Nürnberg will Kaufhof an den Kragen – Kritik an Söder-Vorstoß
Um die strauchelnde Nürnberger City auf die Sprünge zu helfen, denken Ministerpräsident Markus Söder und Oberbürgermeister Marcus König (CSU) laut über den Abriss des leerstehenden Kaufhofs nach. Protest kommt nicht nur von den Grünen.
Nürnberg - Die Nürnberger Innenstadt hat es derzeit nicht einfach. Der verwaiste „City Point“ kommt nicht auf die Beine. Und auch der Kaufhof in der Königstraße steht schon seit fast einem Jahr leer. Jetzt ist Ministerpräsident Markus Söder mit Oberbürgermeister Marcus König (beide CSU) auf die Idee gekommen, ernsthaft über einen Abriss des leerstehenden Kaufhauses nachzudenken. Und das obwohl der 1950 errichtete Warentempel zwischen Mauthalle und Lorenzkirche erst im letzten Jahr vom Landesamt für Denkmalpflege als „höchst anschaulicher“ Bauzeuge des fränkischen Wirtschaftswunders auf die Denkmalliste gesetzt worden ist.
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Nürnberg: Kaufhof soll Platz machen für Kongresszentrum
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz haben Söder und König die Errichtung eines neuen Kongress- und Tagungszentrums in der City ins Spiel gebracht. Selbst ein Abriss dürfe laut CSU kein Tabu mehr sein, um die Entwicklung der gebeutelten Innenstadt zu stärken. Laut CSU könnte Nürnberg mit einem neuen „Convention Center City“ (CCC) unter dem Dach der Nürnberger Messegesellschaft eine zukunftsweisende Infrastruktur schaffen, um einer der größten Fußgängerzonen in ganz Europa wieder in Schwung zu bringen.

Galeria-Pleite und Kaufhof-Aus - Nürnberg Messe will Machbarkeit prüfen
Unter den Messehallen ist die Freude über den Vorstoß groß. „Als NürnbergMesse weisen wir schon seit langem immer wieder darauf hin, dass in der Stadt Nürnberg ein weiteres Kongresscenter für die Durchführung von Veranstaltungen in der Größenordnung 500 bis 1000 Teilnehmende fehlt“, teilt Ulf Santjer, Pressesprecher der Messe Nürnberg, auf Anfrage mit und erklärt, dass die Messe derzeit die Machbarkeit des Kaufhof-Standortes insbesondere im Hinblick auf die vorhandene Architektur und das Raumangebot auf Wunsch der Stadt genau unter die Lupe nehmen wolle. Diese Untersuchung wird laut Santjer aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Erst danach dürfte feststehen, ob tatsächlich ein Abriss oder durch „nur“ eine Entkernung notwendig ist.

Grüne kritisieren „Gutsherrenart“ der CSU
Dennoch kommt bereits Widerspruch zum Beispiel von den Nürnberger Grünen, die von einem „Schnellschuss“ sprechen. „Es ist völlig verfrüht, jetzt eine Abrissdebatte zu führen“, hat beispielsweise die grüne Landtagsabgeordnete aus Nürnberg, Sabine Weigand, kritisiert. Zunächst müsse untersucht werden, was in dem Kaufhaus von 1950 möglich sei. „Wir wissen nicht, in welchem Zustand die Bausubstanz ist.“
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Söder versuche laut Weigand nach Gutsherrenart die Axt an den Denkmalschutz zu legen. In die gleiche Kerbe hat der grüne Bundesabgeordnete aus Nürnberg, Sascha Müller, gehauen. „Abriss und Neubau sind aufgrund der Vernichtung grauer Energie und des immensen Müllaufkommens die schlechteste aller möglichen Alternativen“, ist sich der ehemalige Sportjournalist sicher.
Kritik kommt sogar aus Nürnberger Stadtspitze
Selbst aus dem eigenen Rathaus kommt vorsichtige Kritik an den Abrissplänen. „Der Kaufhof ist ein Baudenkmal in gutem Zustand, mit dem man viel machen kann“, findet Nürnbergs Baureferent Daniel F. Ulrich und fordert vor einer Abbruchdebatte erst einmal eine Nutzungsdebatte zu führen. „Ich habe jedenfalls bisher noch nie dem Abbruch eines nutzbaren Denkmals zugestimmt“, fügt Ulrich warnend hinzu.

Derweil dürften viele Freunde der Nürnberger Altstadt darauf hoffen, dass die Tage der vergleichsweise nüchternen Wirtschaftswunder-Glasfassade in der prachtvollen Königstraße schon bald gezählt sind. Schon nach der Aufnahme in die Denkmalliste hatte es Kritik beispielsweise von den Altstadtfreunden gegeben, die sich für den Schutz der mittelalterlichen Erscheinungsbildes der Nürnberger Altstadt einsetzen.
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