Zoff um den Atomausstieg: Ein Cicero-Bericht um Geheimakten bringt Habeck unter Druck. Die Union fordert den Rücktritt. Dabei war sie mal für das AKW-Aus.
Berlin – Die Union droht Robert Habeck in der Debatte um die AKW-Papiere mit Konsequenzen. „Die Grünen haben beim Atomausstieg massiv gelogen und manipuliert!“, schrieb die CSU auf X. Und Unionsfraktionsvize Thorsten Frei teilte dort mit: „Habeck sollte unverzüglich sämtliche Akten zum Aus der AKW auf den Tisch legen. Ansonsten droht ein Nachspiel.“
CSU-Generalsekretär Martin Huber hatte zuvor zu focus.de gemeint: „Ein Minister, dessen Haus wider besseres Wissen so großen Schaden für die deutsche Wirtschaft und Energieversorgung verursacht, ist nicht mehr tragbar.“ Den bislang größten deutschen Atomausstieg legten aber nicht die Grünen hin, er fand unter einer CDU-Kanzlerschaft statt.
Nach Bericht vom Cicero: Habeck nennt Vorwürfe zum AKW-Aus und den Geheimakten „verkürzt“
Auslöser der aktuellen Debatte ist ein Cicero-Bericht. Demnach sollen sowohl im Wirtschafts- als auch im Umweltministerium im Frühjahr 2022 interne Bedenken zum geplanten Atomausstieg unterdrückt worden sein. Die Opposition wirft dem Ministerium vor, Geheimakten geführt zu haben. Im Februar 2022 begann der Ukraine-Krieg, und Deutschland war stark von russischem Gas abhängig.
Habecks Wirtschaftsministerium wies die Vorwürfe zurück. Die Darstellung von Cicero sei „verkürzt und ohne Kontext“. Wichtige Informationen hätten Habeck nicht erreicht, schrieb das Magazin. Habeck antwortete auf die Vorwürfe, die Annahme, es habe eine Art „Geheimwissen“ gegeben, das ihn nicht erreicht habe, sei falsch. Später war der Betrieb von drei deutschen AKW zur Sicherung der Stromversorgung doch noch bis Mitte April 2023 verlängert worden.
Zoff um Habecks AKW-Kurs: Merkel und Söder wollten den Atomausstieg
Ursprünglich geht der deutsche Atomausstieg allerdings zurück auf die Entscheidung einer schwarz-gelben Bundesregierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Physikerin reagierte damit auf die Atomkatastrophe von Fukushima 2011. Im selben Jahr zog dann CSU-Chef Markus Söder nach und legte eine Kehrtwende beim AKW Isar 1 hin: Der bayerische Meiler solle vom Netz, der Atomausstieg müsse schneller kommen.
Die CSU wollte sogar die Speerspitze des Atomausstiegs werden. Laut den von ihr verabschiedeten „energiepolitischen Leitlinien“ sollten bis zum Jahr 2022, besser noch 2020, alle Atomkraftwerke abgeschaltet sein – noch bevor sich CDU und FDP auf ein Datum festlegen wollten, schrieb die Zeit damals. Dabei hatte Bayern bundesweit die meisten Meiler (fünf von 17) und bezog zu dem Zeitpunkt 60 Prozent seines Stroms aus Atomkraft, staunte die Zeit.
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2022 wiederum sahen Söders Meinung – aber auch die Umstände – ganz anders aus. Bayerns Ministerpräsident wollte lieber Atomkraft statt Russengas und forderte den „Streckbetrieb“. Noch vergangenen Monat sprach sich Söder für Kernenergie aus. Sollte der Grünen-Politiker Habeck die Aufklärung im Streit um die AKW-Akten „verweigern“, hat die Union inzwischen auch einen möglichen Untersuchungsausschuss ins Gespräch gebracht. (frs)