Drei Jahre Ukraine-Krieg: Selbst der Kreml kann den Abschwung von Russlands Wirtschaft nicht leugnen
Trotz des Kriegs in der Ukraine entwickelt sich Russlands Wirtschaft besser als erwartet, doch „der Festtag geht zu Ende“, warnen Experten. Der Kreml sieht sich zunehmend mit der Realität eines bevorstehenden Abschwungs konfrontiert.
Moskau – Fast drei Jahre nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in die Ukraine geht es Russlands Wirtschaft besser als zunächst angenommen. Statistisch gesehen lief das vergangene Jahr für die Wirtschaft hervorragend, wie die Deutsche-Presse Agentur (dpa) berichtet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im Vergleich zu 2023 leicht gewachsen, und einige Branchen profitierten von höheren Absätzen. Das wird laut den Experten jedoch nicht so bleiben – viele Sektoren in Russland kämpfen mit den Konsequenzen der russischen Kriegswirtschaft, sowie den westlichen Sanktionen. Selbst der Kreml kann das unmittelbare Nachlassen des Wirtschaftswachstums nicht mehr leugnen.

Russische Rüstungsindustrie boomt, doch der drohende Abschwung zeichnet sich bereits ab
Der russischen Wirtschaft scheint es auf den ersten Blick gutzugehen. Der Regierungschef Michail Mischustin erwähnte gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Anfang Februar eine Wachstumssteigerung des BIP von etwa 4,1 Prozent in 2024. Dieses Wachstum wird vor allem durch die florierende Rüstungsindustrie angetrieben, die von zahlreichen staatlichen Aufträgen profitiert. Zudem steigerte die russische Automobilbranche ihren Absatz um 50 Prozent, während die Düngemittelindustrie ein Plus von rund 30 Prozent verzeichnete. Auch der Weinanbau wuchs durch die Marktabschottung Russlands um 30 Prozent.
Dennoch erklärt Natalja Subarewitsch, eine bekannte Wirtschaftswissenschaftlerin, gegenüber der dpa: „An einer Unmenge von Indikatoren sehen wir: Der Festtag geht zu Ende.“ Sie bezeichnet die Zahlen als ohnehin zweifelhaft und prognostiziert ein langfristig gering ausfallendes Wachstum bei hoher Inflation.
Auch Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow warnt vor einem drohenden Abschwung, der sich bereits abzeichnet. Zudem sprechen russische Analysten von Stagflation – einer Mischung aus wirtschaftlicher Stagnation und hoher Inflation. Vertraute Quellen berichteten Reuters, dass selbst Putin zunehmend die Schieflage der Kriegswirtschaft besorgt. Dennoch erhofft sich die russische Regierung eine weiche Landung mit zwei bis 2,5 Prozent Wachstum.
Sanktionen, Inflation und Arbeitskräftemangel – Folgen der Kriegswirtschaft setzen russischen Branchen zu
Während der Rüstungssektor durch die vielen Staatsaufträge boomt, kämpfen andere Sektoren in Russlands Wirtschaft mit Inflation und dem Mangel an ausgebildeten Arbeitskräften, den sie nicht die gleichen Gehälter bieten können wie die Rüstungsindustrie. Davon betroffen ist vor allem der Immobiliensektor, dessen Nachfrage in der Hauptstadt Russlands um ein Drittel eingebrochen ist. Damit verbunden stecken die Baustoffbranche und der Stahlsektor in der Krise, sowie der Kohlesektor. Trotz höherer Absätze im Automobilsektor in 2024, geht auch hier der Branchenfachverband AEB von einem Rückgang der Verkäufe um etwa 15 Prozent aus, aufgrund steigender Ausgaben und Problemen bei der Kreditfinanzierung.
Die Inflation in Russland wird durch massive staatliche Investitionen angeheizt und trieb die Inflationsrate im Februar im Vergleich zum Vorjahr auf 9,9 Prozent. Um gegenzusteuern, wurde der Leitzins auf 21 Prozent angehoben, was Kredite verteuert und Investitionen hemmt – eine langfristige Belastung für die Wirtschaft.
Durch westliche Sanktionen verzeichnete Gazprom, ein zentraler Pfeiler der russischen Wirtschaft, 2024 ein Milliardendefizit, das sich durch Steuererhöhungen weiter verschärfen dürfte. Zusätzliche Maßnahmen gegen die russische Schattenflotte erschweren den Öltransport. Der Verlust des europäischen Marktes bleibt ein schwerer Rückschlag, den China allein nicht ausgleichen kann.
Meine News
Russische Elite fordert Verhandlungslösungen – Trump redet Ende des Monats mit Putin
Nach Angaben von mit der Angelegenheit vertrauten Personen gegenüber Reuters ist ein Teil der russischen Elite der Ansicht, dass Verhandlungslösungen für den Krieg wünschenswert seien. Die französische Presseagentur AFP berichtete, dass sich US-Präsident Donald Trump, laut eigener Aussage, Ende des Monats mit Putin treffen werde, um über den Ukraine-Krieg zu sprechen. Der Republikaner hat bereits in seinem Wahlkampf angekündigt, den Krieg zwischen der Ukraine und Russland beenden zu wollen, sobald er im Amt ist.
Am 18. Februar fanden in Riad erste Gespräche zwischen Vertretern der USA und Russland statt, nach denen Trump sagte, er sei „sehr zuversichtlich“ hinsichtlich eines baldigen Endes des Krieges. Zudem machte er den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj für das lange Andauern des Konflikts verantwortlich. Selenskyj seinerseits zeigte sich enttäuscht darüber, dass in Riad „über die Ukraine ohne die Ukraine“ gesprochen wurde. Laut Trump sollen auch Truppen aus Europa dazu beitragen, den möglichen Frieden in der Ukraine abzusichern, da die USA „sehr weit weg“ seien.