Warum selbst ein Sieg im Ukraine-Krieg Putin zum Verhängnis werden kann
Warum Putin selbst ein Sieg im Ukraine-Krieg zum Verhängnis werden könnte
Putins „Hauptmotor“ der russischen Wirtschaft ist der Ukraine-Krieg. Die Schäden der „Kriegswirtschaft“ werden größer – und hinterlassen jetzt schon Spuren.
Moskau – Russland ist aufgrund der wirtschaftlichen Situation zu einem ewigen Krieg verdammt. Lange wird die Regierung von Wladimir Putin dem wirtschaftlichen Druck nicht standhalten können. Inzwischen ist Russlands Wirtschaft so abhängig vom Ukraine-Krieg, dass Putin es sich weder leisten kann, den Krieg zu gewinnen noch zu verlieren, argumentieren Ökonomen.
Putins Wirtschaft zu ewigem Krieg gegen die Ukraine verdammt
Ein Blick auf die jüngsten Wirtschaftsdaten zeigt: Nach einem Rückgang im Jahre 2022, soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Russland 2023 um 3,6 Prozent gestiegen sein. Das staatliche Statistikamt in Russland hatte Mitte Februar dazu Zahlen veröffentlicht.
Doch die guten Zahlen trügen und gelten als Versuch Putins, Probleme der russischen Wirtschaft zu vertuschen. Das russische Wirtschaftwachstum im Ukraine-Krieg ist hauptsächlich auf die hohen Staatsausgaben zurückzuführen. „Militärischer Sold, Munition, Panzer, Flugzeuge und Entschädigungen für tote und verwundete Soldaten tragen alle zu den Zahlen des BIP bei. Einfach ausgedrückt: Der Krieg gegen die Ukraine ist jetzt der Hauptmotor des russischen Wirtschaftswachstums“, erklärt Wirtschaftsexperte Renaud Foucart in einem Meinungsartikel für The Conversation.
Ähnlich wie Foucart argumentiert auch der britische Ökonom Roger Bootle in einem Artikel von The Telegraph. Zusätzliche Ausgaben, die durch einen Krieg ausgelöst werden, können zwar der Wirtschaft einen Schub geben. So sei es auch in Deutschland in den 1930er Jahren ergangen. Auch in den USA wurde die Kriegsproduktion enorm gesteigert. Doch diese Art des Erwirtschaftens sei langfristig zum Scheitern verurteilt.
Russische Wirtschaft wächst dank Militärausgaben – doch andere Bereiche leiden
Indes leiden andere Bereiche der russischen Wirtschaft unter dem anhaltenden Krieg: Russland steckt aufgrund der hartnäckigen Inflation und des Fachkräftemangels vor großen Herausforderungen. Die Inflation ist mit 7,4 Prozent hoch – fast doppelt so hoch wie das Vier-Prozent-Ziel der Zentralbank. Unterdessen sind die Direktinvestitionen im Land laut Business Insider eingebrochen und fielen nach Angaben der russischen Zentralbank in den ersten drei Quartalen 2023 um 8,7 Milliarden Dollar (etwa acht Milliarden Euro).
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Auch der Mangel an Arbeitskräften wird sich im Jahr 2024 offenbar nicht verbessern. Alleine im Jahr 2022 und 2023 hat der Mangel an Arbeitskräften in Russland stark zugenommen. Wie die russische Zeitung Izwestija unter Berufung auf das Institut für Wirtschaft der Russischen Akademie der Wissenschaften berichtet, fehlen zur Zeit 4,8 Millionen Menschen. Die Entwicklung werde vermutlich 2024 andauern. Laut dem Autor der Studie, Nikolaj Achapkin, werden besonders Fahrer und Ladenarbeiter gesucht.
Verluste für Putin – Russland muss auf Hilfe von Verbündeten setzen, doch die wollen nicht
Hinzu kommen die Truppenverluste, die laut Bootle auf über 350.000 gefallenen und verwundeten Russen geschätzt werden. Die kriegsbedingte Auswanderung werde inoffiziell auf über eine Million geschätzt. Dies entspricht insgesamt etwa einem Prozent der russischen Bevölkerung.
Die wirtschaftlichen Krisen verleiten Putin dazu, sich immer mehr Hilfe von Drittländern und Verbündeten einzufordern. Doch die westlichen Sanktionen haben auch bei ihnen Unruhe ausgelöst. Verbündete Putins, die als treue Geschäftspartner gelten, wollen ihre Deals einstellten. Chinesische Banken wollen Geschäfte mit russischen Kunden beenden und auch Banken der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) kehren Putin aus Sorge vor Sanktionen den Rücken zu.
Putin wird den Krieg gegen die Ukraine wohl nie gewinnen
Trotz der wirtschaftlichen Lage will Putin für das Jahr 2024 Militärausgaben in Rekordhöhe einplanen. Diese sollen sechs Prozent des BIP ausmachen. Allerdings stellt sich die Frage, wie lange Putin seine Wirtschaft weiterführen kann, bis sie zusammenbricht. Selbst wenn Russland den Krieg gewinnen sollte, wird Putin sich den Wiederaufbau wohl nicht leisten können. „Die voraussichtlichen Kosten für den Wiederaufbau des besetzten Gebiets sind bereits enorm“, schreibt Foucart. Es könnte also lange dauern, bis sich die russische Wirtschaft erholen wird – wenn sie es denn schafft. (bohy)