Ukraine-Krieg - Stimmen und Entwicklungen - Selenskyj lehnt Nato-Beitritt ohne russisch besetzte Gebiete ab
Selenskyj lehnt Nato-Beitritt ohne russisch besetzte Gebiete ab
20.33 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lehnt die Idee eines Beitritts der Ukraine zur Nato ohne die russisch besetzten Gebiete ab. Einem geteilten Beitritt werde die Ukraine nicht zustimmen, sagte er am Dienstag vor Journalisten in Kiew. „Wir haben von keinem unserer Partner einen solchen Vorschlag erhalten. Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, wie das aussehen soll.“ Die stärkste Sicherheitsgarantie für die Ukraine sei ihr Beitritt als ganzes Land.
Der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat vorgeschlagen, dass die Ukraine in das westliche Militärbündnis aufgenommen werden könnte, auch wenn sie nicht ihr ganzes Gebiet kontrolliere. Dies würde Russland von Angriffen auf ukrainisches Gebiet in der Nato abschrecken; die Ukraine könne sich auf Frontkämpfe abseits des Kernlands konzentrieren, argumentierte er.
Der ukrainische Präsident dankte bei seiner Pressekonferenz außerdem für die deutsche Hilfe. „Deutschland ist mit Kanzler Scholz der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine - finanziell und militärisch“, sagte Selenskyj. Wie weit die Zusage von Scholz trage, der Ukraine so lange zu helfen wie nötig, werde man sehen. Man schaue „auf die Taten und nicht die Worte“, sagte Selenskyj. „Heute hilft er sehr.“ Die Ukraine wehrt seit fast 22 Monaten eine russische Invasion ab.
Russland setzt in der Ukraine jetzt angeblich Reizgas ein
19.16 Uhr: Laut ukrainischen Soldaten gab es in den letzten Tagen russische Angriffe mit Reizgas, allein in der Gegend um Robotyne habe man neun Attacken mit Gas gezählt. Drohnen würden das Reizgas direkt über den Schützengräben der Ukrainer abwerfen, erzählten die Soldaten dem US-Sender CNN.
Selenskyj sieht Mobilisierung als heikle Frage für Ukraine
17.46 Uhr: Für die Ukraine ist die Mobilisierung neuer Soldaten nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj eine teure und politisch heikle Frage. „Die Frage der Mobilisierung ist eine sehr sensible“, sagte Selenskyj am Dienstag bei einer Pressekonferenz zum Jahresabschluss in Kiew. Die Armee habe 450.000 neue Soldaten angefordert. Eine zusätzliche Mobilmachung in diesem Umfang erfordere etwa 500 Milliarden Hrywnja (12,2 Milliarden Euro). Für ihn sei es zudem wichtig, wer von den bisher kämpfenden Soldaten dann ein Recht auf Erholung und Heimaturlaub bekomme. Es werde ein komplexer Plan ausgearbeitet für diese Rotation.
Russland habe 2023 keines seiner Kriegsziele in der Ukraine erreicht, sagte Selenskyj. Moskau habe das ukrainische Gebiet Donezk nicht komplett erobern können. Stattdessen habe die Ukraine die Kontrolle über das westliche Schwarze Meer weitgehend wieder hergestellt. Die Ukraine wehrt seit Februar 2022 eine großangelegte russische Invasion ab. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte am Dienstag in Moskau, die Initiative liege derzeit bei seinen Truppen.
Militärexperte über den Dnipro-Vorstoß: „Da passiert etwas, was eigentlich nicht passieren dürfte“
Dienstag, 19. Dezember, 08.35 Uhr: Der Militärexperte Marcus Keupp hat in einem Interview mit dem ZDF über den ukrainischen Vorstoß über den Dnipro gesprochen.
„Da passiert etwas, was eigentlich nicht passieren dürfte“, so Keupp. Denn: Die Ukraine kann seit Monaten immer wieder Spezialkräfte über den Fluss bringen, und den russischen Truppen gelingt es nicht, die Ukrainer zurückzuwerfen - trotz massiver zahlenmäßiger Überlegenheit.
