„Mit jeder Verzögerung wird das immer teurer“: Wirtschaftsweise fordert Tempo bei Rentenreform
Die Rente macht einen großen Teil des Bundeshaushalts aus – Tendenz steigend. Wirtschaftsweisen-Chefin Schnitzer erhöht jetzt den Druck auf die Parteien. Eine Reform drängt.
München – Die Rente steht unter enormem Druck. Die geburtenstarken Boomer-Jahrgänge gehen inzwischen in den Ruhestand, immer weniger Erwerbstätige bleiben als Beitragszahler übrig. Die Parteien haben zwar jeweils Vorschläge für Reformen der Rente gemacht, im Wahlkampf findet das Thema angesichts der Debatte um Migration jedoch nur wenig statt. Monika Schnitzer, die Vorsitzende des Sachverständigenrats für Wirtschaft, macht jetzt Druck.
Ausgaben für die Rente steigen: „Dann müssen wir was tun“
„Wenn wir unseren Haushalt stabilisieren wollen, dann müssen wir was tun“, sagte die Wirtschaftsweisen-Chefin bei einem Online-Forum der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) am Dienstag, 4. Februar. Schon jetzt machen Zuschüsse an die gesetzliche Rentenversicherung ein Viertel des Haushalts aus. Diese sollen Zahlungen decken, die nicht durch Beiträge gedeckt sind.
Schnitzer nannte dabei vor allem Belastungen durch die umgangssprachliche Rente mit 63, die Mütterrente und die Witwenrente. „Mit jeder Verzögerung einer Rentenreform wird das immer teurer.“
Schnitzer kritisiert CSU-Forderung zur Rente: „Können uns das auf Dauer gar nicht leisten“
Schnitzer kritisierte dabei etwa die CSU-Forderung nach der Ausweitung der Mütterrente. Diese soll Erziehungszeiten ausgleichen – und dadurch fehlende Beiträge der Betroffenen. Die CSU will dabei, dass auch Frauen, die vor 1992 Kinder bekommen haben, drei statt bisher zwei Jahre und sechs Monate als Kindererziehungszeit zugeschrieben werden. Das entspricht 2,5 Rentenpunkten pro Kind. Ökonomin kritisierte jedoch, dass damit ein weiterer Anstieg der sogenannten versicherungsfremden Leistungen zu erwarten sei. „Wir können uns das auf Dauer gar nicht leisten.“

Schnitzer vermutet, Parteien hätten Angst vor Renten-Forderungen
Es sei ein großes Manko, dass das heiße Eisen Rentenreform nicht im Wahlkampf angepackt werde, sagte die Münchner Professorin. Dabei sei der Druck groß – wegen der Renten der Boomer-Jahrgänge, die nicht für genügend Nachwuchs gesorgt hätten. Dementsprechend sei das Rentensystem auf Dauer nicht finanzierbar.
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Noch im vorigen Jahr habe sich die Union offen für eine Erhöhung des Renteneintrittsalters gezeigt und auch für Überlegungen, die Rente mit 63 zurückzufahren. „Es gab noch diese Vorschläge. Die sind alle einkassiert worden“, sagte Schnitzer. „Ich kann das nur so interpretieren, dass man Sorge hat, im Wahlkampf schlecht auszusehen.“
Wirtschaftsweise werben für Anpassung des Rentenalters an Lebenserwartung
Schnitzer warb für eine perspektivische Erhöhung des Renteneintrittsalters. Seit den 80er Jahren habe sich die Bezugsdauer der Rente um acht Jahre erhöht. „Das sind acht Jahre, die finanziert werden müssen“, sagte Schnitzer. Die Wirtschaftsweisen, denen Schnitzer vorsitzt, haben eine Dynamisierung des Renteneintrittsalters unter Berücksichtigung der Lebenserwartung beim Renteneintritt vorgeschlagen.
Der Renteneintritt der Babyboomer-Generation wird in den nächsten Jahren absehbar zu einem starken Anstieg der Ausgaben im Renten- und Gesundheitssystem führen. Die Industriestaaten-Organisation (OECD) geht von einem Kostenanstieg von etwa 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2030 sowie von 3,5 Prozent bis 2045 aus. (mit Reuters)