Ukraine-Krieg - Stimmen und Entwicklungen - Putin plant große Aufstockung der russischen Armee

Zweite Gruppe von Ukrainern hat Patriot-Ausbildung erhalten

Samstag, 2. Dezember, 05.15 Uhr: Die Bundeswehr hat ein zweite Gruppe ukrainischer Soldaten am Flugabwehrsystem Patriot ausgebildet. Die Verteidigung des ukrainischen Luftraums sei eine zentrale Aufgabe, sagte der Befehlshaber des multinationalen Ausbildungskommandos ("Special Training Command"), Generalleutnant Andreas Marlow, bei einem Ortsbesuch. Er erinnerte daran, dass sich russische Angriffe gezielt gegen zivile Infrastruktur in der Ukraine richten. Das Training der etwa 70 Männer und Frauen stand nach mehr als sechs Wochen vor dem Abschluss.

Marlow besuchte am Freitag die Ausbildung auf einem Standort der Luftwaffe in Deutschland, der öffentlich nicht genannt werden soll. Das Ausbildungskommando selbst hat seinen Sitz in Strausberg bei Berlin und steuert die Arbeit der vor mehr als einem Jahr gestarteten EU-Trainingsmission (EUMAM) für die Ukraine. Die Bundeswehr und ihre Partner wollen bis zum Jahresende etwa 10 000 Ukrainer in unterschiedlichen Aufgaben ausgebildet haben.

Patriot ("Phased Array Tracking Radar for Intercept on Target") zählt zu den modernsten Flugabwehrsystemen der Welt. Damit können feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft werden. Auf eine Entfernung von etwa 100 Kilometern und bis in Höhen von 30 Kilometern können die Abwehrraketen in einer gedachten Glocke um die Stellung Ziele treffen - abhängig vom eingesetzten Lenkflugkörper.

Putin plant große Aufstockung der russischen Armee

19.55 Uhr: Mehr als anderthalb Jahre nach Beginn seines Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine erneute Vergrößerung seiner Armee angeordnet. Künftig soll die Zahl der bewaffneten Kräfte auf rund 1,32 Millionen erhöht werden, wie aus einem am Freitag vom Kreml veröffentlichten Dekret hervorgeht. Das wäre eine erneute Steigerung um 170.000 Vertragssoldaten und Wehrdienstleistende, nachdem Putin erst im Sommer 2022 eine Vergrößerung der russischen Streitkräfte auf 1,15 Millionen Mann befohlen hatte.

Das russische Verteidigungsministerium trat derweil umgehend Befürchtungen aus der Bevölkerung entgegen, dass eine neue Mobilisierungswelle geplant sein könnte. „Eine Mobilisierung ist nicht vorgesehen“, teilte die Behörde mit. Stattdessen werde auf russische Bürger gesetzt, die sich freiwillig bei der Armee verpflichten.

Russland führt seit dem 24. Februar 2022 Krieg gegen das Nachbarland Ukraine. Moskau selbst hat schon lange keine Angaben mehr zu Toten und Verletzten in den eigenen Reihen gemacht. Viele Experten bescheinigen Russland jedoch hohe Verluste. Im Herbst 2022 ordnete Putin dann eine Mobilmachung an, infolge derer rund 300 000 Männer für die Front eingezogen wurden. Die Maßnahme löste in Teilen der russischen Gesellschaft regelrechte Panik aus, Hunderttausende flohen damals ins Ausland. Seitdem befürchten viele, dass es eine zweite Mobilisierungswelle geben könnte.

Brand in russischem Tunnel wohl Sabotage durch Ukraine-Geheimdienst

18.13 Uhr: Nach einem Brand in Russlands längstem Eisenbahntunnel wird weiter über die genauen Hintergründe gerätselt. Unter Berufung auf Sicherheitskreise berichteten mehrere ukrainische Medien am Freitag, der ukrainische Geheimdienst SBU habe erfolgreich Sabotageakte in dem 15 Kilometer langen Seweromujsker Tunnel in der an die Mongolei grenzenden russischen Republik Burjatien verübt. Bereits in der Nacht auf Donnerstag sei demnach durch einen Anschlag ein Feuer ausgebrochen, welches wiederum zu einer Blockade des Tunnels geführt habe. Später sei auch auf einer Umgehungsstrecke ein Zug mit Treibstoffwaggons gezielt gesprengt worden, hieß es aus Kiew.

Die russische Bahn hatte am Donnerstag lediglich den Brand eines mit Diesel befüllten Kesselwagens eingeräumt und von „leicht verspäteten“ Zügen gesprochen. Auf russischen Telegram-Kanälen hingegen war die Rede von mehreren zerstörten Waggons gewesen. Unabhängig überprüfen ließen sich die Darstellungen zunächst nicht.

Der Seweromujsker Tunnel liegt an der Baikal-Amur-Magistrale und gilt als besonders wichtig für Russlands Handel mit China. „Die russischen Geheimdienste müssen sich daran gewöhnen, dass unsere Leute überall sind. Sogar im fernen Burjatien“, zitierte das ukrainische Internetportal „Ukrajinska Prawda“ einen Gesprächspartner in nicht näher genannten Sicherheitskreisen.