Keupp erklärt, dass der damalige russischen Befehlshaber Surovikin die Gegend schwächer befestigt habe als andere, wohl, weil man davon ausging, dass der Fluss und der angrenzende Sumpf genug Verteidigung sind. „Das hat die Ukraine ausgenutzt und sich dort etablieren können“, sagt Keupp. „Sie können sich nicht nur halten, sondern sogar langsam vorarbeiten.“
Ganz in der Nähe liegen zudem zwei wichtige Versorgungsrouten für die russischen Besatzer: Die Straßen M14 und M17. „Die Idee“ der Ukraine laut Keupp: Artillerie in Reichweite bringen, um die beiden Straßen unter Beschuss nehmen zu können und so die russische Versorgung zu unterbinden. An der Südwestfront „könnten die Russen sich dann nicht mehr halten.“
Putin auf Parteikongress: „Oder es wird Russland nicht mehr geben“
16.44 Uhr: Kremlchef Putin hat auf einem Kongress seiner Partei „Einiges Russland“ die Souveränität Russlands bekräftigt. „Russland kann nicht, wie etwa einige andere Länder, seine Souveränität für eine Wurst aufgeben und jemandes Satellit werden“, sagte er am Sonntag nach Angaben der Staatsagentur Tass. Mit dieser grotesken Aussage spielte er unter anderem auf die benachbarte Ukraine an, die sich einer EU-Mitgliedschaft annähert und im Abwehrkrieg gegen Russland auf großzügige militärische Hilfe aus dem Westen angewiesen ist.
Russland aber werde entweder als souveräner Staat fortbestehen, „oder es wird Russland nicht mehr geben“, sagte Putin. Zugleich betonte er, dass „westliche Rezepte für sogenannte Blumenrevolutionen“ in Russland nicht funktionieren würden, auch wenn der Westen bereits „eine echte Aggression entfesselt“ habe. Mit dieser von Jahr zu Jahr eskalierenden Aggression wolle der Westen nicht nur die russische Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch das politische Staatssystem zum Einsturz bringen. „Sie glaubten und glauben, dass sie in unserem Land innere Unruhe säen können“, sagte Putin.
Ukrainischer Außenminister für Erhöhung der Waffenproduktion
07.19 Uhr: Die Ukraine setzt im Abwehrkrieg gegen Russland auf ein Hochfahren der Rüstungsindustrie im eigenen Land und bei den Verbündeten. „Die Ukraine zusammen mit ihren Partnern hat die Produktion der Waffen ebenso zu erhöhen“, sagte Außenminister Dmytro Kuleba am Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ mit Blick auf ähnliche Ankündigungen aus Moskau. Die Ukraine und ihre Verbündeten müssten wie eine Militärkoalition zusammen handeln. „Wir müssen entschieden bleiben, zusammenhalten, einander unterstützen.“
Kremlchef Wladimir Putin hatte vor gut einer Woche gesagt, die eigene Rüstungsindustrie produziere um ein Vielfaches mehr im Vergleich zum Kriegsbeginn vor fast 22 Monaten. Anfang Dezember hatte die Ukraine selbst mitgeteilt, die russische Rüstungsindustrie habe die Produktion von Raketen und Kampfdrohnen hochgefahren.
Kuleba sagte weiter, die Signale, die Präsident Wolodymyr Selenskyj von seinem jüngsten Besuch aus Washington mitgebracht habe, seien trotz der weiter blockierten US-Militärhilfen hoffnungsvoll. Selenskyj habe „sehr schöne Gespräche“ mit dem republikanischen Sprecher gehabt und Senatoren getroffen. Die letzte Entscheidung des Europäischen Rates, die Verhandlungen zur Mitgliedschaft der Ukraine in der EU zu beginnen - das sei ein Signal an die USA: Europa bleibe stark. „Ich bin sicher, diese Entscheidung stimuliert ebenso die USA, ihre eigenen Entscheidungen zugunsten der Ukraine zu treffen.“ Die Freigabe neuer US-Hilfen für die Ukraine wird derzeit von einem Streit im US-Parlament zwischen Republikanern und Demokraten blockiert.
