„Schockierende Umfrage“ für Trump: Was Iowa bei der US-Wahl so brisant macht
Eine Umfrage zur US-Wahl 2024 sieht Kamala Harris im „Red State“ Iowa überraschend vorne. Ihr Ergebnis dürfte für Donald Trump aus zwei Gründen besorgniserregend sein. Eine Analyse.
Des Moines – Das „heute journal“ des ZDF berichtete am Montagabend (4. November) von einer Entwicklung zur US-Wahl 2024, die niemand so recht auf der Rechnung gehabt habe. Donald Trump und die Republikanische Partei könnten auf der Zielgeraden einen sicher geglaubten konservativen „Red State“ verlieren: Iowa.
Iowa bei der US-Wahl 2024: Umfrage sieht Kamala Harris vor Donald Trump
Und mit der Stimmenmehrheit in dem US-Bundesstaat könnte Trump gleich sechs Wahlleute für das Electoral College einbüßen, das im zweiten Schritt die künftige Präsidentin oder den künftigen Präsidenten der USA benennt – gebunden an das Ergebnis der Bevölkerung. Lange wurde von sämtlichen Beobachtern in den Vereinigten Staaten von einem Sieg Trumps in Iowa ausgegangen.
Doch eine aktuelle Umfrage sieht Kamala Harris von den Demokraten plötzlich vorn. Das „heute journal“ stellte in seiner Berichterstattung zur US-Wahl die Frage auf, ob sich daraus eine Trendumkehr weit über die Grenzen Iowas hinaus ableiten lasse. Das muss letztlich der Urnengang an diesem Dienstag (5. November, Ortszeit) zeigen – nach mitteleuropäischer Zeit mitten in der Nacht bis zum frühen Mittwochmorgen.

US-Bundesstaat Iowa: Donald Trump und Republikaner glaubten fest an einen Sieg
Die Meinungsforscherin Ann Selzer hatte am Samstag (2. November) ihre Umfrage zu dem US-Bundesstaat im Mittleren Westen veröffentlicht. Demnach käme die 60-jährige Harris auf 47 Prozent der Stimmen, der 78-jährige Trump nur noch auf 44 Prozent. Dabei hatte Trump bei der US-Wahl 2016 in Iowa überdeutlich mit 9,5 Prozentpunkten Vorsprung auf Hillary Clinton von der Demokratischen Partei gewonnen. 2020 blieb er zudem 8,2 Prozentpunkte vor Amtsinhaber Joe Biden (Demokraten) – mit 53,2 zu 45,0 Prozent der Stimmen. Iowa hat knapp 3,2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Rund ein Drittel davon hat laut US-Census deutsche Vorfahren.
Die soziokulturelle Zusammensetzung der Bevölkerung des stark ländlich geprägten Staates spricht eigentlich für mehr Stammwähler der Republikaner. Konkret: Fast 90 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner sind Weiße, knapp fünf Prozent werden den Hispanics zugerechnet, also lateinamerikanischer Herkunft, rund drei Prozent sind afroamerikanischer Herkunft. Trumps Wähler gelten laut „heute journal“ eher als Weiße und auf dem Land lebend. Und: Da Trump sich gegen Hispanics und Afroamerikaner immer wieder im Ton vergriffen oder diese gar verunglimpft hat, wird er von diesen Bevölkerungsgruppen in der Regel kritischer gesehen.
Swing States bei der US-Wahl 2024: | Wahlleute für das Electoral College: | Einwohnerinnen und Einwohner: |
---|---|---|
Pennsylvania | 19 | 12,96 Millionen |
Georgia | 16 | 11,03 Millionen |
North Carolina | 16 | 10,84 Millionen |
Michigan | 15 | 10,04 Millionen |
Arizona | 11 | 7,43 Millionen |
Wisconsin | 10 | 5,91 Millionen |
Nevada | 6 | 3,19 Millionen |
Meine news
Umfrage von Ann Selzer zur US-Wahl: Republikaner Donald Trump teilt gegen sie aus
Selzers Institut hatte Ende Oktober 808 Wahlberechtigte befragt, die wahrscheinlich bei der US-Wahl am Dienstag abstimmen werden. Das sind vergleichsweise wenige Befragte. Dennoch wird die Umfrage wegen Selzers Reputation als Meinungsforscherin als repräsentativ eingestuft. Der bekannte Statistiker Nate Silver schrieb auf seiner Website zu Selzers Umfrage und anderen Umfragen, die dagegen Trump in Iowa vorne sehen: „Eine schockierende Umfrage in Iowa deutet darauf hin, dass sich jemand irren wird.“
Trump hatte verärgert reagiert. Auf der Plattform Truth Social schrieb der frühere Regierungschef (2017 bis 2021): „Kein Präsident hat mehr für die Landwirte und den großartigen Staat Iowa getan als Donald J. Trump. In der Tat, es ist nicht einmal knapp! Alle Umfragen, bis auf eine, die von einer Trump-Hasserin, die beim letzten Mal völlig falsch lag, stark in Richtung der Demokraten verzerrt wurde, sehen mich vorne. Und zwar um ein Vielfaches.“
US-Wahl: Sieben Swing States entscheiden – und Iowa?
Und diesmal? Ursprünglich war davon ausgegangen worden, dass sieben Swing States die US-Wahl 2024 entscheiden werden: Pennsylvania, Georgia, North Carolina, Michigan, Arizona, Wisconsin und Nevada. In diesen übersetzt „Schaukelstaaten“ ist bis zum Wahltag unklar, ob Harris oder Trump die jeweiligen Wahlleute auf sich vereint. Also ob die Demokraten oder die Republikaner gewinnen. Immerhin 93 Wahlleute sind noch zu vergeben. Jetzt könnte aber auch Iowa zum viel bemühten Zünglein an der Waage werden. Ausgerechnet. Wohl kaum jemand hatte laut Selzer damit gerechnet, dass Iowa ein sogenannter Battleground State („Schlachtfeldstaat“) der US-Wahl werden könnte.
Dazu passt: Die Zeit hat Daten der Cooperative Election Study von Wissenschaftlern der Harvard University und anderer Universitäten ausgewertet. Demnach sind 85 Prozent der Trump-Wahler Weiße, nur drei Prozent Schwarze. Obwohl Schwarze 14 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Dennoch soll Harris im von Weißen dominierten Iowa nun vorne liegen. Bezeichnend: Die Republikaner dominieren seit den 2000er Jahren eigentlich die eher konservativen Staaten des Deep South und die meisten der dünn besiedelten Staaten des Mittleren Westens. Wie Iowa, das gemäß Fläche ungefähr doppelt so groß wie Bayern ist.
Iowa im Mittleren Westen: US-Bundesstaat ist dünn besiedelt und ländlich geprägt
Gerade mal drei Städte (Des Moines, Cedar Rapids und Davenport) Iowas haben mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Laut ntv hatte Trump bei der Präsidentschaftswahl 2020 vor allem in eben solchen ländlichen Regionen Stimmen geholt. Und 2024? Harris lag Anfang des Monats ohne Berücksichtigung der Swing States mit 225 zu 219 Wahlleuten denkbar knapp vorne. Geht es nach Selzers Umfrage, hat die amtierende Vize-Präsidentin diesen Vorsprung auf 231 zu 213 Wahlleute ausgebaut. Wer 270 von 538 Wahlleuten holt, wird die neue Präsidentin oder der neue Präsident der USA. (pm)