Russische Verluste in Awdijiwka höher als in zehn Jahren Kampf gegen Afghanistan

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Vier Monate lang lieferten sich die Ukraine und Russland blutige Kämpfe in Awdijiwka. Welchen Preis Russland für den Sieg wirklich zahlte.

Kiew - Russland soll während seiner Kämpfe um die ostukrainische Donezk-Stadt Awdijiwka offenbar mehr als 17.000 Soldaten innerhalb von nur vier Monaten verloren haben. Wie mehrere Medien unter Berufung auf Dmytro Lykhovii, Sprecher der ukrainischen Einheit in Awdijiwka, berichten, sollen weitere rund 30.000 russische Soldaten verwundet worden sein. Die Zahl kann nicht unabhängig bestätigt werden, da Russland kaum Auskünfte über eigene Verluste im Ukraine-Krieg macht.

Über die hohe Anzahl der russischen Toten hatte zunächst das britische Online-Portal The Independet berichtet. Sollte die Angabe aus Kiew stimmen, bedeutet das, dass Russland im Kampf um Awdijiwka mehr Soldaten verloren hat als während der zehnjährigen Besetzung Afghanistans von 1979 bis 1989. Die Offensive in der Ostukraine dauerte im Vergleich nur knapp vier Monate. Sie startete etwa am 10. Oktober 2023 und endete schließlich mit der russischen Übernahme der Stadt am 17. Februar.

Russische verliert in vier Monaten Kampf um Awdijiwka mehr Soldaten als in zehn Jahren Krieg in Afghanistan

Die Sowjetunion hatte 1979 während der Hochphase des Kalten Krieges tausende Soldaten nach Afghanistan geschickt, um in den dort herrschenden Bürgerkrieg einzugreifen. Was als kurzer Einsatz geplant war, entwickelte sich am Ende zu einem knapp 10 Jahre langen Konflikt. Die russischen Verluste belaufen sich laut offiziellen Zahlen auf mehr als 15.000 Menschenleben. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung beruft sich in ihren Informationen auf diese Schätzung.

Ein russischer Soldat geht durch zerstörte Straßen in Awdijiwka.
Ein russischer Soldat geht durch zerstörte Straßen in Awdijiwka. © Stanislav Krasilnikov/IMAGO

Natürlich scheinen die beiden Kriege zunächst sehr unterschiedlich. Nick Reynolds, Forschungsmitarbeiter für Bodenkriegsführung bei der Denkfabrik Royal United Services Institute in London, sieht in der Gegenüberstellung der russischen Todeszahlen von damals und jetzt trotzdem einen „gültigen Vergleich“. Wie er dem Nachrichtenportal Newsweek sagte, würde durch den Vergleich die hohe Zahl der Todesopfer des größten Landkriegs in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg verdeutlicht werden. In beiden Fällen habe Moskau enorme Ressourcen für sein Militär bereitgestellt.

Die kleine Industriestadt Awdijiwka war für die Ukraine ein Symbol des Widerstands gegen seine Angreifer, unter anderem, weil die von Russland gesteuerten pro-russischen Separatisten Awdijiwka bereits im Juli 2014 eingenommen hatten, ukrainische Einheiten sie aber kurz darauf wieder unter ihre Kontrolle brachten. Awdijiwka liegt etwa zehn Kilometer von der Regionalhauptstadt Donezk entfernt. Nach monatelangen erbitterten Kämpfen hat die ukrainische Armee in der Nacht zum Samstag schließlich mit dem Rückzug begonnen. Die ukrainischen Verteidigungsstellungen, die teils bereits 2014 errichtet wurden, fügten Russland jedoch trotz des Sieges schwere Verluste zu.

Russische Verluste sollen nach Kampf um Awdijiwka enorm hoch seien - offizielle Schätzungen sind schwierig

Angaben zu Verlusten im Ukraine-Krieg müssen insgesamt mit besonderer Vorsicht betrachtet werden, da sich Informationen der „Feinde“ oftmals nicht mit den Angaben der jeweiligen Regierungen decken. Die letzten offiziellen Zahlen wurden Mitte 2022 bekanntgegeben. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte im September 2022, dass 5937 russische Soldaten ums Leben gekommen seien. Nach Angaben aus Kiew waren bis August 2022 etwa 9000 ukrainische Soldaten getötet worden.

Seither kommen Schätzungen zu Opferzahlen oft von ausländischen Geheimdiensten. Im August 2023 zitierte die New York Times US-Beamte, die die militärischen Verluste der Ukraine auf 70.000 Tote und zwischen 100.000 und 200.000 Verletzte bezifferten. Auf russischer Seite wurden demnach laut derselben Quelle 120.000 Soldaten getötet und 170.000 bis 180.000 verletzt.

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