London: Russland baut unbemannte Kamikaze-Schiffe für Krieg

Freitag, 1. Dezember, 12.43 Uhr: Russland arbeitet nach britischen Angaben verstärkt am Bau von unbemannten Kamikaze-Schiffen für den Einsatz im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Jüngst habe der Chef der Rüstungsfirma KMZ, Michail Danilenko, angekündigt, dass Drohnenboote im Rahmen der „militärischen Spezialoperation“, wie der Krieg in Russland genannt wird, getestet werden sollen, um 2024 dann eine Serienproduktion aufzunehmen, teilte das britische Verteidigungsministerium am Freitag mit. Die Boote könnten bis zu 600 Kilogramm Munition transportieren, sagte Danilenko demnach.

Die Ukraine hatte wiederholt unbemannte Schiffe, die mit Sprengstoff beladenen Schnellbooten ähneln, gegen russische Ziele im Schwarzen Meer oder in den Häfen der annektierten Halbinsel Krim eingesetzt. Die Waffe habe sich in den Händen der ukrainischen Streitkräfte zu einer Schlüsselfähigkeit im maritimen Bereich entwickelt, hieß es in London.

Fokus auf Verteidigung? Selenskyj will Befestigungen an gesamter Front ausbauen

21.28 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den forcierten Bau von Schutzräumen und Festungsanlagen entlang aller Frontabschnitte angekündigt. „Die Priorität ist offensichtlich“, sagte er am Donnerstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Mit dem Verteidigungsminister und führenden Militärs sei über den Bau solcher Anlagen diskutiert worden. Zuletzt hatte eine Reihe von Beobachtern die ukrainische Gegenoffensive für gescheitert erklärt. Die Betonung des Festungsbaus ist ein Indiz dafür, dass die Führung in Kiew sich nun auf die Verteidigung konzentriert.

Neben den umkämpften Gebieten an der Front forderte Selenskyj auch mehr Sicherheit an Schulen. Dort müssten Schutzräume gebaut werden. Er berichtete in dem Zusammenhang vom Besuch in einer Schule in der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw, die in den Räumlichkeiten der U-Bahn untergebracht sei. Selenskyj sprach von einem gelungenen Projekt, weil die U-Bahn sicher sei vor russischen Angriffen.

Seit Beginn seines Angriffskriegs attackiert Russland auch immer wieder mit Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen zivile Ziele im Hinterland der Ukraine. Vor allem Objekte der Energieversorgung sind im Visier, um den Ukrainern in der kalten Jahreszeit die Strom-, Wasser- und Wärmeversorgung zu nehmen und sie kriegsmüde zu machen.

Selenskyj besucht ukrainische Frontregion Charkiw

Donnerstag, 30. November, 13.16 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Front in der nordostukrainischen Region Charkiw besucht. „Es ist eine Ehre, die Soldaten zu besuchen und auszuzeichnen“, erklärte Selenskyj am Donnerstag in Online-Diensten. An die Soldaten gewandt schrieb er: „Ich wünsche Euch den Sieg, seid stark und verliert nicht die Initiative.“

In einem von Selenskyj veröffentlichten Video ist er zu sehen, wie er Soldaten auszeichnet. Die Kämpfer an dem von ihm besuchten Kommandoposten in der Nähe von Kupjansk würden das „friedliche Leben der Ukrainer“ und die Menschen der Region Charkiw beschützen, erklärte der ukrainische Präsident.

Estland bereit zur Schließung der Grenze zu Russland

21.32 Uhr: Einen Tag, nachdem Finnland seinen letzten offenen Grenzübergang zu Russland geschlossen hat, hat sich auch Estland zu einer Schließung bereiterklärt. Estland sei „bereit, seine Grenze zu Russland zu schließen und sich gegen jeden hybriden Angriff zu verteidigen“, sagte der estnische Außenminister Margus Tsahkna am Mittwoch. Die Situation an der finnisch-russischen Grenze, an die zuletzt vermehrt Migranten gelangt waren, sei ein „offensichtlicher hybrider Angriff Russlands“.

Dieses Vorgehen Russlands belege, dass das Land eine Gefahr „nicht nur für die Ukraine, sondern auch für andere Staaten“ darstelle. Die ehemalige Sowjetrepublik Estland ist Mitglied von EU und Nato - und einer der engsten Verbündeten der von Russland angegriffenen Ukraine.

Finnland hatte am Dienstag angekündigt, seinen letzten noch geöffneten Grenzübergang zu Russland zu schließen. Die Regierung in Helsinki reagiert damit auf eine zunehmende Zahl von Migranten, die in den vergangenen Monaten aus Russland nach Finnland gekommen sind. Helsinki wirft Moskau vor, mit der Schleusung von Menschen Finnland destabilisieren zu wollen. Russland und Finnland teilen eine rund 1300 Kilometer lange Landgrenze.

Selenskyj besucht kriegs- und sturmgeplagte Regionen der Südukraine

20.41 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach eigenen Angaben die schwer von Krieg und dem jüngsten Unwetter getroffenen Regionen Odessa, Mykolajiw und Cherson im Süden des Landes besucht. Bei dem Treffen seien viele Fragen, vor allem zur Sicherheit des Landes und der Bevölkerung besprochen worden, sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner täglichen Videobotschaft. So sei es in Odessa um die Stärkung der Luftabwehr und die Sicherung des von Kiew eingerichteten Korridors zur Ausfuhr von Getreide über das Schwarze Meer gegangen. Die Hafenstadt ist seit Monaten ein Ziel russischer Drohnen- und Raketenangriffe.