Putin als Verlierer? Was drei Jahre Krieg mit der Wirtschaft beider Länder gemacht haben
Nach mehreren Jahren Ukraine-Krieg wird auch Putin die Folgen für Russlands Wirtschaft nicht leugnen können. Auch die Ukraine leidet – für einen gibt es nach dem Krieg aber bessere Perspektiven.
Moskau – Im Krieg gibt es immer einen Gewinner und einen Verlierer. Zum dritten Jahrestag des Ukraine-Kriegs, 24. Februar 2025, zeichnen sich erste Bilanzen ab: Sollte der Konflikt noch mehrere Jahre andauern, ist bereits jetzt schon ersichtlich, welches Land künftig Vorteile haben wird. Die Gründe sind oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich.
Jahrestag im Ukraine-Krieg – Russlands Wirtschaft leidet unter Folgen und Sanktionen
Für Wladimir Putin zählt seit Beginn der Invasion der Ukraine-Krieg zu seiner obersten Priorität. Blickt man generell auf den Zustand der russischen Wirtschaft, wird deutlich, dass der Ukraine-Krieg durchaus Spuren hinterlassen hat. Wichtige Handelspartner haben sich nach verschärften Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft von wichtigen Deals abgewandt – so will Indien kein sanktioniertes, russisches LNG mehr kaufen und Chinas Banken schränken den Zahlungsverkehr ein. Zudem pumpt Putin Unmengen an Geld in die Verteidigung und den Rüstungssektor, wodurch die russische Wirtschaft zunehmend auf den Ukraine-Krieg angewiesen ist und zu überhitzen droht.
Jedoch hat sich das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut dem IWF sei Beginn des Kriegs erholt und lag in den letzten beiden Jahren jeweils bei 3,6 Prozent. Trotz umfassender Sanktionen haben russische Fabriken weiterhin die Komponenten und Rohstoffe beschafft, die sie brauchen, um die Kriegsmaschinerie am Laufen zu halten.
Jahrestag des Ukraine-Kriegs: Wie robust ist Russlands Wirtschaft? Ukraine hat größere Lichtblicke
Ist Russlands Wirtschaft also doch robuster, als der Westen geglaubt hat – auch nach mehreren Jahren Ukraine-Krieg? Analysten warnen vor voreiligen Schlüssen. Auch die ukrainische Wirtschaft litt zwar unter den Folgen des Ukraine-Kriegs. Während die Ukraine im Jahr 2023 noch ein Wachstum von 5,3 Prozent zu verzeichnen hatte, sollen es 2024 lediglich noch 3,0 Prozent sein. Zu diesem Schluss kam jüngst der Wirtschaftsbericht der European Bank of Reconstruction and Development. Zudem dürften die Ukraine und die westlichen Partner sich über die hohen Wiederaufbaukosten nach dem Krieg bewusst sein.
Doch es gibt größere Lichtblicke: Richtet man vor allem den Blick auf die Zeit nach dem Ukraine-Krieg, spricht vieles dafür, dass die Ukraine besser aufgestellt sein wird. Putins Bemühungen, die nötige Verwüstung anzurichten und die ukrainische Bevölkerung zu unterwerfen, seien gescheitert, sagte Christopher Dent, Professor für Wirtschaftswissenschaften und Internationales Geschäft an der Business School der Edge Hill University. Für einen Investor sei Ukraine, sollte es zu einem Ende des Ukraine-Kriegs kommen, für einen Investor die bessere Wahl, sagte Dent gegenüber The Guardian.
Ukraine-Krieg schadet auch ukrainischen Wirtschaft – die bleibt jedoch robust
Zudem ist es der Ukraine gelungen, einen Schwarzmeer-Exportkorridor entlang der Küste zu eröffnen, der dabei hilft, ein wirtschaftliches Ass auszuspielen. Konkret geht es hier um den Export von „umfangreichen“ landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie anderer Massengüter der Ukraine. Zum Beispiel spielt sie weit vorn mit, was Metall- und Erzproduktion angeht. Die Nutzung dieses Seekorridors nimmt langsam zu und belebt die Landwirtschaft, die Metallindustrie sowie den Bergbau.
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Für die nächsten zehn Jahre ist zu erwarten, dass die Ukraine über viele seltene Metallvorkommen verfügt, deren Wert einigen Schätzungen zufolge bei 11 Billionen US-Dollar liegt. Alleine am heutigen Sonntag, 23. Februar 2025, hat die Ukraine den Wert ihrer strategischen Rohstoffe in von Russland besetzten ukrainischen Gebieten auf rund 350 Milliarden Dollar (rund 335 Milliarden Euro) beziffert. „In den vorübergehend besetzten Gebieten befinden sich nützliche strategische Rohstoffe im Wert von etwa 350 Milliarden Dollar“, sagte die ukrainische Vizeministerpräsidentin Julia Swyrydenko am Sonntag vor Journalisten in Kiew. Auch Trump ist an den Rohstoffen in der Ukraine interessiert.
Ist die ukrainische Wirtschaft Russlands Wirtschaft überlegen? Strommarkt erholt sich
Eine weitere Branche, die den Folgen des Ukraine-Kriegs und russischen Angriffen trotzte, ist die Energiewirtschaft. Während die Stromimporte von Januar 2024 bis zum letzten Monat um die Hälfte von 123 GWh auf 183 GWh gestiegen sind, sind die Exporte im gleichen Zeitraum von nur 5 GWh auf 85 GWh gestiegen. .„Dies spiegelt die wachsende Rolle der Ukraine im europäischen Supernetz wider“, sagt Dent, wobei die Stromexporte hauptsächlich nach Moldawien, Ungarn und Rumänien gehen.
Auch in der Finanzwirtschaft ist die ukrainische Wirtschaft besser aufgestellt. Russlands Inflationsrate mag zwar niedriger sein als die der Ukraine, doch der Zinssatz, der erforderlich ist, um einen weiteren Anstieg zu verhindern, ist mit 21 Prozent noch drakonischer. Die Kreditkosten der Ukraine liegen bei 14,5 Prozent verglichen mit 22 Prozent im Jahr 2022.
Lockere Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft? Putin könnte mehr wollen von Trump
Dennoch gibt es noch viele Unklarheiten. Unter anderem stellt sich die Frage, was für einen Einfluss Donald Trumps Kurswechsel im Ukraine-Krieg für wirtschaftliche Auswirkungen für Russland haben wird. In den vergangenen Tagen bahnte sich eine Annäherung bei den Gesprächen zwischen Russland und den USA an, die sogar ein Ende aushandeln sollten. Experten zufolge wäre sogar eine Lockerung der Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft möglich.
Besonders eine Lockerung der wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Energiesektor (Maßnahmen gegen Putins Schattenflotte, die seine Öl-Einnahmen einschränken oder Sanktionen gegen das russische LNG) würde für Putin wirtschaftlich Vorteile bringen. Richard Connolly, Russlandexperte am Royal United Services Institute, widerspricht jenen, die glauben, Moskaus Kriegsmaschinerie und der dahinter stehenden Wirtschaft gehe die Puste aus. Doch Putin wird es wohl mehr als nur um Russlands Wirtschaft gehen. Ob deshalb ein Deal zwischen den USA und Russland überhaupt zustande kommt, steht in den Sternen. (bohy)