Ukraine-Krieg - Stimmen und Entwicklungen - Kretschmer legt Ukraine „vorübergehenden“ Gebietsverzicht nahe

Kretschmer legt Ukraine "vorübergehenden" Gebietsverzicht nahe

Mittwoch, 27. Dezember, 06.46 Uhr: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat der ukrainischen Regierung für einen Waffenstillstand im Krieg gegen die russischen Invasionstruppen einen vorübergehenden Gebietsverzicht nahegelegt. „Es kann sein, dass die Ukraine bei einem Waffenstillstand erst einmal hinnehmen muss, dass gewisse Territorien für die Ukraine vorübergehend nicht erreichbar sind“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Mittwoch.

„Kein Quadratmeter des ukrainischen Territoriums ist russisch geworden“, betonte Kretschmer. „Aber wie auch in anderen großen Konflikten wird es hier Zeit für eine endgültige Lösung brauchen.“

Kretschmer rief die Bundesregierung erneut dazu auf, nicht nur Waffen an die Ukraine zu liefern, sondern auch diplomatische Initiativen zu ergreifen. Nötig seien Verbündete, um auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin „einzuwirken und einen Waffenstillstand möglich zu machen“.

„Leider vertritt die Bundesregierung die Grundhaltung: Wir wollen keine Verhandlungen, sondern Waffenlieferungen“, sagte der Ministerpräsident den Funke-Zeitungen. „Die Amerikaner sind da weiter. Sie haben erkannt, dass der Krieg so nicht zu gewinnen ist.“

Nötig sei eine Kehrtwende in der Russland-Politik. „Russland ist unser Nachbar. Ein gefährlicher, unberechenbarer Nachbar“, sagte Kretschmer. „Die Vorstellung, Russland militärisch, politisch und wirtschaftlich so zu schwächen, dass es uns nicht mehr gefährlich werden kann, ist eine Haltung, die aus dem 19. Jahrhundert kommt. Sie legt das Fundament für weitere Konflikte.“

Kretschmer hat mit Äußerungen zum Ukraine-Krieg immer wieder Kritik auf sich gezogen. So warb der CDU-Politiker im November dafür, den Konflikt „einzufrieren“.

Opfer bei russischem Angriff auf Bahnhof in Cherson

22.26 Uhr: Russland hat in der Südukraine nach Angaben aus Kiew den Bahnhof der Stadt Cherson beschossen. Zum Zeitpunkt des Angriffes hätten dort viele Zivilisten auf einen Evakuierungszug gewartet, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die Zahl der Toten und Verletzten werde noch ermittelt. Der ukrainische Innenminister, Ihor Klymenko, schrieb derweil auf Telegram von einem getöteten Polizisten und zwei weiteren Verletzten. Die Behörden teilten mit, dass mehr als 100 Zivilisten nun mit Bussen aus der frontnahen Stadt hinaus und in Sicherheit gebracht werden sollen.

Cherson ist die Hauptstadt des gleichnamigen Gebiets Cherson im Süden der Ukraine. Kurz nach Kriegsbeginn vor fast zwei Jahren wurde sie von russischen Truppen besetzt, einige Monate später jedoch von den Ukrainern wieder befreit. Seitdem sind die Menschen in Cherson immer wieder heftigem Beschuss durch die russische Armee ausgesetzt, die weiterhin Gebiete auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses Dnipro kontrolliert.

Ukrainischer Oberfehlshaber gibt Rückzug aus Marjinka zu

17.01 Uhr: Der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj hat einen weitgehenden Rückzug seiner Truppen aus der völlig zerstörten Kleinstadt Marjinka im östlichen Gebiet Donezk eingeräumt. Die Streitkräfte befänden sich im nördlichen Teil, außerhalb von Marjinka seien neue Verteidigungslinien vorbereitet worden, sagte der General am Dienstag vor Journalisten in Kiew. Tags zuvor hatte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu die Eroberung der seit Februar 2022 umkämpften Stadt verkündet.

Gleichzeitig sprach Saluschnyj von der Möglichkeit, dass es den russischen Truppen gelingen würde, die nördlich von Donezk gelegene Stadt Awdijiwka in „zwei bis drei Monaten“ zu erobern. „Wir müssen uns nicht an eine bestimmte Siedlung klammern und eine Show oder Trauer darum veranstalten“, sagte er. Zwar werde die Verteidigung so lange wie möglich aufrechterhalten. Jedoch sei es Kiew wichtiger, die Soldaten für eine spätere Rückeroberung aufzusparen.

