Scholz stellt Vertrauensfrage: Bittere Konsequenzen durch Stillstand bei Rente und Bürgergeld
Mit dem Ende der aktuellen Bundesregierung gehen monatelanger Stillstand neuer Gesetze und Reformen einher – und damit Probleme für die Menschen.
Berlin – Schluss ist bei der Ampel schon seit dem 6. November, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seinen bis dato Finanzminister Christian Lindner (FDP) aus der Regierung schmiss. Mit der am Montag, 16. Dezember, gestellten Vertrauensfrage steuert auch die zwischenzeitliche Rotgrüne Minderheitsregierung auf ihr Ende zu, im Februar wird neu gewählt. Neben Wahlkampf bedeutet das für Deutschland vor allem erstmal eines: Stillstand. Ohne Mehrheit im Bundestag stehen schon jetzt etliche Ampel-Vorhaben vor dem Aus. Und bis eine neue Regierung im Amt ist, könnte es dauern.
Scholz stellt Vertrauensfrage: Stillstand bei Rente und Bürgergeld
Eine der wohl bittersten, nun auf der Strecke bleibenden Reformen betrifft die rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner im Land, ebenso wie die restliche Bevölkerung indirekt. Das von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) jahrelang vorangetriebene Rentenpaket II wird nicht mehr kommen. Damit fällt eine nötige Anpassung der Rentenregelung aus. Zwar ist das Gesetzesvorhaben nicht unumstritten gewesen – das sogenannte Generationenkapital, also eine Aktienrente, wurde besonders von Linken und Sozialverbänden harsch kritisiert. Selbst die am Gesetzesentwurf beteiligte FDP blockierte diesen nach erzielter Einigung mit der Begründung fehlender Generationengerechtigkeit mehrmals, weshalb das Paket letztlich auch nicht kam.
Egal, wie man zu einzelnen Punkten des Rentenpaket II steht, dass mit dessen Scheitern und den vorgezogenen Neuwahlen nun auf absehbare Zeit gar keine Reform kommen dürfte, ist fatal. Denn: Mit dem Rentenpaket II wäre sichergestellt, dass das Rentenniveau auch über 2025 hinaus für die kommenden Jahre auf mindestens 48 Prozent bleibt. Ohne Reform droht das Rentenniveau auf 43 Prozent abzusinken. Zwar ist in Deutschland gesetzlich gesichert, dass Renten nicht sinken dürfen. Eine Steigerung – etwa an die Inflation angepasst – fällt ohne Reform aber vorerst flach. Und auch Menschen, die demnächst in Rente gehen, müssen wegen eines niedrigeren Rentenniveaus weniger Altersgeld befürchten.
Nach Vertrauensfrage und Wahlen vergeht viel Zeit – auch für Pläne bei Bürgergeld und Rente
In jeder Partei, die sich Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligung in einer neuen Koalition macht, ist deshalb klar, dass sich die neue Bundesregierung schnell mit der Rente befassen muss. Das Problem dabei: das könnte noch dauern. Denn nach einer Wahl wird erstmal sondiert. Es folgen Koalitionsgespräche, wobei Tage und oft Wochen vergehen. 2021 verlief die Regierungsbildung mit rund 2,5 Monaten von der Wahl bis zum Amtsantritt des Kabinetts Scholz recht schnell. Bei der Bundestagswahl 2017 dauerte es dagegen über 5 Monate, bis Angela Merkel ihre vierte Bundesregierung an den Start brachte. Christian Lindners berühmter Satz, „es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren“ tat dabei sein Übriges.
Es dürfte also klar sein, dass nach der Bundestagswahl am 23. Februar nicht vor dem Frühjahr mit einer handlungsfähigen neuen Regierung zu rechnen ist. Neben der Rente trifft das etliche weitere sozialpolitische Themen. Denn da die Ampel-Koalition sich auch auf keinen Haushalt fürs kommende Jahr einigen konnte, läuft ein sogenannter vorläufiger Haushalt. Dieser stellt zwar Pflichtleistungen wie bisherige Renten- oder Kindergeldzahlungen sicher – Zusatzausgaben oder Anpassungen sind darin aber nicht abgedeckt.
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Bürgergeld: Verschärfung fällt vorerst flach
Auch das Bürgergeld ist vom Reformstau der vergangenen und kommenden Wochen betroffen. Im Oktober einigte sich die damals noch bestehende Ampel-Regierung auf Verschärfungen bei der Grundleistung aus dem SGB II. Wer Bürgergeld bezieht, aber Termine beim Jobcenter oder zumutbare Arbeit versäumt, sollte rigoroser sanktioniert werden. Kürzungen der Geldleistungen von bis zu 30 Prozent sind im Entwurf vorgesehen. Damit sollten besonders die von der politischen Opposition oft in die Debatte gebrachten „Totalverweigerer“ härter bestraft werden. Das sorgte besonders bei Sozialverbänden für Kritik.
„Die Behauptung, viele Bürgergeldbezieher würden sich der Arbeit verweigern, ist schlichtweg falsch“, sagte damals die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, gegenüber IPPEN.MEDIA. Sie wies darauf hin, dass dieser Teil der Bürgergeldempfänger weniger als ein Prozent ausmache.
Dass sich diese Debatte nun – zumindest bis zum Zustandekommen einer neuen Bundesregierung – als obsolet herausgestellt hat, liegt ebenfalls am Ampel-Aus. Über einen Kabinettsentwurf (also eine Einigung der Regierungsmitglieder) hat es die Bürgergeld-Verschärfung nicht gebracht. Im Bundestag landete die Reform nicht, weshalb sich an den bestehenden Regeln – wie in vielen anderen Bereichen – vorerst nichts ändern dürfte.