Habeck besucht Wärmepumpen-Hersteller: Lob vom Minister, doch die Branche leidet
Der grüne Wirtschaftsminister Habeck glaubt an die Wärmepumpe – und ihre bald wieder steigende Beliebtheit. Doch die Branche sieht den Ausblick in die Zukunft nicht so rosig, der Absatz schrumpft.
Holzminden – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist auf Wärmepumpen-Tour in Norddeutschland. Der Minister rührt kräftig die Werbetrommel für die Heizungen, die Wärme aus der Luft, dem Grundwasser oder dem Erdreich nutzen. Nach dem Rekordabsatzjahr 2023 brach die Nachfrage nach dieser Heizungstechnologie 2024 rapide ein. Unternehmen in der Branche wie etwa die Heizungshersteller Stiebel Eltron oder Vaillant müssen Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Wie geht es weiter mit der Wärmepumpe?
Nach Rekordjahr 2023: Die Wärmepumpen-Branche strauchelt und muss Stellen streichen
Stiebel Eltron baut keine Gas- oder Ölheizungen, sondern legt den Fokus auf Wärmepumpen. Eigentlich ein Vorzeigeunternehmen für die Energiewende. Doch vergangenen Freitag (9. August) berichtete Handelsblatt, dass der Hersteller Arbeitsplätze streichen muss. Wenige Tage später, am Montag, ist Minister Habeck direkt vor Ort und erfährt vom Aufsichtsratsvorsitzenden Ulrich Stiebel, dass das Unternehmen um einen Stellenabbau wohl tatsächlich nicht herumkommen wird. Wenn auch nicht in der berichteten Größenordnung von 1.000 Stellen.
Eigentlich gab die Bundesregierung das Ziel von 500.000 jährlich neu installierten Wärmepumpen aus. Angaben des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) zufolge wurden im ersten Halbjahr aber bislang nur 90.000 Wärmepumpen verkauft – das sind rund 54 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt geht der Verband von maximal 200.000 abgesetzten Wärmepumpen für das laufende Jahr aus. Allerdings war 2023 mit 356.000 verkauften Wärmepumpen auch ein Rekordjahr.
Nun bewegt sich der Markt wieder „auf dem langjährigen Absatzniveau vor 2020“, so BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt in einer Mitteilung. Nicht nur Stiebel ist betroffen, die ganze Branche ist in Sorge: Bei der Klimatechnik-Tochter von Bosch sank die Nachfrage zuletzt ebenfalls stark, ebenso beim Heiztechnik-Hersteller Vaillant. Mitte Mai kündigte der Konzern an, 700 Stellen in der Verwaltung abzubauen, davon 300 in Deutschland. Neben Stiebel und Vaillant hatte auch Viessmann unlängst Kurzarbeit angemeldet.
Habecks bleibt bei Wärmepumpen optimistisch: „Superprodukt Made in Germany“
Habecks Glaube an die Wärmepumpe scheint dennoch unerschütterlich. „Ein Superprodukt Made in Germany, das sich in jeder Hinsicht rechnet“, zitiert die Deutsche Presse-Agentur (dpa) den Minister bei seinem Besuch bei Stiebel. „Die Wärmepumpe sorgt dafür, dass der Wert von Gebäuden zunimmt. Eine Wärmepumpe spart Geld“, sagt der Minister beim Werksbesuch weiter. „Dieser Weg, und da bin ich mir sicher, wird sich langfristig auszahlen“, zitiert Handelsblatt den Vize-Kanzler.
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Anders klingen die Stimmen aus der Industrie. „Die aktuelle Marktsituation ist für die Heizungsindustrie eine Herausforderung“, sagt der Hauptgeschäftsführer des BDH, Markus Staudt, auf Anfrage der dpa. Je nach Grad der Spezialisierung und der eingeschlagenen Strategie kann sich der jetzige Markteinbruch mehr oder weniger auswirken. Viele Unternehmen hätten in den vergangenen zwei Jahren in die Ausweitung ihrer Produktionskapazitäten investiert, da sie eine politisch gewollte Entwicklung erwarteten. Doch das politische Hickhack um das Heizungsgesetz brachte Unsicherheiten.
Dieses Hin und Her in der Politik bezeichnete Bosch-Chef Stefan Hartung als „Gift für langfristige Kaufentscheidungen“. Der Wirtschaftswoche sagte Viessmann-Geschäftsführer Max Viessmann: „Was rund um die Wärmepumpe passiert ist, ist an Dramatik nicht zu überbieten. [...] Eine Technologie, die nachweislich effizienter ist und Vorteile hat, wurde kaputt geredet.“ Kritik kam am Montag auch von der Betriebsratsvorsitzenden bei Stiebel, Elke Grimme. Zu unberechenbar sei das alles, meint sie und verweist auf die jüngste Förderkürzung für Energieberatungen. Außerdem müssten die Strompreise runter.
Förderanträge stiegen im Juni: Lichtblick für die Wärmepumpen-Branche?
Vorgeschrieben ist nun, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Das gilt allerdings zunächst nur für Neubauten in einem Neubaugebiet. Kommunen müssen bis Mitte 2028 ihre Wärmeplanung festlegen, Großstädte schon bis 2026. Bei den Bürgerinnen und Bürgern herrsche Unklarheit darüber, „was die kommunale Wärmeplanung mit sich bringt“, heißt es in der BDH-Mitteilung. 2026 dann könnte die Wärmepumpe für viele alternativlos werden. „Aber bis 2026 werden wir wohl eine Durststrecke haben“, so der BDH-Vorsitzende laut Handelsblatt.
Eine stabile Förderpolitik könnte die Nachfrage ankurbeln. Immerhin gibt es offenbar einen Lichtblick: Der Anstieg der genehmigten Förderanträge im Juni lasse vorsichtig hoffen, meint Staudt laut dpa. „Solange ich Minister bin, wird die Wärmepumpen-Förderung nicht angegriffen“, versprach indes Habeck bei seinem Werksbesuch laut Handelsblatt. Käme die Union bei der Bundestagswahl 2025 an die Regierung, kündigte sie schon an, daran rütteln zu wollen. Im Umkehrschluss heißt das aus Sicht des Bundeswirtschaftsministers: der richtige Zeitpunkt, sich eine Wärmepumpe zuzulegen ist: „Jetzt“ (bme mit dpa).