Ukraine-Krieg - Stimmen und Entwicklungen - Soldaten fliehen nach 70 Tagen aus russischem Kessel - Rekord-Verluste bei Putins Truppen
Brand in russischer Ölraffinerie nach Drohnenangriff
09.21 Uhr: Die Ukraine hat nach russischen Angaben mit einer Drohne eine Ölraffinerie in der Region Rostow im Süden Russlands in Brand gesetzt. Nach dem Drohnenangriff in der Nacht zum Samstag sei in der Raffinerie im Verwaltungsbezirk Zimljansk ein Feuer ausgebrochen, teilte Rostows Gouverneur Wassili Golubew im Onlinedienst Telegram mit. Ersten Erkenntnissen zufolge gebe es keine Toten oder Verletzten. Der Angriffsort ist mehrere hundert Kilometer von der Frontlinie in der Ukraine entfernt.
Das russische Verteidigungsministerium erklärte unterdessen, die russische Armee habe insgesamt vier von der Ukraine abgefeuerte Drohnen abgefangen und zerstört, zwei in der Region Rostow, eine in der Region Belgorod an der ukrainischen Grenze und eine in der Grenzregion Kursk weiter nördlich. Den Brand in der Ölraffinerie erwähnte das Ministerium nicht.
Russland und die Ukraine setzen seit Beginn der russischen Offensive im Februar 2022 bei ihren gegenseitigen Angriffen regelmäßig Drohnen ein. Die Ukraine hat ihre Angriffe auf russisches Territorium in den vergangenen Monaten verstärkt und zielt dabei unter anderem auf die Energieinfrastruktur Russlands. Die russische Armee nimmt ihrerseits systematisch die ukrainische Energieinfrastruktur unter Beschuss.
Russland verliert 70.000 Soldaten binnen zwei Monaten
Samstag, 13. Juli, 08.45 Uhr: Die russischen Truppen haben in ihrem Angriffskrieg nach britischen Schätzungen allein in den vergangenen zwei Monaten mehr als 70.000 Soldaten verloren. Im Mai habe die tägliche Rate von Getöteten und Verwundeten 1262 Soldaten betragen, im Juni seien es durchschnittlich 1163 gewesen, teilte das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit.
Es sei wahrscheinlich, dass Russland auch in den kommenden zwei Monaten mehr als 1000 Soldaten täglich verliert, da versucht werde, die ukrainischen Stellungen mit Massenangriffen zu überwältigen. „Der Anstieg bei den Verlusten spiegelt wider, dass Russland im Gebiet Charkiw eine neue Front eröffnet und die Angriffsrate an den übrigen Fronten gleich gehalten hat“, hieß es zur Erklärung in London.
Moskau: Telefonat mit US-Verteidigungsminister zu Verringerung von „Eskalationsgefahr“
19.13 Uhr: Der russische Verteidigungsminister Andrej Beloussow und sein US-Kollege Lloyd Austin haben nach russischen Angaben vom Freitag telefoniert und über eine Verringerung des Risikos einer „möglichen Eskalation“ gesprochen.
Die Initiative für das Telefonat sei von Moskau ausgegangen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Dabei sei „die Frage einer Vermeidung von Sicherheitsbedrohungen und die Reduzierung der Gefahr einer möglichen Eskalation erörtert worden“.
Ukrainische Soldaten entkommen nach 70 Tagen aus russischem Kessel
12.53 Uhr: Ukrainischen Soldaten ist die Flucht aus einem russischen Kessel geglückt. Wie das 225. Sturmbataillon der ukrainischen Armee auf Facebook schreibt, habe sich die kleine Truppe mehr als zwei Monate gegen mehrere russische Verbände gewehrt. Währenddessen wurde die Einheit aus der Luft per Drohne mit Munition und Lebensmitteln versorgt und wartete auf Verstärkung. Auf einem Bild sind Soldaten mit langen Bärten und kaputten Uniformen zu sehen.
Wie das US-Nachrichtenmagazin „Forbes“ berichtet, verteidigte die Einheit eine Stellung in der Nähe der hart umkämpften Stadt Tschassiw Jar in der Region Donezk. Durch den Vormarsch der russischen Truppen sei die Gruppe eingeschlossen worden. Daraufhin verschanzten sich die Kämpfer nach eigenen Angaben.
