Verluste im Ukraine-Krieg: Russland aktiviert Schrottplatz-Panzer
Russlands Panzer verschwinden immer mehr vom Schlachtfeld. Experten streiten: Sind Putins Reserven am Ende oder nur gut versteckt?
Kiew/Moskau – Nicht nur Hunderttausende von Soldaten soll Russland im Ukraine-Krieg verloren haben, auch die Verluste bei der Militärausrüstung sind enorm. Besonders Panzer fehlen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin an der Front.
Laut Daten des Warspotting-Projekts, einem Open-Source-Monitor russischer Militärverluste, stellte das ukrainische russischsprachige Nachrichtenportal Dialog.ua fest, dass die Zahl der im Kriegsgebiet verlorenen russischen Panzer im Mai 2025 einen historischen Tiefstand erreicht hat.
Russland verliert im Ukraine-Krieg über 11.000 Panzer: Alte Modelle werden rekrutiert
Bereits vor Wochen wurde berichtet, dass Panzer auf dem Schlachtfeld keine Rolle mehr spielen. Das spiegele „die Tatsachen wider. Alle kampffähigen Panzer sind entweder zerstört oder nicht mehr reparierbar.“ Kurzum: Sie existieren nicht mehr. Laut der ukrainischen Militärführung soll Moskau seit Beginn des Krieges 11.019 Panzer (Stand 14. Juli) verloren haben. Diese Zahl kann aber nicht überprüft werden.
Aufgrund der „großen, unwiederbringlichen Verluste an Waffen und militärischer Ausrüstung während des Krieges gegen die Ukraine“ sei Russland gezwungen, veraltete Panzer ins Einsatzgebiet zu schicken, zitiert die Novaya Gazeta aus einem Bericht der Hauptdirektion für Nachrichtendienste (GUR).
Die GUR stellte insbesondere fest, dass T-62-Panzer aus den 1960er Jahren in einer Reparaturwerkstatt in der ostrussischen Region Transbaikalien einsatzbereit gemacht wurden, bevor sie aus dem östlichen Militärbezirk nach Westrussland verlegt wurden. Der technische Zustand der meisten dieser Fahrzeuge sei laut GUR aber „unzufriedenstellend“, da sie „jahrzehntelang im Freien gelagert“ worden sind, ohne jemals gewartet worden zu sein.
Differenzierte Bewertung: Amerikanische Denkfabrik dementiert Russlands Panzerverluste
Das US-amerikanische Institute for the Study of War (ISW) lieferte Mitte Juni 2025 eine differenziertere Bewertung der russischen Panzersituation als die ukrainischen Berichte. Laut ISW-Analyse verfügte Russland zu diesem Zeitpunkt noch über beträchtliche Reserven: 46 Prozent seiner Vorkriegs-Panzerbestände, 42 Prozent der Schützenpanzer und 48 Prozent der gepanzerten Truppentransporter waren noch vorhanden.
Wie Kiew Russlands Verluste von Militärausrüstung im Ukraine-Krieg beziffert:
Militärausrüstung | Verlust (Stand 14. Juli) |
Panzer | 11.019 (+3 zum Vortag) |
Gepanzerte Fahrzeuge | 22.987 (+4) |
Artilleriesysteme | 30.294 (+51) |
Luftabwehrsysteme | 1194 |
Drohnen | 45.635 (+124) |
Das Institut stellte jedoch fest, dass sich die Erschöpfung der sowjetischen Panzerreserven zu verlangsamen schien, was möglicherweise auf Russlands verstärkten Einsatz von Motorrädern und Geländefahrzeugen auf dem Schlachtfeld zurückzuführen war.
Trotz dieser noch vorhandenen Reserven prognostizierte auch das ISW, dass Russland seine verbliebenen Panzer- und Fahrzeugbestände bis Ende 2025 aufbrauchen würde. Diese westliche Einschätzung deutet darauf hin, dass Russland zwar noch nicht am Ende seiner Panzerkapazitäten angelangt ist, sich aber dennoch einem kritischen Wendepunkt nähert.
Material-Situation bleibt unklar: Experten sehen Panzerreserve auch nicht entscheidend für Ukraine-Krieg
Novaya Gazeta sprach mit mehreren Militärexperten. Hier gingen die Meinungen zur russischen Panzersituation ebenfalls stark auseinander. Ein russischer Militärexperte widersprach den pessimistischen Berichten und argumentierte, dass Reparaturwerke bereits über 6.000 modernisierte T-72-Panzer bereitgestellt hätten und weitere 4.000 noch verfügbar seien, weshalb Russland „in naher Zukunft keine Probleme mit Panzern haben wird“.

Auch der ukrainische Analyst Ivan Stupak hielt es für „sehr verfrüht, zu behaupten, dass Russland keine Panzer mehr hat“. Dem gegenüber steht der israelische Experte David Sharp, der Russland als „in schlechter Verfassung“ bei Panzern sieht und nur noch „veralteten Schrott“ in den Lagern vermutet. Trotz unterschiedlicher Bewertungen waren sich alle einig, dass es für den Ausgang des Krieges in der Ukraine höchstwahrscheinlich irrelevant sein wird, ob die russischen Panzerreserven letztlich ausreichen.
Entscheidender könnte der Einsatz von Drohnen oder des Patriot-Luftabwehrsystems sein. Diese will US-Präsident Donald Trump Kiew nun doch zur Verfügung stellen. Am Sonntag (13. Juli) bekräftigte Trump, er sei von Putin „enttäuscht“. „Putin hat viele Leute wirklich überrascht“, sagte er. „Er redet nett und dann bombardiert er abends jeden“. In den vergangenen Tagen hatte Russland die Ukraine mit den schwersten Luftangriffen seit Beginn des Krieges vor mehr als drei Jahren überzogen. (bg)