Festgefahrene Front im Ukraine-Krieg: Kampf um Tschassiw Jar könnte Wendepunkt für Russland werden
Tschassiw Jar, Schlüsselstandort im Ukraine-Krieg, steht unter großem Druck durch Putins Armee. Eine wichtige Brigade wird abgezogen. Kann die Stadt gehalten werden?
Kiew – Die Situation im Ukraine-Krieg ist festgefahren. Jetzt hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auch noch Probleme abseits der Front. Die ukrainische Stadt Tschassiw Jar wurde lange von der 67. mechanisierten Infanterie gehalten und verteidigt. Nun wird die Brigade plötzlich abgezogen – aufgrund von Differenzen zwischen dem Verteidigungsministerium in Kiew und rechten Extremisten der Gruppe.
Das Problem einzelner rechter Gruppen im Militär hatte die Ukraine bisweilen gut im Griff. Nach wochenlangem Hin und Her hat das Verteidigungsministerium nun entschieden: Die Brigade wird von der Stadt abgezogen und von der Front verlegt. Die 67. mechanisierte Brigade hielt die Stellung an der strategisch wichtigen Stadt Tschassiw Jar. Der Zeitpunkt hätte nicht unpassender sein können.
Denn: Die russischen Truppen sind auf dem Vormarsch – gerade jetzt benötige die Stadt mehr Feuerkraft, wie Forbes berichtet. Die regionale Brigade, die als Ersatz herhalten muss, ist der mechanisierten Brigade allerdings deutlich unterlegen. Nun müssen Drohnen die fehlende Sprengkraft kompensieren, um Wladimir Putins Truppen abzuwehren.

Geografisch wichtige Position macht Tschassiw Jar zum Schlüssel der Donezk Region im Ukraine-Krieg
Jetzt, da die Brigade abgezogen wurde, steht es schlecht um die Verteidigung. Bereits im Januar spaltete sich eine medizinische Versorgungseinheit und eine Angriffstruppe von der Brigade ab. Schon damals gab es Berichte von Differenzen zwischen der Führung und den untergeordneten Truppen. Nun waren die Probleme allerdings so gravierend, dass man die Brigade verlegen musste. Und das, obwohl sich der Kreml das Ziel gesetzt hatte, die Stadt bis spätestens zum 9. Mai eingenommen zu haben.
Und die Stadt an der ukrainischen Front ist in einer geografisch wichtigen Position. Auf einer Anhöhe überblickt Tschassiw Jar die Städte Kostjantyniwka und Kramatorsk. Vor allem der Kanal Distrikt muss verteidigt werden, um Russlands Armee langfristig aus der Stadt fernzuhalten. Frontelligence Insight, eine ukrainische Gruppe für Militäranalyse, ist sich sicher: „Sollte die Ukraine die Kontrolle über Tschassiw Jar verlieren, könnte das schwerwiegende Folgen haben.“
Die Ukraine braucht Verstärkung, um die Donezk Region halten zu können
Ein Sprecher des ukrainischen Militärs, Nazar Voloshyn, äußerte sich in einem Statement: „Wenn es den russischen Besatzern gelingt, diese Stadt einzunehmen, haben sie die Möglichkeit, eine Offensive auf Kostjantyniwka, Druzhkivka, Kramatorsk und Slowjansk zu starten.“ Und diese Städte seien die letzten Bollwerke der Ukrainer, in der Donezk Region, wie Voloshyn noch anmerkte. Sollte Tschassiw Jar fallen, könnte das somit einen Dominoeffekt für die gesamte Donezk Region auslösen, wonach die übrigen Städte nicht mehr gehalten werden können.
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Bis auf 500 Meter sollen russische Truppen bisher an die Stadt herangekommen sein, wie auf Politico zu lesen ist. Zwar ist die ukrainische Stadt nach wie vor unter der Kontrolle Kiews, aber Tschassiw Jar brauche dringend Verstärkung. Und auch die Soldaten vor Ort haben schon bessere Tage gesehen. „Die Qualität der Ausbildung, einschließlich der moralischen und psychologischen Komponente, muss verbessert werden“, sagte Oleksandr Syrskyi, der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte.
Um die ukrainische Stellung besser zu verteidigen, sollen jetzt mehr Hightech-Drohnen und Roboter in Tschassiw Jar stationiert werden. Syrskyi kündigte an, dass die Garnison der Stadt zusätzlich mit „unbemannten Hightech Systemen für verschiedene Zwecke, mit geschultem Personal“ versehen werden soll. Ob das den russischen Vormarsch vorerst bremsen wird, bleibt zu hoffen. (SiSchr)