Debatte um Rente mit 63: Sozialverband wirft Wirtschaftsweisen Realitätsferne vor und macht Gegenvorschlag

  1. Startseite
  2. Verbraucher

KommentareDrucken

Die FDP und Wirtschaftsweise Monika Schnitzer haben laut Sozialverband „besorgniserregend wenig Empathie“. Die Expertin würde einen anderen Weg gehen.

München – Die Reformvorschläge der FDP und der Chefin der „Wirtschaftsweisen“, Monika Schnitzer, in Bezug auf die „Rente mit 63“ sorgen für Kritik. Laut Sozialverband Deutschland (SoVD) gehen diese an der Lebensrealität vieler Menschen vorbei. „Es ist besorgniserregend, wenn in der Öffentlichkeit häufig zitierte Akteure wie Frau Schnitzer so wenig Empathie mit einer Generation aufbringen, die maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands beigetragen hat“, sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier IPPEN.MEDIA. Ihrer Meinung nach müsse die Debatte einen anderen Fokus haben.

Sozialverband spricht sich für Rente mit 63 aus: FDP und Wirtschaftsweise Schnitzer mit anderen Forderungen

Hintergrund für die Kritik vom SoVD ist die jüngste Äußerung von Schnitzer gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Es wäre wichtig, dass man einen parteiübergreifenden Konsens über eine Reform der Rente insgesamt erreicht. Das wäre das Gebot der Stunde. Wir können es uns nicht leisten, einfach die Renten weiter so steigen zu lassen wie bisher.“ Die Rente mit 63 nannte sie indes nicht zielgenau. Damit stimmt die Wirtschaftsweise mit der FDP überein, die in ihrem Fünf-Punkte-Papier von Fehlanreizen, „die wir uns nicht leisten können“, gesprochen hatte.

Der Unterschied: Während Schnitzer die Rente mit 63 auf Geringverdiener beschränken will, wollen die Liberalen diese abschaffen. Der Meinung der Wirtschaftsweisen nach sollten Rentenerhöhungen zudem an die Inflation statt an das Lohnniveau gekoppelt werden. Die SoVD-Vorstandsvorsitzende fragt sich: „Warum diskutieren die Wirtschaftsweisen nicht über Möglichkeiten, besonders Wohlhabende in Deutschland angemessen an den sozialen Lasten zu beteiligen? Was hält Frau Schnitzer von der Einführung einer Vermögensteuer und einer Reform der Erbschaftsteuer?“

Was ist die „Rente mit 63“?

Die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ wird oft „Rente mit 63“ genannt, weil alle vor 1953 Geborenen nach einer Versicherungszeit von 45 Jahren ohne Abschläge mit 63 Jahren in Rente gehen können. Durch die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters ist es mittlerweile nicht mehr möglich, mit 63 Jahren in den abschlagsfreien, vorzeitigen Ruhestand zu gehen. Somit ist der umgangssprachliche Begriff „Rente mit 63“ faktisch falsch.

Quelle: Bundesregierung.de

Schnitzer und FDP fordern Abkehr von Rente mit 63: Sozialverband unterbreitet Gegenvorschlag

Im Zuge der laut werdenden Forderungen nach einer Rentenreform und der Abschaffung der Rente mit 63 fordert der SoVD, längst überfällige Debatten zu führen. „Damit könnten wir viele Finanzierungsprobleme lösen“, erklärte Engelmeier in ihrem Statement. „Im Übrigen wundere ich mich, dass es immer wieder die gleichen Kreise sind, die bei der gesetzlichen Rente oder beim Sozialstaat kürzen wollen“, so die Vorstandvorsitzende des Verbands. „Vielleicht liegt es daran, dass sie und ihre Klientel selbst nicht Teil der Versorgungssysteme sind und sich deshalb nicht dafür interessieren.“

Eine ältere Dame zählt ihr Geld auf einen Tisch.
Die Chefin der Wirtschaftsweisen und die FDP wollen die Rente mit 63 nicht mehr beibehalten. Der Sozialverband Deutschland kritisiert ihre Forderungen scharf. © Sven Simon/Imago

Weiter appelliert sie: „Diese Menschen haben jahrzehntelang hart gearbeitet und Beiträge gezahlt. Sie haben sich ihre Rente verdient.“ Daher müsse sich die Debatte darauf konzentrieren, wie „auskömmliche Renten“ gesichert und Vermögende stärker zur Finanzierung herangezogen werden könnten. Allgemein fordert der SoVD seit Langem die Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung, in die alle Beschäftigten einzahlen. Das würde aus Sicht des Verbandes die Beitrags- und damit die Einnahmeseite der gesetzlichen Rente stärken.

„Deshalb ist es sehr wichtig, dass nun endlich das zweite Rentenpaket mit der Stabilisierung des Rentenniveaus kommt. Das brauchen wir, damit sich die Renten weiterhin wie die Löhne entwickeln“, wird die Vorstandsvorsitzende auf der Website des Verbandes zitiert. Zuerst wurde die geplante Befassung des Bundeskabinetts mit dem Rentenpaket II auf Drängen des Finanzministers Christian Lindner (FDP) verschoben. Nachdem nachgebessert wurde, haben sich die Liberalen aber letztendlich für das neue Reformpaket ausgesprochen. (cln mit Material der dpa)

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir erweitern den Kommentarbereich um viele neue Funktionen. Während des Umbaus ist der Kommentarbereich leider vorübergehend geschlossen. Aber keine Sorge: In Kürze geht es wieder los – mit mehr Komfort und spannenden Diskussionen. Sie können sich aber jetzt schon auf unserer Seite mit unserem Login-Service USER.ID kostenlos registrieren, um demnächst die neue Kommentarfunktion zu nutzen.

Bis dahin bitten wir um etwas Geduld.
Danke für Ihr Verständnis!