Kein Reform-Mut bei Rente und Bürgergeld: Wirtschaftsweise rechnet mit Merz-Regierung ab

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Strukturelle Reformen bei Rente und Bürgergeld könnten Milliardensummen sparen. Doch die Merz-Regierung wolle niemandem wehtun – und mache deshalb Schulden.

Berlin – „Deutschland hat den Kompass verlorenen“, kritisiert Veronika Grimm, Ökonomin und Mitglied im Sachverständigenrat für Wirtschaft. „Statt über notwendige Reformen zu sprechen, klammert man sich daran, dass die Stimmung in der Wirtschaft nun besser wird“, so die Kritik der Wirtschaftsweisen an der Bundesregierung in der Bild. Im Fokus: Rente und Bürgergeld, deren Ausgaben immer weiter steigen.

Reformen bei Bürgergeld, Rente und Subventionen könnten Milliarden-Spielraum schaffen

Umfragen würden zwar den Stimmungsumschwung in der Wirtschaft zeigen. Doch ohne strukturelle Reformen werde es nicht von Dauer sein, so Grimm. „Und diese sind nirgends in Sicht.“ Konkret geht es der Wirtschaftsweisen um den Sozialstaat: Durch Reformen beim Bürgergeld und der Rente sowie durch Subventionsabbau im Haushalt könne man schon kurzfristig hohe zweistellige Milliardenbeträge freischaufeln, so die Ökonomin.

Veronika Grimm spricht bei der Pressekonferenz zum Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen.
Veronika Grimm plädiert schon länger für Reformen bei der Rente und beim Bürgergeld. (Archivfoto) © IPON/Imago

Die Bundesregierung nimmt dagegen Schulden auf. Im kommenden Jahr sind 174,3 Milliarden Euro geplant. 89,9 Milliarden Euro liegen im regulären Haushalt, 84,4 Milliarden Euro wiederum in den Sondervermögen Infrastruktur und Bundeswehr. „Die Bundesregierung nutzt die zusätzlichen Spielräume, um den Anstieg der Sozialausgaben nicht eindämmen zu müssen“, kritisiert Grimm.

Merz-Regierung verzichtet auf große Reformen bei der Rente – Bürgergeld-Politik nach Prinzip Hoffnung

Tatsächlich verzichtet die Regierung um Kanzler Friedrich Merz (CDU), Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) zunächst auf größere Reformen. Beim Bürgergeld sind zwar Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr geplant. Die Reform der neuen Grundsicherung soll den Beitrag dazu leisten, indem Empfänger über härtere Sanktionen und eine bessere Betreuung durch die Jobcenter in Arbeit kommen.

Doch bei der Rente, dem größten Posten im Haushalt, sind keine Einsparungen geplant. Im Gegenteil will die Regierung das Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 sichern und die Mehrkosten der Rentenversicherung aus dem Bundeshaushalt erstatten. Eine weitere neue Belastung des Bundes stellt die Ausweitung der Mütterrente dar.

Wirtschaftsweise prangert an: Reformvorschläge greifen zu kurz – weil sie niemandem wehtun sollen

Zwar sieht der Koalitionsvertrag durchaus die Zusammenlegung von Sozialleistungen und damit immerhin eine Verschlankung des Sozialstaats vor. Details will die Merz-Regierung jedoch nicht selbst beraten. Stattdessen soll diese in den Händen einer Kommission aus Fachleuten liegen. Die Ergebnisse sind völlig offen, während die Verschuldung durch die bisherigen Pläne bis 2029 auf 851 Milliarden Euro steigt. Bis zum selben Jahr muss die schwarzrote Regierung zudem ein Defizit von 171 Milliarden Euro begleichen – über Einsparungen oder mehr Steuereinnahmen.

Die aktuell diskutierten Reformvorschläge greifen zu kurz, weil sie niemandem wehtun sollen, so Grimms Fazit laut Bild. „Als kürzlich die Wirtschaftsministerin eine längere Lebensarbeitszeit gefordert hat, kam sogar aus der eigenen Partei Gegenwind. So kommen wir nicht weiter“, sagte die Wirtschaftsweise. Sie plädiert schon länger für ein Ende der „Rente mit 63“ und ein höheres Renteneintrittsalter.

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