Falls Russland in Europa einmarschieren sollte: Karte zeigt mögliche Frontlinien im Weltkrieg-Szenario
Seit Beginn des Ukraine-Krieges kursieren Szenarien über einen 3. Weltkrieges. Doch welche Nato-Grenze würde Russland am ehesten überschreiten?
Kiew – Die Nato ist ein Produkt der US-Eindämmungspolitik gegen die Sowjetunion. Und der Gründungsgrund von 1949 ist heute wieder erschreckend aktuell. Vor allem seit Beginn des Ukraine-Kriegs sucht der Westen nach militärischen Schutzallianzen. Zuletzt wurden Finnland und Schweden in das Verteidigungsbündnis aufgenommen – beide Länder gaben ihre militärische Neutralität aus Angst vor russischer Aggression auf.
Doch die Nato-Osterweiterung gilt auf der anderen Seite auch als eine der Hauptursachen für Wladimir Putins Angriff auf das Nachbarland. Wladimir Putin sieht seine slawischen Brüder nicht gerne Seite an Seite mit dem kapitalistischen Feind. Seit der Nato-Gründung ist das Bündnis allerdings immer näher an Russlands Grenzen gerückt, auch die Ukraine ist inzwischen Beitrittskandidat. Aktuell wächst die Sorge vor einer Eskalation zwischen Moskau und der Nato mehr denn je. Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte bereits im Juni vor dem Bundestag: „Wir müssen bis 2029 für einen Krieg bereit sein.“ Im November wiederholte der Chef des deutschen Auslandsgeheimdienstes, Bruno Kahl, die Ansicht, Moskau bereite sich „auf einen Krieg mit dem Westen vor“.
Ukraine-Krieg und dann? Russland wird Interessen in Osteuropa weiterhin aggressiv verfolgen
Doch was bedeutet das konkret? Welches Land würde Russland angreifen und was hätte das für Auswirkungen? Das US-Nachrichtenmagazin Newsweek hat anhand einer Karte visualisiert, wo mögliche Frontlinien mit Russland in einem Dritte-Weltkrieg-Szenario verlaufen könnten. Konkret geht es darum, welche Grenze Putins Streitkräfte überschreiten würden. Denn gemäß Artikel 5 der Nato-Charta würde nur ein Angriff auf ein Mitglied eine kollektive Reaktion auslösen.
„Es gibt wenig Zweifel, dass Putin seine Interessen in Europa und insbesondere in Osteuropa weiterhin aggressiv verfolgen wird“, sagte William Muck, Politikwissenschaftler am North Central College, gegenüber Newsweek. Vor allem die Nato-Staaten an der Ostflanke und ihre neuen Mitglieder äußern Besorgnis über Putins künftige imperiale Ambitionen über die Ukraine hinaus. Der schwedische Zivilschutzminister Carl-Oskar Bohlin sagte, dass „Schweden ein Krieg bevorstehen könnte“, und zwar am selben Tag, an dem der Oberbefehlshaber des Landes, Micael Bydén, die Schweden warnte, sich „mental“ auf einen Konflikt vorzubereiten.
Krieg mit Putin? Finnlands Grenze könnte zur Frontlinie zwischen Russland und der Nato werden
Laut Newsweek könnte von allem die 1340 Kilometer lange Grenze zum benachbarten Finnland eine mögliche Front sein. Das nordische Land, das der Allianz 2023 beigetreten ist, hat Moskau bereits beschuldigt, eine Migrantenkrise an seiner Grenze zu schüren. Auch die baltischen Staaten seien gefährdet und wichtig für die Stärke der Nato, sagt Muck. „Estland, Lettland und Litauen haben einen großen Anteil russischer Bevölkerungen – normalerweise ein wichtiger Motivationsfaktor für Putins Interventionen.“ Die drei baltischen Staaten sowie Polen haben ihre Grenzen aus Sorgen vor einem russischen Angriff bereits mit sogenannten „Drachenzähnen“ zur Abwehr von Panzern ausgestattet.
Zudem könnte der Suwalki-Korridor, auch bekannt als Suwalki-Lücke, der erste Kontaktpunkt für Moskau gegenüber der Nato sein, da er die russische Exklave Kaliningrad an der Ostsee von Weißrussland trennt. Er stellt die einzige Straßen- und Eisenbahnverbindung zwischen Polen und Mitteleuropa zu den baltischen Staaten dar. Laut Politologe Muck sind die Sorgen der baltischen Staaten zwar berechtigt, doch hält er es für wahrscheinlicher, dass Putin seine militärischen Ambitionen auf Nicht-Nato-Mitglieder wie die Ukraine oder Moldau beschränkt.
Nato-Stabilität zentral – in Moldau und Georgien gibt es bereits prorussisch abgespaltene Regionen
In Moldau gibt es mit der Region Transnistrien bereits ein international nicht anerkanntes, ausschließlich von Russland gestütztes De-facto-Regime. Die moldauische Präsidentin Maia Sandu warf Moskau außerdem Einmischung in die Wahlen vor und äußerte die Sorge, dass Moskau Einfluss auf die ehemalige Sowjetrepublik nehme. Auch in Georgien gibt es mit der sogenannten Republik Abchasien bereits eine russlandfreundliche autonome Region. In Serbien versucht Putin laut Newsweek zuletzt ebenfalls, seinen Einfluss auszubauen, außerdem wird Russland Wahlmanipulation in verschiedenen Ländern vorgeworfen.
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Wie real die Gefahr werden könnte, hängt am Ende davon ab, ob es Putin gelingt, seinen Einfluss auszubauen oder nicht. Solange die Nato geschlossen und stabil zusammensteht, werde sich Russlands Machthaber mit seinen Ausweitungsambitionen auf diese russlandfreundlichen Regionen beschränken, sagt Politologe Muck. „Wenn die Nato trotz der Bemühungen Russlands, Chaos und Spaltung zu stiften, geeint bleiben kann, wird die Wahrscheinlichkeit, dass Putin seinen Krieg über die Ukraine hinaus ausweitet, dramatisch sinken.“ (lm)