Behörden: Abhörwanze in einem der Büros des ukrainischen Armeechefs entdeckt
Montag, 18. Dezember, 00.04 Uhr: In einem der Büros des ukrainischen Armeechefs Waleryj Saluschnyj ist nach Angaben der Sicherheitsbehörden des Landes eine Abhörwanze entdeckt worden. Diese sei aber „nicht funktionsfähig“ gewesen, erklärten die Behörden am Sonntag im Onlinedienst Telegram. Das Abhörgerät sei nicht in Saluschnyjs eigentlichem Büro gefunden worden, sondern in einem Raum, den er künftig hätte nutzen können.
Es sei eine Untersuchung eingeleitet worden wegen illegaler Nutzung technischer Mittel zur Informationsbeschaffung, fügten die Sicherheitsbehörden hinzu, ohne Angaben zur möglichen Herkunft der Wanze zu machen.
Kämpfe in südrussischer Region Belgorod
19.40 Uhr: Mehrere Ortschaften in der russischen Region Belgorod unweit der Grenze zur Ukraine sind am Sonntag unter Beschuss geraten. Während russische Medien von einem Angriff regulärer ukrainischer Einheiten berichteten, sprach der ukrainische Militärgeheimdienst von einem unerwarteten Angriff durch „Gegner des Kreml-Regimes“. Eine unabhängige Klärung war nicht möglich.
Nach russischen Angaben wurden mehrere Dörfer angegriffen. Ukrainische Quellen wiederum sprachen von Attacken gegen militärische Ziele in der Region, in deren Verlauf russische Artillerie „chaotisches Feuer“ auf mehrere Dörfer auf russischer Seite der Grenze eröffnet haben soll. Belgorod liegt knapp 50 Kilometer nördlich der ukrainischen Großstadt Charkiw.
Putin nennt Warnung vor Moskauer Angriff auf Nato-Staaten „Blödsinn“
Sonntag, 17. Dezember, 11.39 Uhr: Kremlchef Wladimir Putin hat Befürchtungen des Westens vor einem möglichen Angriff Russlands auf einen Mitgliedsstaat der Nato als „völligen Blödsinn“ zurückgewiesen. US-Präsident Joe Biden benutze solche Warnungen, um von Fehlern in seiner Russland-Politik abzulenken, sagte Putin dem russischen Staatsfernsehen in einem am Sonntag veröffentlichten Interview zu der Frage, ob Russland ein Nato-Land überfallen werde. Biden selbst verstehe, dass „Russland keine Gründe, kein Interesse - weder geopolitisch noch wirtschaftlich noch militärisch – hat, mit Staaten der Nato zu kämpfen“, sagte Putin.
„Wir haben keine territorialen Ansprüche aneinander, keinen Wunsch, unsere Beziehungen mit ihnen zu verderben“, sagte Putin mit Blick auf die Nato-Staaten. Der Kremlchef, der seit fast zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, hatte immer wieder vor einer Ausdehnung der Nato nach Osten bis an Grenzen Russlands gewarnt. Mit seinem Überfall auf die Ukraine will er auch einen Nato-Beitritt des Nachbarlandes verhindern.
Dagegen warnen die Ukraine und westliche Staaten davor, dass Putin im Fall eines Sieges als nächstes die Nato-Mitglieder im Baltikum und andere Länder des Militärbündnisses angreifen werde. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert vom Westen, Kiew dabei militärisch so stark zu unterstützen, dass Russland in dem Krieg eine strategische Niederlage erleide und nie wieder ein Land überfallen könne.
Eine Folge von Putins Invasion in der Ukraine ist die Nato-Mitgliedschaft seines lange neutralen Nachbarlandes Finnland. Der Kremlchef betonte, dass Russland mit dem Land keine Konflikte mehr gehabt habe. „Es gab keine Probleme. Aber jetzt wird es sie geben, weil wir nun den Leningrader Militärbezirk gründen und dort bestimmte militärische Einheiten konzentrieren werden“, sagte Putin, ohne Details zu nennen. Der Westen werde mit Russland an diesen Kontaktlinien rechnen müssen.
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