Erst nach 70 Tagen gelang es Mitglieder einer anderen Brigade, einen Weg zu den Soldaten freizukämpfen. Sie wurden in ein Lazarett gebracht. Wie viele Kämpfer genau eingeschlossen waren, ist bislang nicht bekannt. Die Stellung ist in jedem Fall noch immer in ukrainischer Hand.
London: Russland verliert 70.000 Soldaten in zwei Monaten
12.34 Uhr: Die russischen Truppen haben in ihrem Angriffskrieg nach britischen Schätzungen allein in den vergangenen zwei Monaten mehr als 70.000 Soldaten verloren. Im Mai habe die tägliche Rate von Getöteten und Verwundeten 1262 Soldaten betragen, im Juni seien es durchschnittlich 1163 gewesen, teilte das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit. Das ist ein Allzeithoch im Ukraine-Krieg.
Es sei wahrscheinlich, dass Russland auch in den kommenden zwei Monaten mehr als 1000 Soldaten täglich verliert, da versucht werde, die ukrainischen Stellungen mit Massenangriffen zu überwältigen.
„Der Anstieg bei den Verlusten spiegelt wider, dass Russland im Gebiet Charkiw eine neue Front eröffnet und die Angriffsrate an den übrigen Fronten gleich gehalten hat“, hieß es zur Erklärung in London. Russland habe zwar den Druck auf die Front erhöht. „Aber eine wirksame ukrainische Verteidigung und mangelnde russische Ausbildung schränken Russlands Möglichkeiten ein, taktische Erfolge zu erzielen, trotz der Versuche, die Frontlinie weiter auszudehnen.“
Am Ende noch ein Eklat: Ungarn provoziert bei Nato-Gipfel
Freitag, 12. Juli 2024, 06.55 Uhr: Die ungarische Regierung hat den Nato-Partnern zum Abschluss des Bündnisgipfels in Washington Doppelmoral und Versagen im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorgeworfen. „Wir werden weiterhin für Dialog und diplomatische Kanäle eintreten, da die derzeitige Strategie der letzten zweieinhalb Jahre ein totaler Fehlschlag war“, sagte Außenminister Peter Szijjarto nach Angaben eines Sprechers in einer Sitzung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Szijjarto vertrat dort Regierungschef Viktor Orban, der den Gipfel vorzeitig verlassen hatte, um den früheren US-Präsidenten Donald Trump in Florida zu treffen.
Konkret kritisierte Szijjarto, dass es inkonsistent sei, dass die Nato den Dialog mit Russland ablehne, während Israel gedrängt werde, mit der Hamas zu verhandeln.
„Sie wollen, dass Israel mit einer terroristischen Organisation verhandelt, um eine Sicherheitskrise zu lösen, während die diplomatischen Kanäle für den Ukraine-Krieg geschlossen sind“, sagte er.
Verdacht von Geheimverhandlungen
Als ebenfalls inkonsistent kritisierte Szijjarto, dass auf EU-Länder wie Ungarn Druck ausgeübt werde, die nukleare Zusammenarbeit mit Russland zu beenden, während der Handel zwischen den USA und Russland, insbesondere im Bereich Uran, zunehme. Dabei stellte er auch die Frage, ob es vielleicht Geheimverhandlungen gebe.
Zu dem Nato-Beitrittswunsch der Ukraine sagte Szijjarto, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine das Bündnis aus ungarischer Sicht schwächen könnte. Es sei deswegen wichtig, die Mitgliedschaft genau zu prüfen.
Nato-Partner widersprechen
Von Sitzungsteilnehmern hieß es nach dem Gipfel, Ungarn sei bei der Diskussion isoliert gewesen. Mehrere Alliierte hätten auch klar zum Ausdruck gebracht, dass sie mit den Einlassungen des ungarischen Außenministers nicht einverstanden seien.
Die Reise von Orban zu Trump hatte bei dem Gipfel schon vor der Rede seines Außenministers für Diskussionen gesorgt. Der frühere US-Präsident, der nach seiner Abwahl vor vier Jahren nun wieder bei der Präsidentschaftswahl antritt, gilt wie Orban als offen für Verhandlungen mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Nach einem Treffen im März hatte Orban Trump als „Präsidenten des Friedens„ bezeichnete, während der Amerikaner den Ungarn als „besten Führer“ überhaupt rühmte.
