Teure Schmähplakate gegen Habeck: Grünen-Gegner aus Hohenlinden muss Strafe zahlen

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Ebersberg
  4. Hohenlinden

Kommentare

Schwarz auf Weiß hat Georg Pfaller, im Bild vor seinem Haus, den Strafbefehl wegen Beleidigung gegen die Grünen und deren Bundesminister und Vizekanzler Robert Habeck. © J.Dziemballa

Weil er Vizekanzler Robert Habeck von den Grünen öffentlich beleidigt hat, muss ein Hohenlindener (64) 2400 Euro Strafe zahlen. Schlechtes Gewissen? Eher nicht.

Hohenlinden – Von schlechtem Gewissen ist bei Georg Pfaller wenig zu hören. Seit ein paar Wochen ist er rechtskräftig vorbestraft – wegen Beleidigung gegen Dr. Robert Habeck, Grünen-Politiker, Bundeswirtschaftsminister, Vizekanzler. „Damit hatte ich nicht gerechnet“, sagt der 64-jährige Rentner aus Hohenlinden. „Und irgendwie stinkig bin ich schon.“

2400 Euro hat es Pfaller gekostet, dass er im Frühjahr an seinem Haus direkt an der Hauptstraße gegen die Ampelregierung und speziell die Grünen plakatiert hatte. Als die Worte mit „F“ sich auf den Bannern an der Fassade mehrten und die Botschaften konkreter in Habecks Richtung gingen, wurde es den Ortsgrünen zu derb und einer rief die Polizei. „Damit die Plakate abgehängt werden“, betont Thomas von Sarnowski, Bayerns Grünen-Chef aus Ebersberg, auf Anfrage der Ebersberger Zeitung zu dem Fall.

Hohenlindener wegen Beleidung angezeigt: Der Strafantrag kommt vom Vizekanzler

Dass der Fall auf dem Schreibtisch des Vizekanzlers, oder wahrscheinlicher bei seinen Anwälten landete, habe die Grünen vor Ort überrascht. Strafantrag habe man nicht gestellt. Das kann in dem Fall nur der Betroffene selbst: Antragsdelikte wie Beleidigung und Verleumdung verfolgt die Staatsanwaltschaft nur auf Wunsch des Geschädigten; anders als etwa bei Körperverletzungen oder Drogenhandel – Offizialdelikten geht die Anklagebehörde von Amts wegen nach.

„Seitens Dr. Robert Habeck“ wurde Strafantrag gestellt, geht aus dem Strafbefehl hervor.
„Seitens Dr. Robert Habeck“ wurde Strafantrag gestellt, geht aus dem Strafbefehl hervor. © und Repro: J. Dziemballa

Wahrscheinlich haben Polizei oder Staatsanwaltschaft, wie es bei Antragsdelikten Routine ist, den Hinweis auf eine mögliche Beleidigung an Habecks Ministerium gegeben. „Das ist der übliche Weg“, so ein Sprecher des zuständigen Präsidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt auf Anfrage. Das Büro des Vizekanzlers ließ eine Anfrage der EZ bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Offenbar hat Pfaller mit seiner Wortwahl an der Fassade also genug Ärger erzeugt, dass er in Berlin eine Reaktion erzeugte. „Strafantrag wurde seitens Dr. Robert Habeck form- und fristgerecht gestellt“, heißt es im Strafbefehl der Münchner Staatsanwaltschaft, der der Redaktion vorliegt. Darin legt die Behörde die Strafe auf 30 Tagessätze zu je 80 Euro fest.

Schmerzgrenze überschritten für Grünen-Politiker Robert Habeck (54).
Schmerzgrenze überschritten für Grünen-Politiker Robert Habeck (54). © afp

Ärger übers Heizungsgesetz: Plakataktion gegen die Ampel, die Grünen und Robert Habeck

Der Hohenlindener, der sich an die EZ gewandt hat, räumt ein: „Es war schon scharf formuliert.“ Da die Wortwahl rechtskräftig justiziabel ist, sei an dieser Stelle auf ein Wortlautzitat verzichtet. Den Strafbefehl hat Pfaller nach eigenem Bekunden akzeptiert, weil es seinem Anwalt zufolge nur noch Spielraum bei der Tagessatzhöhe gegeben hätte. Dass er’s war, bestreitet der 64-Jährige nicht. Der Ärger über das geplante Heizungsgesetz, von dem er sich als Hausbesitzer finanziell betroffen fühle, habe ihn zu den Plakaten getrieben – mit einem „brutalen Feedback“ im Ort, sagt er über eine positive Resonanz. Manche hätten schon für ihn sammeln wollen, um die Strafe zu begleichen.

(Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s jetzt auch in unserem regelmäßigen Ebersberg-Newsletter.)

Grünen-Vorsitzender: „Grenze ist überschritten“

Die Grünen mussten im zurückliegenden Landtagswahlkampf viel einstecken, nicht als einzige, aber mehr als die meisten. Auch im Kreis Ebersberg wurden Plakate beschmiert, geklaut und zerstört. Am Rande eines Auftritts der Bundesvorsitzenden Ricarda Lang in Hohenlinden kam es im Oktober zu Diskussionen und Zwischenrufen.

„Demokratie lebt von unterschiedlichen Meinungen und dem Streit um die richtige Politik, ja“, findet Grünen-Chef von Sarnowski, ergänzt aber: „Die Grenze ist überschritten, wenn es zu Bedrohungen, Gewalt oder wie in diesem Fall zu Beleidigungen kommt. Das sind Straftaten, man muss es deutlich sagen. Es ist richtig, dass der Staat hier hart durchgreift und das demokratische Miteinander schützt.“

Mehr News finden Sie in unserer brandneuen Merkur.de-App, jetzt im verbesserten Design mit mehr Personalisierungs-Funktionen. Direkt zum Download, mehr Informationen gibt es hier. Sie nutzen WhatsApp? Auch dort hält Sie Merkur.de ab sofort über einen neuen Whatsapp-Kanal auf dem Laufenden. Hier geht‘s direkt zum Kanal.

Auch interessant

Kommentare