Kiew wehrt seit mehr als 22 Monaten eine russische Invasion ab. Nach einer als weitgehend gescheitert geltenden ukrainischen Gegenoffensive haben die russischen Truppen zuletzt vor allem in der Ostukraine die Initiative zurückerlangt. Einschließlich der bereits 2014 durch Russland annektierten Halbinsel Krim steht fast ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets unter russischer Kontrolle.

Bei Explosion auf Krim ein Toter und zwei Verletzte in Feodossija

Dienstag, 26. Dezember 2023, 08.45 Uhr: Bei dem ukrainischen Angriff auf den Hafen der Stadt Feodossija auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim ist laut Behörden ein Mensch getötet worden. Es gebe auch zwei Verletzte, teilte der von Moskau eingesetzte Krim-Statthalter Sergej Aksjonow am Dienstag mit. Durch die Wucht der Detonation seien sechs Häuser beschädigt worden. Demnach zerbrachen vor allem Fensterscheiben. Bewohner mussten laut Aksjonow bei Verwandten, Freunden und in Notunterkünften in Sicherheit gebracht werden.

Nach Angaben der ukrainischen Luftstreitkräfte wurde bei dem Angriff in der Nacht zum Dienstag ein Kriegsschiff der russischen Schwarzmeerflotte zerstört. Das große Landungsschiff „Nowotscherkassk„ sei mit Marschflugkörpern getroffen worden, teilte der Kommandeur der Luftstreitkräfte, Mykola Oleschtschuk, mit. In sozialen Netzwerken waren Fotos und Videos einer großen Explosion zu sehen. Die Echtheit der Aufnahmen und die Angaben Oleschtschuks konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Der Chef der Krim-Republik, Aksjonow, bestätigte bei Telegram in der Nacht eine “feindliche Attacke“ samt Detonation und Feuer in der Region Feodossija. Das Gebiet sei abgeriegelt worden. Aksjonow forderte die Menschen auf, Ruhe zu bewahren. Die von Russland bereits 2014 unter Bruch des Völkerrechts einverleibte Krim ist immer wieder Ziel ukrainischer Angriffe - seit Moskau am 24. Februar 2022 seinen Krieg gegen das Nachbarland begonnen hatte.

Selenskyj sendet Weihnachtsgrüße: „Das Böse wird besiegt“

18.05 Uhr: An Heiligabend hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit einer Weihnachtsbotschaft an seine Landsleute gewandt und ihnen angesichts des seit fast zwei Jahren andauernden russischen Angriffskriegs Mut zugesprochen. „Am Ende wird die Dunkelheit verlieren. Das Böse wird besiegt“, sagte Selenskyj in einer am Sonntag veröffentlichten Videobotschaft. An den Feiertagen bete das ganze Land zusammen, fügte er hinzu: „Für unsere Freiheit. Für unseren Sieg. Für unsere Ukraine.“

Der Staatschef erinnerte an alle Familien, die in diesem Jahr erneut ohne ihre Ehemänner, Söhne und Väter feiern müssen, die in der Armee kämpfen. Und er dankte allen ukrainischen Soldaten, die Weihnachten in den Schützengräben an der Front verbringen. „All unsere Krieger des Lichts, die Schutzengel der Ukraine. (...) Diejenigen, die beweisen, dass es Wunder gibt. Aber wir müssen sie selbst erschaffen.“

Putin-Truppen geben Einsatz verbotener Chemie-Waffen zu - und teilen sogar Video davon

Sonntag, 24. Dezember, 13.30 Uhr: Die russischen Truppen haben zugegeben, dass sie verbotene chemische Waffen gegen die ukrainischen Truppen einsetzen. Auf Telegram veröffentlichten sie sogar ein Video vom Einsatz dieser Waffen. Dort beschreibt die 810. Marine-Infanterie-Brigade der Schwarzmeerflotte eine „radikale Änderung der Taktik“ gegen die Kiewer Truppen in Krynky am linken Ufer des Dnipro bei Cherson. Die „Kyiv Post“ berichtete zuerst.

