„Gesetzliche Rente zu kürzen“: Wirtschaftsweise erhält für Rentenreform scharfen Gegenwind
Das neue Rentenpaket der Ampel wird immer wieder von den Wirtschaftsweisen kritisiert. Nach dem Vorstoß von Monika Schnitzer reagiert die SPD mit Unverständnis.
Berlin – Die Rente bleibt in Deutschland ein Streitthema. Vor allem ein neuer Vorschlag für eine Rentenreform sorgt in der Politik für deutliche Ablehnung. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer plädiert im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) dafür, die Rentenentwicklung an die Inflation und nicht wie bisher an die Löhne zu koppeln. „Zurzeit sind die Rentenerhöhungen gekoppelt an die Lohnentwicklung. Das machen nur ganz wenige Länder so“, verwies die Wirtschaftsweise auf die Rentenpolitik im Ausland.
Rentenerhöhung an Inflation koppeln: Wirtschaftsweise sorgt mit Vorschlag zur Rente für Unmut
Andere europäische Staaten verfahren bei ihren Rentenerhöhungen ebenso. Das kann, weil die Inflation meist niedriger als die Lohnentwicklung ausfällt, zwar zu geringeren Rentenanhebungen führen, allerdings bleibe nach Angaben von Schnitzer die Kaufkraft „zumindest erhalten“.
Schnitzer sagte unlängst im Zusammenhang ihres Vorschlags einer Rentenreform der dpa in Berlin: „Es wäre wichtig, dass man einen parteiübergreifenden Konsens über eine Reform der Rente insgesamt erreicht. Das wäre das Gebot der Stunde. Wir können es uns nicht leisten, einfach die Renten weiter so steigen zu lassen wie bisher.“ Weiter erklärte Schnitzer angesichts der immer angespannteren Lage der Rentenkassen, dass das Niveau beim Renteneinstieg nicht gesenkt werden solle. „Aber die Zuwächse sollten begrenzt werden.“
Schnitzer verwies damit erneut auf die zahlreichen Länder, die sich an der Inflationsentwicklung orientierten. „In normalen Zeiten, wenn die Inflation nicht so hoch ist wie die Lohnentwicklung, würde das bedeuten: Man ist weniger stark an der Wirtschaftsentwicklung beteiligt. Aber die Kaufkraft bleibt zumindest erhalten.“ Doch die Aussagen der Wirtschaftsweisen gegenüber der dpa finden vor allem bei der SPD wenig Anklang.
Debatte über Rentenreform erbost SPD: Schnitzer Vorschlag für die Rente führt zu deutlicher Kritik
Die rentenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Tanja Machalet, kritisierte in der Welt: „Wer jetzt eine solche Debatte anzettelt, hat ehrlicherweise nur eines im Sinn: die gesetzliche Rente zu kürzen. Das machen wir als SPD-Fraktion nicht mit.“ Weil das deutsche Rentensystem auf Löhne und Beiträge bezogen sei und sich die Rentenhöhe vor allem nach der Höhe des vorherigen Arbeitseinkommens richte, sei es „nur gerecht“, dass die jeweilige Rentnergeneration auch von Lohnsteigerungen profitiere. Denn durch diese komme wegen höherer Rentenabgaben ja „mehr Geld ins System“, so Machalet weiter.

Aus der FDP kommen hingegen etwas versöhnlichere Töne. Der Ampel-Partner der SPD warb vielmehr für eine langfristige Rentenpolitik, die die Interessen der Rentner und älteren Arbeitnehmer mit denen künftiger Generationen in Einklang bringt. Dafür sollten Vorschläge „nicht vorschnell abgetan werden“, sagte der FDP-Sozialpolitiker Pascal Kober der Zeitung.
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Wirtschaftsweise kritisiert neues Rentenpaket der Ampel: Babyboomer bringen Rentensystem ins Wanken
Damit kommt der FDP-Mann auch den Ansatz der Wirtschaftsweisen zu sprechen, weshalb das Rentensystem so in der Bredouille steckt. Mit dem Renteneinstieg der Babyboomer gebe es weniger Beschäftigte, die die Rentenbeiträge zahlen könnten, betonte Schnitzer. „Darauf müssen wir uns einstellen. Das Problem ist, dass die Babyboomer einen Teil des Generationenvertrags nicht eingehalten haben. Sie haben mit ihren Beiträgen für die Rentner und Rentnerinnen bezahlt. Aber sie haben nicht ausreichend viele Kinder bekommen und großgezogen, um später genügend Beitragszahler für ihre eigene Rente zu haben. Damit müssen wir irgendwie umgehen.“
Man müsse letztlich auch mehr selbst für die Rente ansparen, sagte Schnitzer. „Vor 20 Jahren wurde schon angekündigt, dass die gesetzliche Rente alleine nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard zu halten. Das haben leider nicht alle wirklich ernst genommen.“ Um es auch Geringverdienern zu ermöglichen, für die Rente zu sparen, könnte es staatliche Zuschüsse geben.
Vor dem Hintergrund eines Streits über den Bundeshaushalt 2025 ist eine geplante Rentenreform bisher noch nicht vom Bundeskabinett beschlossen worden.
Kritik an Rentenpaket II der Ampel: Lindner beendet Blockade und gibt Hinweis auf Renten-Gesetz
Mit der Reform soll das Rentenniveau von 48 Prozent für die Zukunft garantiert werden, um die Rente zu „stabilisieren“. Bis Mitte der 2030er-Jahre will die Regierung zudem mindestens 200 Milliarden Euro in der sogenannten Aktienrente aus Bundesmitteln am Kapitalmarkt anlegen. Aus den Erträgen sollen Beitragsanstiege abgedämpft werden.
Das neue Rentenpaket der Ampel muss noch abgesegnet werden. Unlängst hatte sich FDP-Chef Christian Lindner gegen die Rentenreform gestellt, um offenbar den Haushaltssparkurs voranzutreiben. Nun hat der Finanzminister aber wohl die Blockade des Rentenpakets aufgegeben und einen Hinweis auf die Verabschiedung des Rentengesetzes gegeben. Das ändert aber nichts daran, dass SPD-Politikern Machalet einen weiteren Seitenhieb gegen Schnitzer Renten-Vorschlag erlaubte. „In der Phase der sehr hohen Preissteigerungen hat sich Frau Schnitzer bezeichnenderweise nicht mit dieser Idee gemeldet“, fügte sie in der Welt an.
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