oder wie Habeck es zusammenfasst: „Das wird die teuerste Kilowattstunde Strom, die Europa jemals gesehen hat“. Funktionieren würde das eben nur, wenn die Produktionsfirma einen garantierten Preis bekommt. Der wird in Großbritannien bei 14 Cent liegen“. In Deutschland läge der Handel bei Strom hingegen bei 5 bis 6 Cent. „Das ist mehr als doppelt so teuer, wie der Strompreis, den wir heute haben. Und der wird nicht reichen“, rechnet Habeck weiter vor.

„Richtig teure Tasse Tee“: Bei Lanz erklärt Habeck, wieso eine Atomkraft-Rückkehr wirtschaftlich unrealistisch ist

Um die 54 Milliarden Euro wieder hereinzubekommen, muss der Preis vermutlich weiter steigen. Damit dieses mehr aber eben nicht der Kunde zahlen müsse, werde wohl der Staat zur Kasse gebeten. Dann wendet Habeck sich direkt an Ostermann: „Der Vorschlag den Sie gerade gemacht haben, sagt, der Staat soll eine noch nicht bekannte Menge Atomkraftwerke für diesen Preis subventionieren. Das wird eine richtig teure Tasse Tee und ist eine krasse Investition. Das wird nicht marktwirtschaftlich funktionieren.“ Er lässt sich sogar noch tiefer ein: „Ich wette, es wird kein Unternehmen geben, das ohne staatliche Subventionen sagt, ich baue neue Atomkraftwerke.“

Dann bleibe noch die Frage der Bauzeit. In Frankreich läge die bei 15 Jahren, „und Frankreich liebt Atomkraftwerke“, erklärt Habeck. Ob der Bau in dieser Zeit wirklich stemmbar ist, bleibt abzuwarten, so der Grünen-Minister weiter. „Sagen wir mal, nur für das Argument, in Deutschland brauchen wir 20 Jahre, weil wir eben Deutschland sind und bei uns nichts schneller geht. Was machen wir eigentlich in den nächsten 20 Jahren?“. Die punktuell zuschaltbaren Gaskraftwerke, die man nun plane, seien laut Habeck „gemessen an dem Klimaschutz das günstigste Energiesystem“.

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