US-Wahl-Umfragen: Meinungsforscher berichtet – „Leute schrien uns ‚Trump‘ entgegen“

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Harris führt in einer Umfrage zur US-Wahl in einem wichtigen Swing State. © Mike Stewart/Carlos Osorio/dpa (Montage)

Für die US-Wahl gibt es unzählige Umfragewerte, wer die größere Wählerschaft hinter sich versammeln kann. Aber sind diese Prognosen überhaupt zuverlässig?

Washington, D.C. – Einmal liegt Kamala Harris vorne, einmal Donald Trump, dann wieder Kamala Harris. Es ist ein enges Rennen im US-Wahlkampf. Wer ins Weiße Haus einziehen wird, kann erst nach der Wahl wirklich festgestellt werden. Am 5. November ist Wahltag. Bis zum 11. Dezember bestätigen die Bundesstaaten ihr Ergebnis, sechs Tage später übermitteln die Wahlleute ihre Ergebnisse an den Kongress, das Repräsentantenhaus und der Senat formalisieren die Ergebnisse der US-Wahl am 6. Januar und der nächste Präsident wird am 20. Januar vereidigt.

Ein langer Weg von der Wahlurne bis zum Weißen Haus. Trotzdem werden schon vor der US-Wahl Umfragen und Prognosen zu den Ergebnissen der US-Wahl veröffentlicht. Aber wie zuverlässig sind diese Erhebungen wirklich bei einem so knappen Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Trump und Harris?

Umfragen vor der US-Wahl: Die versteckten Trump-Wähler

Obwohl Hillary Clinton bei der US-Wahl 2016 in den Umfragen die klare Favoritin war, gewann Trump die US-Wahl. Auch 2020 fiel der Vorsprung von Joe Biden geringer aus, als die Meinungsforscher es vorhergesagt hatten. Experten zufolge liege das daran, dass ein großer Teil der Trump-Wählerschaft sich weigere, an Umfragen teilzunehmen.

„2020 schrien uns viele Leute am Telefon einfach nur ‚Trump!‘ entgegen und legten auf“, sagt Don Levy, Leiter des Siena College Research Institute, das Umfragen im Auftrag der „New York Times“ erhebt. Damals berücksichtigten die Forscher diese Befragten nicht. Inzwischen registriere man aber auch Antworten von Menschen, die auflegen, bevor alle Fragen gestellt sind. Außerdem rufe das Institut Personen, die beim ersten Mal nicht abheben, mehrmals an, um „mehr potenzielle Trump-Wähler“ zu erreichen, sagt Levy.

Unterrepräsentiert in Umfragen zur US-Wahl: Die Gewichtung der Antworten

Meinungsforschungsinstitute wie das Pew Research Center experimentieren mit verschiedenen Methoden – etwa Befragungen per Telefon und online –, um eine möglichst repräsentative Stichprobe der Bevölkerung zu erreichen. Dabei spielt die Gewichtung der Antworten eine zentrale Rolle: Wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen, etwa ländliche Republikaner, in der Umfrage unterrepräsentiert sind, werden ihre Antworten stärker gewichtet, um diese Verzerrung auszugleichen.

Ein zentrales Problem bleibt jedoch die Unsicherheit über die Zusammensetzung der Wählerschaft, da Prognosen nur auf Annahmen basieren können, die aus früheren Wahlen und anderen Faktoren abgeleitet sind. Joshua Clinton von der Vanderbilt University, äußert Bedenken zur ausschließlichen Gewichtung auf Basis früherer Wahlen, da sich die politische Motivation der Wähler ändern kann. Er warnt davor, den Fokus zu stark auf die Gewichtung republikanischer Wähler zu legen, weil dadurch demokratische Stimmen unterschätzt werden könnten. In Michigan zum Beispiel hatten Umfragen bei den Zwischenwahlen 2022 die demokratische Unterstützung zu niedrig eingeschätzt, was zeigt, dass Wahlprognosen unsicher bleiben.

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Das geheime Wahlrecht: „Schüchterne Harris-Wähler“ könnten entscheidend sein

Es bestehe auch die Möglichkeit, dass sich Menschen nicht trauen, öffentlich über ihre Wahlentscheidung zu sprechen. „Schüchterne Harris-Wähler“, die vielleicht unter überzeugten Trump-Fans leben, könnten sich nicht für Harris bekennen, vermutet Levy.

Zuletzt hatte das Wahlkampfteam von Harris einen Wahlwerbespot veröffentlicht, in dem dieses Thema aufgegriffen wird. In dem Video gehen eine Frau und ihr Mann gemeinsam in ein Wahllokal. Während sie ihre Stimme in der Wahlkabine abgibt, hört man die Aussage, dass jede Person frei wählen kann, ohne dass jemand erfährt, für wen sie gestimmt hat. Die Frau kreuzt Kamala Harris an. Danach fragt der Mann, ob sie die „richtige“ Wahl getroffen habe – sie bejaht. Mit dem Satz „Was in der Wahlkabine passiert, bleibt in der Wahlkabine“ endet das Video und unterstreicht das Prinzip des geheimen Wahlrechts.

Das Rennen im US-Wahlkampf ist knapp. Courtney Kennedy vom Pew Research Center warnt davor, die Umfrageergebnisse überzuinterpretieren und sich präzise Prognosen zu erhoffen – das sei „bloßes Wunschdenken“, angesichts der statistischen Unsicherheit in einem so ausgeglichenen Rennen. (AFP/lw)

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