Neuer Spionage-Hammer: Regierung verschwieg offenbar Großangriff aus China

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird Mitte April 2024 während eines Staatsbesuchs von Chinas Präsident Xi Jinping empfangen. © Michael Kappeler/dpa

China soll jahrelang europäische Politiker ausspioniert haben. Die deutschen Behörden stehen nun unter Beschuss. Ihnen wird vorgeworfen, die Informationen vorenthalten zu haben.

Berlin/Peking – Die Spionage-Affäre rund um China und Deutschland reißt nicht ab. Wurde zuletzt noch ein Mitarbeiter des AfD-EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah der Spionage bezichtigt und mehrere Deutsche wegen des Spionageverdachts verhaftet, soll Peking zudem europäische Politiker systematisch ausspioniert haben – und das jahrelang. Darüber berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf den Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer.

Ex-Grünen-Chef mit heftiger Kritik an Deutschland und EU: „Duckmäusertum“ vor China

Der frühere Grünen-Chef sagte gegenüber der Bild, dass auch er Opfer eines chinesischen Hackerangriffs geworden sei. Vorwürfe erhob er dabei nicht nur gegen Peking, sondern auch gegen deutsche Behörden. „Das FBI hat deutsche Stellen schon 2022 über den Hackerangriff auf deutsche Parlamentarier informiert“, sagte Bütikofer. Die hätten diese Informationen den Betroffenen aber vorgehalten – das „wundert mich sehr“, so der 71-Jährige.

Die EU und Deutschland hätten damit „Duckmäusertum“ vor China bewiesen und die Spionage unter den Teppich gekehrt. Erst kürzlich positionierte sich Bütikofer deutlich gegen AfD-Spitzenpolitiker Maximilian Krah und der mutmaßlichen Peking-Spionage seines Mitarbeiters, als er den 47-jährigen Sachsen als „lautesten Vasallen Chinas“ bezeichnete.

Doch betroffen sind dem Bild-Bericht zufolge nicht nur Politiker, sondern auch Parlamentsabgeordnete, Wissenschaftler und Journalisten. Über Jahre habe die staatliche Hackergruppe „APT31“ die Ziele angegriffen und ausgespäht – darunter angeblich mindestens 400 Abgeordnete.

Offenbar Hunderte Abgeordnete von China-Spionage betroffen

Durch die Informationen der US-amerikanischen Geheimdienste habe man „mehr als 120 der Ziele von APT31 identifizieren“ können, sagte der Grünen-Politiker. Dazu zählen laut Bütikofer „neun Mitglieder des Europäischen Parlaments“ sowie „Abgeordnete der nationalen Parlamente“ in Deutschland. Die Bild nennt neben dem Ex-Grünen-Chef auch zwei weitere europäische EU-Abgeordnete: den hessischen Freie-Wähler-Politiker Engin Eroglu sowie Belgiens Ex-Premierminister Guy Verhofstadt. Ein Großteil sei aber noch nicht festgestellt worden.

Folglich gab es in den USA bereits eine Anklage gegen sieben mutmaßliche Hacker im Alter zwischen 35 und 38 Jahren. Doch während die Vereinigten Staaten und Großbritannien gleichzeitig Sanktionen verhängt hätten, habe man in Deutschland nicht reagiert. Die Handlungen der USA und Großbritannien seien konsequent gewesen, „von solchen Attacken darf man sich nicht einschüchtern lassen“. Doch für die Haltung Deutschlands zeigte Bütikofer kein Verständnis: „Warum haben die Zuständigen uns Betroffene bis heute nicht informiert? Wer traf diese Entscheidung? Warum wurde keine Transparenz geschaffen?“

Verfassungsschutz warnt: China nutzt sämtliche Methoden für Spionage

Ende April berieten in Berlin hochrangige Experten bei einer Sicherheitstagung über „Chinas Streben in der Welt“ – darunter auch der Verfassungsschutz. Das Europäische Parlament sei sowohl für Russland als auch für China eine wichtige Spielwiese, um Informationen abzugreifen beziehungsweise Entscheidungen zu beeinflussen, sagt Verfassungsschutz-Vizepräsident Sinan Selen der Deutschen Presse-Agentur.

Auf die Frage, ob er den Eindruck habe, dass es bei deutschen Parlamentariern im Bundestag oder Europaparlament schon erfolgreiche Einflussnahme chinesischer Geheimdienste gegeben habe, sagt er damals auf einer Pressekonferenz: „Ja, das muss man mit einkalkulieren“. Es gebe einen politischen Austausch mit China. Der sei „mehr als gewünscht“ und kein Thema für den Verfassungsschutz. Daneben gebe es aber auch illegitime Methoden. Und es sei davon auszugehen, dass China auch in Deutschland die gesamte Bandbreite der Methoden nutze. (nak)

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