Zudem wird in dem Beitrag behauptet, dass Elemente der Brigade eine neue Taktik anwenden, indem sie „K-51-Granaten von Drohnen aus“ auf ukrainische Stellungen abwerfen, um sie aus den Gräben zu vertreiben und sie dem Beschuss mit Handfeuerwaffen auszusetzen. In einem anderen Post sind Aufnahmen einer Drohne zu sehen, die Granaten auf eine ukrainische Stellung abwirft.

Laut dem „Institute for the Study of War“ (ISW) sind „K-51-Aerosolgranaten mit reizendem CS-Gas (2-Chlorbenzalmalononitril) gefüllt, einer Art Tränengas, das zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt wird.“ Es ist auch als Riot Control Agent (Aufstandskontrollmittel, kurz RCA) bekannt. 

Das Chemiewaffenübereinkommen verbietet den Einsatz von RCAs als Methode der Kriegsführung. Russland ist seit 1997 Vertragsstaat des Übereinkommens. Laut ISW ist es nicht das erste Mal, dass Russland RCAs einsetzt. „Das ISW hat bereits beobachtet, dass russische Streitkräfte im November 2022 K-51-Granaten gegen ukrainische Stellungen im Gebiet Donezk eingesetzt haben.“

Selenskyj dankt Deutschland für Waffenlieferungen: „Schlüssel, diesen Krieg zu beenden“

Sonntag, 24. Dezember, 08.56 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Deutschland, Finnland und den Niederlanden für die neue Militärhilfe im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg gedankt. Deutschland habe den Flugabwehrpanzer Gepard geliefert, Artilleriegeschosse vom Kaliber 155 und andere notwendige Waffen, sagte Selenskyj in seiner am Samstagabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Deutschland hatte auch das Flugabwehrsystem vom US-Typ Patriot in die Ukraine geschickt. Selenskyj betonte, dass eine gut funktionierende Flugabwehr der Schlüssel dafür sei, den Krieg zu beenden.

Die Ukraine hofft auch, durch die angekündigten Lieferungen von F16-Kampfjets im kommenden Jahr die Hoheit über den eigenen Luftraum zurückzuerlangen. Bisher ist Russland da überlegen. Schon die bestehende Flugabwehr habe zuletzt ihre Wirksamkeit bei der Abwehr russischer Drohnen und Raketen gezeigt, sagte Selenskyj. Auch Kampfbomber seien abgeschossen worden. „Die Fähigkeit, russische Kampfjets abzuschießen, ist einer der Schlüssel, diesen Krieg gerecht zu beenden“, sagte er. „Ich danke all den Partnern, die uns schon dabei unterstützen und die nötigen Schritte für die Hilfe im kommenden Jahr vorbereiten.“

Selenskyj dankte konkret auch den Niederlanden und Finnland, die weitere Hilfspakete von jeweils 100 Millionen Euro geschickt hätten. Details nannte er nicht. Damit sei die Ukraine in den Tagen vor Weihnachten noch einmal stärker geworden, sagte der Präsident.

Polnische Bauern unterbrechen Grenzblockade zur Ukraine

17.19 Uhr: Polnische Bauern unterbrechen ihre Blockade des Grenzübergangs in Medyka zwischen Polen und der Ukraine über Weihnachten und Neujahr. Der Protest werde von Sonntag an bis zum 2. oder 3. Januar ausgesetzt, sagte ein Bauernvertreter nach Angaben der Agentur PAP am Samstag. Zuvor hatte der neue Landwirtschaftsminister Czeslaw Siekierski von der Polnischen Bauernpartei (PSL) vor Ort das Gespräch mit den Unzufriedenen gesucht. Er versprach, dass die Regierung auf einen Teil der Forderungen der Bauern eingehen werde, es aber mehr Zeit für die Umsetzung brauche.

Die Landwirte hatten ihre Aktion Ende November begonnen. Sie fordern unter anderem staatliche Subventionen für den Kauf von Mais, die Beibehaltung von Liquiditätskrediten und Ausnahmen von einer Grundsteuererhöhung. An anderen polnischen Grenzübergängen zur Ukraine protestieren seit längerem Fuhrunternehmer, welche Schutz vor der osteuropäischen Konkurrenz fordern. Die Lastwagen-Staus sind teils Dutzende Kilometer lang.