Ukraine-Krieg - Stimmen und Entwicklungen - „Russland führt den Krieg noch immer aus seinen Vorkriegsreserven“
Ministerium: Ukrainische Drohnenangriffe auf russische Grenzregionen abgewehrt
Dienstag, 16. Januar, 7.04 Uhr: Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben mehrere nächtliche ukrainische Drohnenangriffe auf russische Grenzregionen abgewehrt. Das russische Verteidigungsministerium erklärte am Dienstag, es seien fünf ukrainische Drohnen zerstört worden. Drei weitere seien über der Region Woronesch und vier weitere Drohnen über der Region Belgorod abgefangen worden. Nach Behördenangaben wurde ein Kind verletzt.
Das Mädchen sei von den Trümmerteilen einer abgeschossenen Drohne verletzt worden, die auf sein Wohnhaus gefallen seien, teilte der Regionalgouverneur von Woronesch, Alexander Gussew, mit.
Kiew hatte im Rahmen seiner im Sommer gestarteten Gegenoffensive verstärkt russische Gebiete mit Drohnen angegriffen. Bei ukrainischen Angriffen auf Belgorod Ende Dezember waren 25 Menschen getötet worden.
Schweiz und Ukraine planen Friedensgipfel auf höchster Ebene
18.22 Uhr: Die Schweiz und die Ukraine wollen einen Friedensgipfel auf höchster Ebene organisieren. Das kündigten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und die Schweizer Präsidentin Viola Amherd am Montag in Bern an. Beide Seiten wollten umgehend mit der Planung beginnen. Einen Termin für das Treffen gab es zunächst noch nicht.
Eine Einladung an Russland ist nicht geplant, wie Selenskyj durchblicken ließ. Eingeladen würden alle Länder, die die territoriale Integrität der Ukraine unterstützen, sagte er. Russland hatte im Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet und im Osten und Süden weite Landstriche besetzt.
Das Format eines solchen Gipfels würde den vier Friedensformel-Konferenzen folgen, die seit dem Frühjahr 2023 in Dänemark, Saudi-Arabien, Malta und am Sonntag in Davos stattgefunden haben. Daran waren in Davos 83 Länder und internationale Organisationen beteiligt, nicht aber China. In dem Plan geht es um die Grundvoraussetzungen für einen Frieden, die Kiew in einem Zehn-Punkte-Plan formuliert hat. Dazu gehören unter anderem der Abzug Russlands aus allen Landesteilen, Strafen für russische Kriegsverbrecher und Reparationen.
Selenskyj reist aus Bern nach Davos weiter. Dort nimmt er an der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) teil.
„Russland führt den Krieg noch immer aus seinen Vorkriegsreserven“
10.42 Uhr: Der Militärökonom Marcus Keupp hat sich via X (ehemals Twitter) zum Krieg in der Ukraine geäußert. „Bei allen Details und Spekulationen zum Kriegsverlauf gilt immer noch eins: Russland führt den Krieg aus seinen Vorkriegsreserven. Immer noch“, so Keupp. „Die Leistungsfähigkeit seiner Rüstungsindustrie ist bisher unbewiesen, während die westliche anspringt“, schreibt der Experte weiter.
Gouverneur: Russland wehrt ukrainische Raketen über Kursk ab
Montag, 15. Januar, 00.21 Uhr: Russlands Flugabwehr hat in der Nacht zum Montag drei ukrainische Raketen über der russischen Region Kursk nahe der Grenze zur Ukraine abgewehrt. Das teilte der Gouverneur von Kursk, Roman Starowoit, bei Telegram mit. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen. Informationen zu Verletzten oder Schäden gab es zunächst nicht. Die Ukraine wehrt seit knapp zwei Jahren den russischen Angriffskrieg ab. Dabei kommen auch immer wieder Ziele auf russischem Territorium unter Beschuss.
Korrupter Ex-Bürgermeister geht lieber an die Front als ins Gefängnis
13.28 Uhr: Der Ex-Bürgermeister der russischen Stadt Wladiwostok, Oleg Gumenjuk, wurde wegen Korruption zu insgesamt zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Diese Strafe wird er allerdings nicht antreten. Denn wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf die russische Zeitung Komersant berichtet, zieht Gumenjuk in den Krieg, statt ins Gefängnis zu gehen. Sein Anwalt habe dies bestätigt. Gumenjuk hatte in seiner Zeit als Bürgermeister Bestechungsgelder von umgerechnet rund 394.000 Euro angenommen.