Scholz bekommt Frage zu Orban
Vor seiner Reise in die USA hatten Orban im Rahmen einer von ihm als „Friedensmission“ bezeichneten Reise die Ukraine, Russland und dann China besucht.
Vor allem in Brüssel sorgte dies für Aufregung, weil Ungarn derzeit auch die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat und der Kreml den Moskau-Besuch für seine Propaganda ausschlachtete.
Bundeskanzler Olaf Scholz erteilte allerdings Forderungen nach Konsequenzen wie zum Beispiel einem vorzeitigen Ende der ungarischen Ratspräsidentschaft eine Absage. „Solche Überlegungen gibt es nicht“, sagte er vor der Presse nach dem Gipfel.
Biden: Für Gespräch muss Putin sein Verhalten ändern
02.57 Uhr: US-Präsident Joe Biden ist nur unter bestimmten Bedingungen gewillt, mit Kremlchef Wladimir Putin zu sprechen. „Ich bin nicht bereit, mit Putin zu reden, solange Putin nicht bereit ist, sein Verhalten zu ändern„, sagte Biden bei einer Pressekonferenz beim Nato-Gipfel in Washington.
Generell betonte der 81-Jährige, dass er bereit sei, mit jedem Staats- und Regierungschef zu sprechen - auch etwa mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping. Das gelte auch, wenn Putin ihn anrufen würde, um zu reden. “Ich will damit sagen, dass ich bereit bin, mit jedem zu reden, aber ich sehe keine Bereitschaft dazu“, sagte Biden und relativierte seine erste Aussage zu Putin etwas.
Biden sagte weiter, Putin habe “ein Problem“. Russland habe in der Ukraine zwar erheblichen Schäden angerichtet und Menschen getötet. Aber Moskaus Krieg sei nicht sonderlich erfolgreich im Hinblick auf den russischen Gewinn von Territorium.
Auch Russlands Militär habe große Verluste während des Kriegs erlitten, sagte Biden. Wenn man Russland erlaube, in der Ukraine erfolgreich zu sein, werde Moskau dort nicht aufhören, sondern weitermachen, warnte er.
UN-Vollversammlung verlangt Russlands Rückzug von AKW
Freitag, 12. Juli, 01.31 Uhr: Die Weltgemeinschaft hat Russland zu einem Rückzug vom ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja aufgefordert. 99 der 193 Mitglieder der Vollversammlung der Vereinten Nationen stimmten am Donnerstag für eine entsprechende Resolution, die von Deutschland und Dutzenden weiteren Ländern eingebracht wurde. Neun Länder stimmten dagegen, 60 enthielten sich.
Der rechtlich nicht bindende Beschluss des größten UN-Gremiums fordert unter anderem, „dass die Russische Föderation dringend ihr militärisches und sonstiges nicht autorisiertes Personal aus dem Kernkraftwerk Saporischschja abzieht und das Kraftwerk unverzüglich wieder unter die volle Kontrolle der souveränen und zuständigen Behörden der Ukraine stellt“.
Moskau müsse auch unverzüglich seine Angriffe auf die Energie-Infrastruktur der Ukraine einstellen, hieß es im Text weiter. Zudem bekräftigte die Vollversammlung ihre Forderung an Russland, den Angriff auf sein Nachbarland zu beenden und sich aus der Ukraine zurückzuziehen.
USA geben Ukraine weitere Militärhilfe
21.45 Uhr: Die USA stellen der Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffskriegs weitere Militärhilfe zur Verfügung. Das neue Paket mit einem Umfang von 225 Millionen US-Dollar (rund 207 Millionen Euro) enthalte unter anderem das bereits von den USA angekündigte Patriot-Luftabwehrsystem, zudem Flugabwehrraketen des Nasams-Systems, Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars sowie Artilleriemunition mit den Kalibern 155 und 105 Millimeter, teilte die US-Regierung mit. Die Waffen stammen den Angaben zufolge aus Beständen des US-Militärs.
