Söder gegen Pistorius? Der Poker um die K-Fragen nimmt an Fahrt auf
Söder gegen Pistorius statt Merz gegen Scholz? Umfragen machen Parteistrategen nachdenklich. Die K-Fragen bei SPD und Union könnten noch einmal Fahrt aufnehmen.
Berlin/München – Nur 13,9 Prozent: Es war das schlechteste Ergebnis, das die SPD je bei einer bundesweiten Wahl eingefahren hat. Und trotzdem gab es dazu vom Kanzler an den Folgetagen nur dürre Sätze wie: „Das Wahlergebnis war für alle drei Regierungsparteien schlecht“, keiner sei gut beraten, zur Tagesordnung überzugehen. Kein Wort zur persönlichen Verantwortung. Immerhin war Scholz das Risiko eingegangen, sich vor der Europawahl bundesweit als Friedens-Kanzler plakatieren zu lassen. Es war also nicht nur eine Niederlage der SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley. Es war seine Niederlage.
Pistorius führt Beliebtheits-Rankings an – tauscht die SPD ihren Kanzlerkandidaten?
Abseits der offiziellen Vertrauens-Bekundungen seiner Parteifreunde gibt es in der Partei längst „Geraune“ (so das „Handelsblatt“), ob die SPD nicht doch den derzeit laut allen Umfragen beliebtesten Politiker Deutschlands als Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken sollte: Boris Pistorius. Der einzige SPD-Promi, der es wagte, Scholz offen zu brüskieren, ist Franz Müntefering. Das SPD-Urgestein sagte schon vor dem Europawahl-Debakel, die Kanzlerkandidatur in der SPD sei für ihn noch nicht entschieden.
Dass ein Kanzler nach nur einer Amtszeit nicht noch einmal kandidiert, dafür gibt es in der Geschichte der Bundesrepublik bislang nur ein Beispiel: Die Unionsfraktion bestimmte 1966 Kurt Georg Kiesinger zum Kanzlerkandidaten, nicht den amtierenden Kanzler Ludwig Erhard.
Das Hauptargument der Scholz-Verteidiger, auf den Kanzlerbonus des spröden Hamburgers zu setzen, sind die noch schlechteren Umfrage-Werte für Friedrich Merz. Im direkten persönlichen Vergleich liegt Scholz da (bei den meisten Instituten) vorne. „Die einzige Chance für Olaf nochmal Kanzler zu werden, heißt Friedrich Merz“, heißt es deshalb oft in SPD-Kreisen.
„Keine Vorentscheidung“ für Merz – Wüst und Söder lauern auf Kanzlerkandidatur
Doch seit der Europawahl legen die Beliebtheitswerte von Merz zu: Laut einer Insa-Umfrage für „Bild“ gewann Merz im Vergleich zur Vorwoche spürbar dazu und kletterte vom sechsten auf den fünften Rang der deutschen Lieblings-Politiker. Die Liste im Überblick: Pistorius führt vor CSU-Chef Söder, NRW-Regent Hendrik Wüst, Sahra Wagenknecht und Friedrich Merz. Merz liegt damit bei Insa wie bei allen anderen Umfrageinstituten aber noch hinter Söder. Auch deshalb wird in der Union weiter darüber geraunt, ob Merz wirklich der Richtige für die Kanzlerkandidatur ist. Wenn trotz desaströsem Ampel-Image die Union bei 30 Prozent auf eine Art „gläserne Decke“ stößt, stimme etwas nicht, sagt einer aus der engsten CSU-Spitze.
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Es falle schon einigen auf, dass Merz in einem direkten Duell gegen SPD-Kanzler Scholz nicht gut abschneide. Man müsse „schauen, mit wem kann man das beste Ergebnis erzielen“, sagt Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek. Söder selbst griff Irritationen in der CDU auf, wo Wüst von „eher fünf als zehn“ möglichen Kanzlerkandidaten gesprochen hatte. „Es scheint ja in der CDU jetzt wieder Diskussionen zu geben“, sagte Söder. Er betont, dass der Europawahl-Erfolg der Union „keine Vorentscheidung“ über die K-Frage gebracht habe.
Grünen-Politiker immer unbeliebter – nur Özdemir in der Top-10
Wie am Ende ein Weg aussehen könnte, Söder ohne schwerste Brüche mit der CDU in die Nähe einer Kandidatur zu bringen, wissen auch erfahrene CSU-Strategen nicht. Die Taktik ist aber, von Zeit zu Zeit Zweifel zu streuen, um Söder im Rennen zu halten.
Ein Fingerzeig ist die Insa-Hitliste derweil auch für die Grünen. Auf Platz 9 liegt ihr Realo-Minister Cem Özdemir, auf 15 und 16 erst folgen die Kollegen Robert Habeck und Annalena Baerbock. KR/CD