Russland bietet Gefangen Straffreiheit an, wenn sie sich freiwillig für die Front in der Ukraine melden. Sechs Monate müssen die Häftlinge an der Front sein. Zuletzt ging die Zahl der Freiwilligen zurück.
Mit perfider Kälte-Strategie treibt Putin Russlands Gefangene an die Front
13.54 Uhr: Wladimir Putin hat die Kältewelle der letzten Tage ausgenutzt, um neue Soldaten für die Front zu rekrutieren. Denn in den russischen Gefängnissen fiel die Heizung aus - bei teilweise -35 Grad Außentemperatur. Inhaftierte bekamen die Gelegenheit, sich für den Wehrdienst zu melden. Nach sechs Monaten winkt ihnen nicht nur ein relativ hoher Sold von umgerechnet 2000 Euro, sondern auch Straffreiheit.
Mittlerweile melden sich jedoch immer weniger Gefangene, da viele nicht davon ausgehen, die sechs Monate in der Ukraine zu überleben. „Aus diesem Grund hat man ihnen jetzt bei den Minustemperaturen einfach die Heizungen abgedreht“, sagt Olga Romanowa, Gründerin der Nichtregierungsorganisation „Russland hinter Gittern“ der „Bild“-Zeitung.
Romanowa erklärt die kalte Strategie hinter den eiskalten Gefängnissen: „Dadurch sollen die Umstände in den Gefängnissen unerträglich gemacht werden, damit Männer, die dort sitzen, in die Ukraine gehen.“
Russland beschießt Ukraine mit 40 Raketen und Drohnen
Samstag, 13. Januar, 13.43 Uhr: Russland hat die Ukraine erneut mit Dutzenden Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen angegriffen. Von insgesamt 40 Geschossen hätten in der Nacht und am Samstagmorgen acht abgeschossen werden können, teilte die ukrainische Luftwaffe auf Telegram mit. Weitere 20 Geschosse hätten aufgrund erfolgreicher elektronischer Kampfführung der Ukrainer ihre Ziele gar nicht erst erreicht. In der Region Sumy wurden nach Behördenangaben mehr als 20 Häuser beschädigt und eine Frau verletzt. In Poltawa fiel amtlichen Quellen zufolge eine Rakete in den Hof eines Wohnhauses, explodierte aber nicht.
Nach fast zwei Jahren Angriffskrieg überzieht Russland die Ukraine derzeit wiederholt mit besonders schweren Luftschlägen. Wie viele Geschosse abgewehrt werden können, hängt dabei sehr von der angegriffenen Region ab: Die Hauptstadt Kiew etwa ist dank westlicher Militärhilfe recht gut mit Luftverteidigungssystemen ausgestattet, andere Gebiete bislang deutlich schlechter. Auch deshalb appelliert die Ukraine immer wieder eindrücklich an ihre internationalen Partner, die Unterstützung nicht abreißen zu lassen.
Ukraine ringt weiter um ein verschärftes Mobilmachungsgesetz
Freitag, 12. Januar, 05.01 Uhr: Die Ukraine ringt zudem weiter um ein verschärftes Gesetz, das die Rekrutierung dringend benötigter Soldaten für die Front ermöglichen soll. Einen ersten Entwurf gab das Parlament erst einmal wieder an die Regierung zurück. „Einige Positionen verletzen direkt die Menschenrechte und andere sind nicht optimal formuliert„, schrieb der Fraktionschef der Präsidentenpartei “Diener des Volkes“, David Arachamija, auf Telegram. Verteidigungsminister Rustem Umjerow erklärte wenig später, eine neue Version sei bereits ausgearbeitet und werde demnächst vorgelegt.
Ex-Präsident Medwedew droht nach russischen Raketenschlägen wieder mit Atomwaffen
20.21 Uhr: Nach den jüngsten schweren Raketenschlägen gegen die Ukraine hat Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew erneut mit Atomwaffendrohungen für Aufsehen gesorgt. „Wie bekannt wurden dabei (bei den Angriffen) verschiedene Träger mit unterschiedlichen Ladungen benutzt, mit Ausnahme von atomaren. Noch!“, sagte Medwedew auf einer Sitzung der russischen Militär- und Rüstungskommission. Die jüngsten Attacken, bei denen beispielsweise in Kiew mehr als 30 Zivilisten ums Leben kamen, bezeichnete Medwedew dabei als „resultative Schläge gegen Militärobjekte“.
Auf Telegram legte der Vizechef im nationalen russischen Sicherheitsrat nach: Er warnte Kiew vor Versuchen, mit westlichen Raketen größerer Reichweite Raketenstartrampen auf russischem Gebiet zu beschießen. Dies sei „keine Selbstverteidigung, sondern eine direkte und offensichtliche Begründung für den Einsatz von Atomwaffen gegen ein solches Land“, schrieb Medwedew.