Kurz vor der Ankündigung hatten sich US-Präsident Joe Biden und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Rande des Nato-Gipfels zu einem Gespräch getroffen. Die USA und weitere Nato-Staaten hatten der Ukraine bereits zum Beginn des Gipfels umfangreiche Ausrüstung zur Abwehr russischer Luftangriffe versprochen. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs haben die USA nach Pentagon-Angaben militärische Hilfe in Höhe von mehr als 53,7 Milliarden US-Dollar (rund 49,4 Milliarden Euro) für Kiew bereitgestellt.
Selenskyj: Auflagen für westliche Waffen müssen enden
21.37 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat beim Nato-Gipfel in Washington erneut die Aufhebung aller Auflagen für den Einsatz westlicher Waffen gegen russisches Staatsgebiet gefordert. „Wenn wir siegen und unser Land bewahren wollen, dann müssen all diese Einschränkungen aufgehoben werden“, betonte der ukrainische Staatschef bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Es gehe dabei vor allem Militärstützpunkte im russischen Hinterland, von denen Raketenangriffe wie am Montag auf die Hauptstadt Kiew ausgehen. „Wenn sie uns angegriffen und unsere Kinder getötet haben, ist es verrückt zu fragen, warum wir diese Militärbasis nicht angreifen dürfen“, sagte Selenskyj.
Die Ukraine verteidigt sich mit massiver westlicher Unterstützung gegen die russische Invasion. Mehrere Verbündete haben Kiew Raketen und Marschflugkörper mit höheren Reichweiten geliefert, aber deren Einsatzgebiet auf an die Ukraine grenzende russische Gebiete begrenzt. Raketenangriffe wie am Montag werden dabei jedoch von Luftwaffenbasen in über 600 Kilometern Entfernung von der ukrainischen Grenze gestartet. Die von Großbritannien und Frankreich bereitgestellten Marschflugkörper können diese nicht erreichen. Auch die von Raketenwerfersystemen verschossenen US-amerikanischen ATACMS-Raketen haben nur eine Reichweite von gut 300 Kilometern. Die ukrainische Armee griff diese Luftwaffenstützpunkte allerdings bereits selbst mit Drohnen aus eigener Produktion an.
Kreml-Sprecher Peskow: „Wir unternehmen stetig Schritte in Richtung Kalter Krieg“
21.24 Uhr: Russland hat die Vereinbarung zur Stationierung von US-Langstreckenraketen in Deutschland als Schritt „in Richtung Kalter Krieg“ verurteilt. „Wir unternehmen stetig Schritte in Richtung Kalter Krieg“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag einem staatlichen Fernsehsender und warf den USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien eine direkte Beteiligung „am Konflikt rund um die Ukraine“ vor. „Alle Merkmale des Kalten Krieges mit der direkten Konfrontation kehren zurück“, fügte Peskow hinzu.
„All dies wird unternommen, um unsere strategische Niederlage auf dem Schlachtfeld sicherzustellen“, führte der Sprecher von Russlands Staatschef Wladimir Putin aus. Für Russland sei dies aber „kein Grund, pessimistisch zu sein - im Gegenteil: Es ist ein Grund, an einem Strang zu ziehen und unser enormes Potenzial zu nutzen und alle Ziele zu erfüllen, die wir im Rahmen der militärischen Spezialoperation festgelegt haben“, fügte Peskow mit Blick auf die Ukraine hinzu.
Deutschland und die USA hatten am Mittwochabend am Rande des Nato-Gipfels verkündet, dass die US-Armee - nach mehr als 20 Jahren Pause - ab 2026 wieder Langstreckenwaffen in Deutschland stationieren will, zur besseren Abschreckung gegen Russland. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte dies am Donnerstag als „sehr gute Entscheidung“, die den „Frieden sichert“.
Russisches Attentat auf Rheinmetall-Chef Papperger vereitelt
19.02 Uhr: Die US-Regierung hatte Anfang des Jahres enthüllt, dass Russland einen Mordversuch auf den Geschäftsführer eines mächtigen deutschen Waffenherstellers geplant hatte. Nun kommt heraus, dass es sich um Rheinmetall-Chef Armin Theodor Papperger handelte. Die ganze Geschichte lesen Sie hier.
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