Zuvor hatte der ukrainische Luftwaffensprecher Jurij Ihnat erklärt, die Ukraine habe nicht die Ressourcen, um die Tausenden Raketen vom Typ S-300 in Russlands Waffenarsenal abzufangen. Es sei effektiver, die Abschussanlagen dieser Raketen mit Präzisionswaffen auszuschalten. Russland beschießt die Ukraine regelmäßig mit S-300.
Medwedew gilt seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs als Hardliner und Scharfmacher. Er hat schon mehrfach mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Es gibt allerdings keine konkreten Hinweise darauf, dass Russland das derzeit tatsächlich vorhaben könnte.
Präsident Wladimir Putin hat vor mehr als 22 Monaten die Invasion des Nachbarlands befohlen. Trotz mehrerer Rückschläge hält Russland einschließlich der bereits 2014 annektierten Halbinsel Krim nach wie vor rund ein Fünftel der Ukraine besetzt und sieht sich derzeit auf dem Siegerpfad.
Auch nach Ansicht von Experten hat Russland auf dem Schlachtfeld zuletzt die Initiative zurückgewonnen. Das liegt demnach auch daran, dass die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine stocken. Schätzungen zufolge verschießt Russland derzeit allein an Artilleriemunition etwa fünfmal soviel wie die Ukraine. Auch bei der Anzahl an Raketen und Drohnen besitzt Moskau ein großes Übergewicht.
Ukrainer trauern um an der Front getöteten Dichter
18.08 Uhr: Hunderte Trauernde haben am Donnerstag in Kiew Abschied von dem an der Front gefallenen ukrainischen Dichter und Soldaten Maxym Krywzow genommen. Viele trugen Blumen und die ukrainische Nationaflagge, als der Sarg des Toten - ebenfalls mit einer gelb-blauen Fahne geschmückt - in die St. Michaels-Kathedrale im Zentrum von Kiew getragen wurde.
Wegen seines dünnen Schnurrbarts war Krywzow in der Armee auch als „Dali“ bekannt - in Anlehnung an den berühmten spanischen Maler. An der Front, wo er sein erstes Buch verfasste, diente der Dichter als Maschinengewehrschütze.
Die Nachricht vom Tod des 33-Jährigen am Sonntag löste landesweit eine Welle der Trauer aus. Seine Gedichtsammlung war bereits im vergangenen Jahr veröffentlicht und vom ukrainischen Zweig der internationalen Schriftstellervereinigung PEN zu einem der besten literarischen Werke des Landes gekürt worden.
„Neunzig Prozent der Gedichte hier handeln vom Tod“, hatte Krywzow einen Tag vor seiner Tötung in Onlinediensten geschrieben. Dazu veröffentlichte er ein Bild, das ihn in Uniform mit einem Exemplar des Buchs neben einem Baum zeigt.
Der Leichnam des Schriftstellers wurde in der Kirche aufgebahrt, in der sich mehr als hundert Menschen versammelt hatten. „Wir beten für den Seelenfrieden des Kriegers Maxym“, sagte der Priester, der die Messe leitete. Den Schriftsteller bezeichnete er als „neuen Helden“. „Wir werden uns an ihn erinnern und unseren Kampf fortsetzen“, fügte er hinzu.
Krywzow soll in der westukrainischen Stadt Riwne beerdigt werden, aus der er stammt. Er hatte bereits 2014 im Osten der Ukraine gegen pro-russische Separatisten gekämpft.
Tage ohne Strom: Russischer Marinesoldat in eigenem Haus erfroren
14.40 Uhr: Ein russischer Marinekapitän ist in seinem Haus erfroren, nachdem ihm der Strom abgestellt worden war, so seine Familie gegenüber russischen Medien. Darüber berichtet die „Kyviv Post“.
Wie die Zeitung berichtet, wurder der 60-Jährige am 3. Januar tot in seinem Haus im Bezirk Wyborg von St. Petersburg an der Grenze zu Finnland gefunden. Sein Schwager erklärte, dass die Stromausfälle bereits am 29. Dezember des vergangenen Jahres begannen.
Russland hat derzeit mit größeren Problemen bei der Energieversorgung im Inland zu kämpfen, insbesondere in der Nähe von Moskau. In den letzten Wochen veröffentlichten lokale russische Telegram-Kanäle Fotos und Videos von Russen, die in ihren Höfen Lagerfeuer machten, und in ihren Häusern waren Heizkörper vor Kälte geplatzt.
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